Echtheitszertifikate
Am 12. Mai 2009 hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen einen Händler entschieden, der einzelne Microsoft-Echtheitszertifikate (so genannte Certificates of Authenticity, kurz COAs) über eBay vertreiben wollte (Aktenzeichen 11 W 15/09). Der auf Urheberrecht spezialisierte 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt ließ dabei offen, ob COAs "neben ihrer Funktion, die Echtheit eines bestimmten Softwareprogramms zu bestätigen, zugleich eine Art Lizenzfunktion haben". Für Microsoft ist die Sache klar: Mit dem isolierten Vertrieb von "nackten" COAs wären Urheber- und Markenrechte verletzt worden
Selbst wenn COAs auch (Lizenz-)Rechte verkörperten, wären sie einzeln nicht ohne Zustimmung von Microsoft übertragbar. Das Gericht stellte ausdrücklich klar, dass sich der Verkäufer der Echtheitszertifikate nicht auf den Einwand der Erschöpfung berufen kann, da Erschöpfung nur beim Vertrieb körperlicher Werkstücke eintritt und nicht bei online zugespielten Computerprogrammen oder bei reinen Volumenlizenzverträgen. In der Entscheidung wird die Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des OLG München (Aktenzeichen 6 U 2759/07) vom 3. Juli 2008 als "eindeutig" bezeichnet. Das OLG München hatte damals den Vertrieb gebrauchter Software untersagt, die ursprünglich per Download in den Verkehr gebracht worden ist.
Der vom OLG Frankfurt entschiedene Fall betrifft eine immer häufiger auftretende Variante der Software-Handels, bei der neue oder - wie hier - gebrauchte Einzelbestandteile von Original-Microsoft-Produkten einzeln "als Lizenzen" verkauft werden, obwohl diese Gegenstände beziehungsweise Dokumente nach Ansicht von Microsoft keine Lizenzrechte verkörpern. Im konkreten Fall hatte ein Händler Echtheitszertifikate einzeln über eBay als Lizenzen verkauft, was ihm vom Landgericht Frankfurt im Wege einer einstweiligen Verfügung am 26. November 2008 untersagt worden war. Der Händler hatte daraufhin am 10. Dezember 2008 Rechtsmittel eingelegt, Prozesshilfe beantragt und argumentiert, dass COAs Lizenzrechte verkörpern würden, die einzelnen weiter übertragen werden dürften.
Das Landgericht Frankfurt wies den Antrag des Händlers vom 10. Dezember 2008 auf Prozesskostenhilfe mit der folgenden Begründung zurück (Entscheidung vom 27. Januar .2009, Aktenzeichen: 2/3 O 599/08): "Die vom Beklagten vertriebenen COAs verkörpern nach ihrer Funktion, die allein die Klägerin [Microsoft] bestimmt und nicht umgewidmet werden kann, jedoch nicht die Gestattung der Vervielfältigung oder Lizenz. Mit dem Verkauf eines COAs werden keine Rechte übertragen." Auf den vom beklagten Händler erhobenen Einwand der Erschöpfung käme es - so das Landgericht Frankfurt - deshalb nicht an. Das Prinzip der Erschöpfung gelte ohnehin nur für körperliche Werkexemplare "und auch nur bezogen auf das Verbreitungsrecht, nicht aber auf das Recht, die Vervielfältigung Dritten zu gestatten".