Nach wie vor befindet sich der deutsche Systemhausmarkt in einer Konsolidierungsphase. Systemhäuser werden übernommen oder sie schließen sich zu größeren Einheiten zusammen. So hat zum Beispiel die teccle group im Jahr 2023 Mitglieder Nummer 14 und 15 gewonnen. In den ersten acht Monaten 2024 kamen keine weiteren Unternehmen mehr dazu, aber was sich feststellen lässt, ist die Tatsache, dass diese Gruppe ihren "teccle"-Brand stärker in den Vordergrund lenkt. Das gilt sowohl für die Website als auch für die LinkedIn-Präsenz und für alle von der teccle group organisierten Events. Die Namen der einzelnen Unternehmen treten immer mehr in den Hintergrund und werden wohl mittelfristig in der Versenkung verschwinden.
Ähnliche Entwicklung ist bei connexta zu beobachten. Auch hier wurde in den ersten acht Monaten 2024 kein neues Mitglied mehr aufgenommen, Lantana im Oktober 2023 war (vorläufig) die letzte Akquisition - als Mitglied Nummer neun. Doch bei Connexta wird ein neuer Trend im deutschen Systemhausmarkt sichtbar: Die sich in Händen von Finanzinvestoren befindlichen Systemhäuser und Systemhausgruppe werden versilbert. Konkret bedeutet dies, dass der Erstinvestor seine Beteiligung verkauft und der neue Investor dem Systemhaus/der Systemhausgruppe zum neuen Wachstumsschub verhelfen soll.
Im Falle von connexta kam eine paneuropäische Investmentgesellschaft hinzu, glueckkanja, der deutsche Senkrechtstarter unter den Microsoft-Security-Partnern, wurde der Münchner Beteiligungsgesellschaft Primepulse an den norwegischen Finanzinvestor Norvestor veräußert. Die bereits europaweit aufgestellte Avenga-Gruppe übernahm die international tätige Investmentgesellschaft KKCG.
Ebenfalls in mehreren Ländern Europas, unter anderem in den Niederlanden, in Skandinavien, Slowenien und in Großbritannien ist Conscia tätig, ein Zusammenschluss von Cisco-Partnern. In Deutschland ist Conscia seit dem 1. Oktober 2023 offiziell vertreten. Dem vorausgegangen war das Zusammengehen der beiden Cisco-Gold-Partner xevIT und Ethcon, die nun gemeinsam als Conscia Deutschland in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen aktiv sind.
Eine weitere Systemhausgruppe, das Fernao Network, wird wahrscheinlich bald von der Bildfläche verschwinden. 2023 vor allem in der Schweiz gewachsen, hat Fernao das Interesse des französischen Vinci Energies-Konzerns geweckt, der Ende August 2024 kundtat, diese Gruppe komplett übernehmen und künftig unter dem Dach der IT-Marke Axians führen zu wollen. Sollte die Übernahme von den zuständigen Behörden genehmigt werden, wovon auszugehen ist, würde Axians ihre Jahresumsätze in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) auf einen Schlag um mehr als eine Viertelmilliarde Euro erhöhen und damit künftig in einer Liga mit Größen wie Bechtle, Cancom und Computacenter spielen.
Diese Akteure wiederum verfolgen recht unterschiedliche Wachstumsstrategien. Während Cancom durch Zukäufe in der DACH-Region - in Sachsen-Anhalt mit SBSK, in Nordrhein-Westfalen mit DextraData und in Österreich mit der ehemaligen Kapsch BusinessCom deutlich an Gewicht gewonnen hat, ist Bechtle vor allem im nichtdeutschsprachigen Raum Europas gewachsen: in Frankreich, Italien, Belgien, Spanien, Großbritannien und in den Niederlanden.
Dennoch konnte Bechtle 2023 auch in Deutschland zulegen: Die Inlandsumsätze stiegen im Jahresvergleich um sieben Prozent auf knapp vier Milliarden Euro an. Damit vergrößerte sich der Abstand auf die zweitplatzierte T-Systems, die nur um 1,7 Prozent auf knapp drei Milliarden Euro Inlandsumsatz zulegen konnte. Ferri Abolhassan, seit Anfang 2024 neuer CEO der Telekom-Tochter, hat ehrgeizige Pläne: Er möchte die Nummer 1 in Europa werden. Da stehen aber derzeit noch einige davor, etwa Bechtle mit 6,4 Milliarden Euro Umsatz und Computacenter mit europäischen Erlösen von umgerechnet knapp fünf Milliarden Euro. T-Systems International hat 2023 einen Gesamtumsatz von rund vier Milliarden Euro erzielt.
Den dritten Platz in unserem Ranking der größten Systemhäuser in Deutschland konnte NTT Data knapp vor Computacenter behaupten. Auf Rang vier konnte sich SVA (System Vertrieb Alexander) etablieren. 2023 erhöhte das Systemhaus aus Wiesbaden ihre Inlandserlöse um sagenhafte 15,6 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Die Riege der Umsatzmilliardäre in Deutschland schließt Cancom ab, allerdings hat das Münchner Systemhaus hierzulande 2023 drei Prozent weniger umgesetzt als 2022. International konnte Cancom hingegen im Jahresvergleich um 17,8 Prozent zulegen - auf 1,523 Milliarden Euro.
Ausblick auf 2025
Im ersten Halbjahr 2024 hat die Dynamik im Systemhausumfeld - zumindest in Deutschland - deutlich nachgelassen. Cancom verlor hierzulande 1,1 Prozent an Erlösen im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2023, Bechtle rechnet für 2024 mit - bestenfalls - gleich hohen Erlösen wie 2023. Doch es gibt auch Hoffnung: Irgendwann müsste es doch endlich Schluss sein mit der zurückgehaltenen IT-Investitionen in der deutschen Wirtschaft, glauben die Lenker der großen deutschen Systemhäuser. Und die öffentliche Hand investiert bereits kräftig in neue IT-Infrastruktur. So erhielt Bechtle den Zuschlag für einen bundesweiten Apple-Auftrag in der Bundesverwaltung, weitere Rahmenverträge wurden mit Baden-Württemberg (Datenanalyse und KI) und Niedersachsen vereinbart. Im letzten Flächenstaat mischt auch Computacenter mit.
Die etwas kleineren IT-Dienstleister wie Adesso oder die Datengroup können sich offenbar schneller auf die Anforderungen ihrer Kunden einstellen. Beide Unternehmen konnten auch in der ersten Jahreshälfte 2024 ihre Umsätze gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 erhöhen.
Und hier geht's zu 2024-er Ausgabe der Rangliste der größten Systemhäuser in Deutschland