SAP hat in den vergangenen Jahren kräftig zugekauft und obendrein mit der Entwicklung der HANA-Plattform das Portfolio sehr schnell erweitert. Die "Ein-Produkt-Strategie" gehört der Vergangenheit an. Bringt Sie das als Partner in Zugzwang?
Lars Landwehrkamp (schmunzelnd): Wir sind froh, dass sich SAP so entwickelt hat. Denn das breitere Portfolio ermöglicht es uns, Kunden ein breiteres Leistungsspektrum anzubieten und damit auch selbst organisch schneller zu wachsen. Obendrein beflügelt SAPs Portfolio-Erweiterung unsere Akquise-Möglichkeiten. Beides verhilft uns dazu, unsere seit Jahren verfolgte Buy & Build-Strategie konsequent fortzusetzen. Und das müssen wir auch, um mit dem Innovationstempo der SAP mithalten zu können.
Weshalb erleichtert Ihnen das die Suche nach potenziellen Übernahmekandidaten?
Landwehrkamp: Viele kleinere Partner verfügen zwar über hohe Kompetenzen in einzelnen SAP-Bereichen, aber nicht über die Kapazitäten, um die inzwischen sehr große Bandbreite der SAP-Themen selbst zu stemmen. Deshalb wenden sich zunehmend mehr Häuser an uns, um die Möglichkeiten einer Übernahme auszuloten, weshalb wir in den vergangenen Jahren auch stark über Zukäufe gewachsen sind, beispielsweise durch die Akquisition der Fiducia-Töchter Orga, die viele Mittelstandskunden im Rechenzentrumsbereich bedient haben. Der Zukauf der OSC-Gruppe wiederum stärkte unsere regionale Kundenbasis im Norden. Der Systemhausmarkt konsolidiert sich, und wir sind mit unserer Buy&Build-Strategie dafür sehr gut aufgestellt.
Mit der Akquisition des Microsoft-Partners und UCC-Spezialisten Webmaxx haben Sie dann allerdings die klassischen SAP-Gefilde verlassen. Wie hat sich dieser Bereich entwickelt?
Landwehrkamp: Wir betreuen aktuell rund 1.400 Kunden mit wiederkehrenden SAP-Verträgen. Diese Kunden setzen jedoch nicht nur SAP ein, sondern selbstverständlich auch Mail-Systeme. Und die erweisen sich teilweise als verfügbarkeitskritischer und geschäftskritischer als beispielsweise ERP-Systeme, einfach weil ein Ausfall hier sofort in der gesamten Kommunikation spürbar ist. Deshalb wollen immer mehr Kunden ihre Mailsysteme nicht mehr selbst betreiben. Denn der reibungslose Betrieb ist äußerst wichtig, aber nicht von strategischer Bedeutung - eine klassische Konstellation für die Auslagerung an einen Partner. Wir beobachten einen regelrechten Run auf dieses Thema. Die Übernahme von Webmaxx vor dem Hintergrund unserer SAP Outsourcing Services aus unseren Rechenzentren, ermöglichte es uns, unseren Kunden zusätzlich beispielsweise Microsoft-Exchange als Fullservice anzubieten. Webmaxx hat dazu eine eigenes Portal entwickelt, mit der wir Kunden diesen Dienst in Form eines Self-Service-Portals zur Verfügung stellen.
Weshalb haben Sie sich nicht für Office 365 entschieden?
Landwehrkamp: Unser Service ist keine Konkurrenz zu Office 365, auch wir setzen auf den Microsoft-Technologien auf. Er ist eher eine Alternative, die eine viel umfassendere Service-Tiefe bietet, als Office 365. Anders als für Office 365 befinden sich unsere hochsicheren Rechenzentren ausschließlich in Deutschland. Dieser Punkt ist insbesondere seit der NSA-Affäre für Kunden noch entscheidender als bisher. Das spielt uns in die Hände. Für dieses Gesamtpaket sind Kunden auch bereit, mehr zu zahlen als für das günstigere Office 365. Wir hosten derzeit rund 25.000 Mailboxen und haben uns hier für das laufende Jahr starke Wachstumsziele gesetzt.
Wie passt das zu Ihrer Gesamtstrategie als SAP-Partner?
