Wer interessiert sich für NSN?

Der zähe Kampf von Nokia Siemens Networks

04.08.2010

2007 bis 2010 - eine kurze Chronologie

April 2007: 9.000 der rund 60.000 weltweit Beschäftigten sollen binnen drei Jahren entlassen werden.

Oktober 2007: Siemens-Chef Peter Löscher denkt öffentlich darüber nach, NSN ganz zu veräußern. Er sei "absolut unzufrieden" über die Entwicklung des Joint Ventures.

2008: NSN verkauft das Produktionswerk in Durach (Bayern), kappt Entwicklungskapazitäten und hat mit dem schwedischen Marktführer Ericsson, aber auch den chinesischen Rivalen Huawei und ZTE sowie Cisco und Juniper um Aufträge zu kämpfen. Vor allem die Chinesen sichern sich im mehr Marktanteile, naheliegenderweise vor allem in Asien, aber auch zunehmend in Europa, Afrika und Lateinamerika.

Die klassischen Carrier zögern weiterhin, massiv in den Ausbau ihrer neuen Netze zu investieren. Als sich im Herbst 2008 die Finanzkrise abzeichnet, müssen sich die TK-Ausrüster von der Hoffnung günstiger Investitionsbedingungen definitiv verabschieden. Im Gegenteil: Der siechende kanadische TK-Ausrüster Nortel taumelt Anfang 2009 in die Insolvenz und verkauft sich seitdem in Stücken an die Konkurrenz: Wobei NSN im Bieterverfahren um die wichtige Mobilfunksparte der Kandier leer ausgeht. Diese schnappt sich der schwedische Konkurrent Ericsson im Juli 2009.

Die finnische NSN-Zentrale in Espoo. ((Quelle: Wikipedia)
Die finnische NSN-Zentrale in Espoo. ((Quelle: Wikipedia)
Foto: Nokia Siemens Networks

2009: Bei der NSN, die in immerhin 150 Ländern mit den Bereichen Radio Access, Broadband Access, Service Core & Applications, IP/Transport, Operations sowie Business Software und Services vertreten ist und eigenen Angaben zufolge mit rund 600 Kunden, darunter 75 der größten Netzwerkbetreiber, im Geschäft ist, brennt es lichterloh. Umsätze und Erlöse sind eingebrochen. Das Unternehmen sieht sich massiver Kritik ausgesetzt. Seit dem 1. Oktober 2009 ersetzt Rajeev Suri den bisherigen CEO Simon Beresford-Wylie.

Zuvor hatte NSN einige Tätigkeitsfelder samt Mitarbeiter ausgegliedert. Unter anderem an IBM, und die Abteilung "Intelligence Solutions" per 31. März 2009 an den Münchener Finanzinvestor Perusa Partners Fund 1 LP verkauft. Der neue Name dieser Firma: Trovicor.

Intern hatte NSN die Zahl der Entlassungen in Deutschland von 2.900 auf 2.290 senken müssen. Trotz der Entlassungen, von rund 6.00 Mirbeitern ist die Rede, nicht zuletzt wegen der mit den Gewerkschaften vereinbarten Beschäftungsgesellschaften, steigen die Restrukturierungskosten bei gleichzeitigem Beinahekollaps der Weltwirtschaft.

Die Muttergesellschaften schreiben im Herbst 2009 für NSN knapp eine Milliarde Euro ab, und wer den beiden Unternehmen genau zuhört, bemerkt, dass sie über deren Verkauf intensiver denn je nachdenken. Allerdings haben sie 2007 in den Verträgen festgeschrieben, das Gemeinschaftsunternehmen bis 2013 halten zu wollen. Es sei denn, es würde sich jemand für NSN interessieren.

Das tut aber niemand, obwohl Siemens erneut sehr deutlich macht, NSN gehöre nicht mehr zu dem "Kerngeschäft". Nokia setzt dem hinzu, es unterstütze "weiterhin Maßnahmen zur Performancesteigerung" - ein kaum verhüllter Wink an potentielle Interessenten, die Versuche des in Teilen wieder mal neuen Managements, NSN verkaufsreif zu machen, ernst zu nehmen.

2010: Im Frühjahr 2010 meldet NSN Deutschland Kurzarbeit an. Intern debattieren Mitarbeiter offen darüber, wie lange es die Firma noch geben werde. Derweil bessert NSN ihr Angebot für die Nortel-Abteilung optische und Carrier-Netzwerke auf rund 810 Millionen Dollar auf - damit will sie den fast schon sicheren Verkauf der Sparte an den amerikanischen Konkurrenten Ciena in letzter Minute verhindern. Auch dieser Versuch scheitert; Ciena gewinnt den Bieterkampf, obwohl NSN mit Hilfe des Finanzinvestors One Equity Partner und zuletzt sogar Huaweis eine waghalsige Offerte vorgelegt hat.

Branchenbeobachter kommen zu dem Schluss, dass NSN nun eine neue Strategie verfolgt: Das Unternehmen soll mit Hilfe von Zukäufen und durch den Einstieg von Investoren so groß gemacht werden, dass es für einen Börsengang in Frage kommt. Dass sich durch diesen Siemens und Nokia ihres Tochterunternehmes, vielleicht sogar gewinnbringend, zu entledigen trachten, liegt auf der Hand.

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