Wie wichtig Nuancen sind, ließ sich an der Kooperationsmesse KOOP 2025 in Berlin wieder einmal beobachten. Während Mitveranstalter Expert angesichts schwacher Umsätze in den Krisenmodus schaltete, präsentierte sich Euronics trotz ebenfalls um 2,2 Prozent rückläufiger Umsätze mit einer guten Dynamik. Der Unterschied: Expert sieht sich von der Geschäftsentwicklung zu einem harten Restrukturierungsprogramm gezwungen, wogegen Euronics ungeachtet der schwachen Konsumstimmung eine deutliche Verbesserung des Rohergebnisses und des Jahresergebnisses gelang. Mit diesem Polster im Rücken bemüht sich Euronics nun, durch neue Initiativen eine Trendwende in der Umsatzentwicklung herbeizuführen.
Zum einen bringt die Verbundgruppe dazu eine neue Vertriebslinie an den Start. Mit dem hybriden Betriebstypenkonzept "Euronics Pick&Go" will die Handelskooperation künftig Nahversorgungslücken schließen. Pick&Go soll an frequentierten Standorten als Lagerstore und Outlet oder auch als klassische Abholstation positioniert werden. Die Stores bieten eine hohe sofortige Warenverfügbarkeit und sollen bei den Kunden als Convenience Stores mit zusätzlichen Warengruppen, Drive-In, Virtual Shelfs und Self Check-outs punkten. Qualifiziertes Verkaufspersonal sowie Services und Dienstleistungen sollen gleichzeitig das gewohnte Fachhandelsprofil gewährleisten. Zwei Pick&Go Stores befinden sich in Berlin bereits in der Umsetzung und ein weiterer ist in Planung. "Wir haben das neue Betriebstypenmodell bewusst unter der Decke gehalten bis wir es fertig entwickelt hatten. Nachdem wir es jetzt auf dem Euronics Kongress präsentiert haben, gab es gleich mehrere Anfragen von interessierten Händlern", berichtet Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober zufrieden.
Neue E-Commerce-Plattform Eumondo
Das neue Ladenformat Euronics Pick&Go steht in einem bewussten Zusammenhang zur Online-Strategie der Verbundgruppe - beziehungsweise in Euronics-Terminologie der "Cross Channel Retail-Strategie", die in diesem Jahr zehn Jahre alt wird. Den internen Online-Marktplatz betrachtet die Handelskooperation als vollen Erfolg. Um ganze 7,4 Prozent habe man im zurückliegenden Geschäftsjahr den E-Commerce-Umsatz steigern können und damit einen Anteil am Gesamtgeschäft von rund 20 Prozent erreicht. "Stationär wird nicht mehr ohne digital funktionieren", fasst Euronics-Vorstand Denis-Benjamin Kmetec das Credo der Verbundgruppe in Sachen Kanalverknüpfung zusammen. Auch mit der stärkeren Betonung des Digitalgeschäfts setzt sich Euronics vom Wettbewerber und KOOP-Mitveranstalter Expert ab, der sich schwerer damit tut, an die Umsatzentwicklung im Online-Bereich Anschluss zu halten.
Diese Offenheit von Euronics führt dazu, dass die Verbundgruppe nun neben Euronics.de eine zweite Online-Plattform auf den Weg bringt: Über den neuen Onlineshop Eumondo sollen Euronics-Händler künftig Alt- und Problemware einfach im Internet abverkaufen können. Durch automatisierte Prozesse stellt das System unter anderem Kennzahlen zu vermarktbarer Altware und KI-gesteuerte Preispunkte zur Verfügung. Voraussetzung für Mitglieder, um die Altwarenvermarktungsplattform zu nutzen, ist das zu Euronics gehörende HIW-Warenwirtschaftssystem. Umgesetzt wird Eumondo, das im Lauf des Jahres an den Start gehen wird, gemeinsam mit der Maxi-Media Online GmbH, einem in Gera ansässigen Euronics-Mitglied, das unter anderem im eBay-Geschäft über langjährige E-Commerce-Erfahrung verfügt. "Wir gehen mit Eumondo für unsere Händler die Herausforderung von fehlender Liquidität durch nicht verkaufbare Ware an", erklärt Euronics-Chef Kober. "Gleichzeitig setzen wir dabei bewusst auf eine neue Vertriebsmarke, die nach außen nichts mit Euronics zu tun hat, um unsere Kernmarke nicht zu entwerten."
Foto: Eumondo
Der Star ist das Euronics-Team
Neben Eumondo und Pick&Go wurden beim Euronics Kongress weitere Strategien präsentiert, mit denen Euronics-Händler ihre Marktchancen in einer konjunkturell schwierigen Zeit stärken sollen. So investiert die Verbundgruppe für ihre Mitglieder in den Ausbau des B2B- und B2G-Geschäfts (öffentliche Hand und Bildungseinrichtungen), in entsprechendes Personal und in B2B-Payment Lösungen. Außerdem sollen künftig auch Betriebstypen außerhalb der Consumer Electronics-Branche wie Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser und Baumärkte eine wichtige Rolle einnehmen.
Präsentiert wurden diese Initiativen auf der Bühne nicht nur vom Euronics-Vorstand sondern zusätzlich von rund einem Dutzend Bereichsleitern. Damit wollte die Verbundgruppe bewusst ein Zeichen setzen, dass man die Führungskrise des vergangenen Jahres abgeschlossen hat, als zwei Vorstände und ein Aufsichtsrat überraschend und im Eklat Euronics verließen. Das seitdem agierende Führungsduo aus Benedict Kober und Denis-Benjamin Kmetec wurde zudem pünktlich zum Euronics-Kongress um den Neuzugang Brendan Lenane verstärkt, der als COO die Verantwortung für die Bereiche Marketing, Vertrieb und Digital übernimmt. "Wir haben gesehen, dass sich mit nur zwei Menschen an der Spitze die Komplexität des Geschäfts nicht stemmen lässt und sind deshalb froh, dass wir Brendan Lenane für den Vorstand gewinnen konnten", erklärte der Euronics-Aufsichtsratsvorsitzende Christoph Lux. Und Verbundgruppen-Chef Kober ergänzte: "Was sich seit letztem Jahr bei uns geändert hat, ist nicht nur dass wir eine gute neue Aufstellung im Vorstand gefunden haben, sondern dass wir in diesem Jahr mit dem ganzen Team aus Ditzingen auf der Bühne waren. Wir wollen damit bewusst zeigen, wie viele konkrete Projekte es bei Euronics gibt und welche starke Rolle dazu auch der eigene Nachwuchs beiträgt."