Landwehrkamp: Viele unserer SAP Kunden nutzen bereits Microsoft für die Kommunikation. So passt beides, SAP und Microsoft, für uns gut zusammen, um unser Geschäft mit wiederkehrenden Erlösen, die bislang vor allem auf SAP-Wartungs- und Outsourcing-Verträgen basieren, um Microsoft Mail-, Sharepoint und Lync-Management-Dienste zu erweitern und auch so den Anteil der wiederkehrenden Erlöse am Gesamtumsatz, der aktuell bei 47 Prozent liegt, auszubauen.
Weshalb sprechen Sie hier nicht von Cloud-Umsätzen?
Landwehrkamp: Da sind wir einfach sehr stringent: Als Cloud bezeichnen wir nur echte Cloud-basierte Lösungen, beispielsweise im Umfeld von Business by Design. Generell gehen wir davon aus, dass sich hybride Modelle durchsetzen.Für viele Anwendungen führt der Trend in Richtung Cloud, bestimmte Kernfunktionen dürften Unternehmen jedoch kaum in die Cloud auslagern. In absoluten Zahlen ist der echte Cloud Anteil aber noch sehr klein.
Haben Sie trotz der zusätzlichen Mail-, Sharepoint- und Lync-Provider-Dienste im Rechenzentrum noch Luft nach oben oder müssen Sie bald erweitern?
Landwehrkamp: Wir sind mit unseren Rechenzentren in Frankfurt bei zwei großen Rechenzentrumsbetreibern eingemietet und können so jederzeit flexibel erweitern. Unser massives Wachstum ließ sich durch die Virtualisierungs-Technologie bis dato jedoch einfach abfangen. So konnten wir trotz massiv steigender Workloads die Anzahl der Server sogar noch reduzieren und den Stromverbrauch stabil halten.
Sie pflegen ein weit verzweigtes Partnernetz. Steht diesen Partnern auch Ihr Rechenzentrum offen?
Landwehrkamp: Ja, unsere Partner sind eine äußerst wichtige Komponente in unserer Strategie. Sie können so ihren Kunden Outsourcing Dienstleistungen anbieten, ohne sie selbst erbringen zu müssen. Andere Partner nutzen unsere PaaS-Leistungen für spezielle eigene Services oder mieten den Platz, um dort ihre eigene Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben.
- Ein Streifzug durch das Rechenzentrum der All for One Steeb in Frankfurt
- Server im Herz des Rechenzentrums
- Außenansicht der Taperoboter
- Innenansicht der Taperoboter
- Die Gaslösch-Anlage
- Die Notstromdiesel-Anlage
- Die SAN-Storage-Systeme
- Seitenansicht der USV-Anlage
- Der Hauptsitz des Unternehmens in Filderstadt
Welchen Anteil steuern die Partner zu Ihrem Geschäft bei?
Landwehrkamp: Rund ein Viertel unserer SAP-Lizenzumsätze erzielen wir mit Partnern, die zum Beipsiel ihr spezielles Know-how einbringen . Denn auch wir haben nicht für jedes einzelne Spezialgebiet Experten. Auch auf internationaler Ebene haben Partner eine große Bedeutung, beispielsweise wenn Rollouts für weltweit tätige Kunden anstehen. Deshalb pflegen wir das inzwischen 57 Länder und 24 Partner umfassende Netzwerk, die United VARs, sehr intensiv.
In der DACH-Region sind sie bereits größter SAP-Partner. Können Sie hier überhaupt noch organisch wachsen?
Landwehrkamp: Trotz unserer Marktposition können wir im deutschsprachigen Raum bis dato keine Grenzen für organische Wachstumsmöglichkeiten erkennen. Denn viele Firmen hierzulande nutzen noch keine SAP-Lösung, obwohl sie dafür geeignet wären. Schwieriger ist es, in Deutschland gut ausgebildete SAP Spezialisten zu finden. Das war auch der Hauptgrund, weshalb wir eine Tochter in der Türkei gegründet haben.
Sie gründen eine Tochter in der Türkei, um genügend Personal für den deutschsprachigen Raum zu finden? Das finde ich verblüffend.
Landwehrkamp: Der Personalmarkt Deutschland alleine gibt füre unsere Wachstumsziele nicht genügend her. Deshalb haben wir uns umgeschaut und sind in Istanbul fündig geworden. Unsere Leute dort sprechen sehr gut Deutsch, sind bestens ausgebildet und hoch motiviert. Im Support arbeiten wir viel per remote-Zugriff, da ist der Standort egal. Entscheidend für die meisten Kunden ist vielmehr, dass sie im Service-Fall in deutscher Sprache betreut werden.