Der momentane Stand
Während sich trotz der Krise Griechenlands die EU und die Weltwirtschaft allmählich wieder erholen beziehungsweise gewichtige Anzeichen dafür sprechen, prüfen Siemens und Nokia weiterhin, was mit der NSN, weiterhin geplagt von Managementwechseln, einem noch nicht verarbeitenden kleineren Skandals wegen Lieferungen an den Iran und nicht endender heftiger Kritik durch die Gewerkschaften, anzufangen sei.
Siemens geht in Deckung: Die Münchener versichern, die Sanierung des TK-Ausrüsters könne noch zwei Jahre dauern. Und sie denken weiterhin über einen Börsengang nach. Der von Siemens ebenfalls in Erwägung gezogene Versuch, Nokia zu einem Kauf zu überreden, wird von den Finnen derweil abschlägig beschieden, wie Branchenkenner berichten.
Nokia favorisiert vielmehr den Börsengang an der amerikanischen Nasdaq. Allerdings ahnen beide Unternehmen, dass das Gemeinschaftsunternehmen, obwohl nominell ein Schwergewicht unter den TK-Anbietern, von potentiellen Investoren für zu leicht befunden werden könnte.
Aufkommenden Gerüchten, die beiden chinesischen Konkurrenten könnten ein Interesse an einer NSN-Beteiligung haben, treten weder Siemens noch Nokia entgegen. Sie überlassen Marktbeobachtern und Analysten, sich in Spekulationen zu ergehen.
Angesichts der Schwierigkeiten, die sich auf den Eintritt der Chinesen unweigerlich in den USA, aber auch Europa auftürmen würden, etwa im Bereich Datensicherheit und Schutz von Kerntechnologien, winken Branchenkenner ab. Allerdings lassen sie die mitklingende, jedoch nicht offen ausgesprochene Frage unbeantwortet, warum sich die aufstrebenden Chinesen überhaupt einen Klotz wie NSN antun sollten.
Für alle Fälle bekräftigt Siemens-Vorstand Peter Löscher, Siemens werde sich aus Gemeinschaftsfirmen wie NSN verabschieden. Er wendet die bekannte Formulierung an, "NSN ist für uns kein Kerngeschäft".
Doch NSN bleibt nicht untätig: Mitte Juli gibt sie bekannt, nach monatelangen Verhandlungen das Mobilfunk-Netzwerkgeschäft des krisengeschüttelten amerikanischen TK- und Handy-Konzerns Motorola für 1,2 Milliarden Dollar zu kaufen. Die Patente, die Motorola für die Netzwerktechnologien GSM (Global System for Mobile Communications), CDMA (Code-Division Multiple Access), Wideband CDMA, WiMax und LTE (Long-Term Evolution) besitzt, bleiben jedoch bei den Amerikanern. Zwar können sie ab sofort von beiden Unternehmen genutzt werden, doch wie NSN-CEO Rajeev Suri bei einer Pressekonferenz unterstreicht, gehe es bei diesem Kauf vor allem um Kunden. Diese sind 50, zum Teil neue Carrier, darunter die amerikanische Verizon Wireless, China Mobile und die weltweit tätige Vodafone. Wie NSN den Kauf finanzieren will, wird im Detail nicht bekannt gegeben.
Eine Woche darauf gibt NSN bekannt, sie habe in den USA einen milliardenschweren Auftrag an Land gezogen. Sie sei von dem Hedge-Fond Harbinger Capital beauftragt worden, für rund sieben Milliarden Dollar ein neues landesweites Mobilfunknetz mit der LTE-Technik aufzubauen. Es werde rund acht Jahre dauern, bis das Netz in Betrieb gehen könne und Service Providern ermögliche, es zu mieten. Der nicht näher spezifizierten Planung zufolge soll es bereits im Jahr 2015 92 Prozent der amerikanischen Bevölkerung erreichen können.