„Ich finde es schade, dass eine so großartige Gründer-Story wie die Sofort AG in Deutschland nicht viel stärker als Erfolgsgeschichte wahrgenommen wird“, erklärt Gerrit Seidel, der dem Anbieter des Bezahldienstes Sofortüberweisung seit Oktober 2012 als Geschäftsführer vorsteht. Für ihn steht das im Münchner Vorort Gauting angesiedelte Unternehmen exemplarisch für die „Veränderung von Geschäftsmodellen im Netz“: Die Sofortüberweisung habe das PIN-/TAN-basierte Online-Banking E-Commerce-fähig gemacht, könne von 99 Prozent der deutschen Bankkunden genutzt werden und werde inzwischen von mehr als 25.000 Online-Händlern eingesetzt.
In der Tat lässt sich die Wirkung, welche die Sofortüberweisung im Bankensektor entfachte, am besten mit dem Trendwort „Disruption“ beschreiben. Während viele große Banken ihren Kunden noch immer kein Online-Bezahlungsverfahren anbieten und auch das von der Postbank initiierte Giropay eher schwerfällig agiert, ist es der 2005 gegründeten Sofort AG gelungen, ein ebenso einfaches wie allgemein verfügbares Online-Überweisungsverfahren zu entwickeln. Dafür, dass das Unternehmen nur selten als großer Innovator gefeiert wurde, gibt es vor allem zwei Gründe: zum einen der Widerstand aus dem Bankensektor, mit dem sich die Sofortüberweisung lange konfrontiert sah, und zum anderen das PIN-/TAN-basierte Funktionsverfahren, das vor allem von Daten- und Verbraucherschützern wiederholt skeptisch betrachtet wurde.
Neuer CEO sorgt für Stilwechsel
In Frage stellen lässt sich auch, inwiefern das saloppe Auftreten des Sofortüberweisungs-Gründers Christoph Klein dazu beitrug, die Sicherheitsvorbehalte zu entkräften. Der Mitte 2012 vollzogene Rückzug von Klein dürfte daher auch im Interesse der Unternehmerfamilie Reimann (u.a. „Calgon“, „Clearasil“) gewesen sein, die mit ihrer Finanzholding Reimann Investors Haupteigner der Sofort AG ist. Seitdem bemüht sich das Unternehmen jedenfalls um Image-Korrektur: Mit Gerrit Seidel wurde ein ehemaliger Europachef der Strategieberatung Arthur D. Little zum CEO bestellt und an die Stelle des bisherigen Firmennamens Payment Network trat die neue Marke Sofort AG. Kooperationen mit großen Brands wie der Metro Group, der Lufthansa und der Deutschen Bahn sind zudem geeignet, die Seriosität des Bezahlverfahrens zu unterstreichen.
Mit den Sicherheitsbedenken rund um die Sofortüberweisung will sich daher auch Firmenchef Seidel nur am Rande beschäftigen: „Bei 12 Millionen Nutzern, die ihre Daten in die Systeme der Sofort AG eingegeben haben, gab es bis heute keinen einzigen Schadensfall.“ Da die Sofort AG im Prinzip ein Dienstleister sei, der auf die Online-Lösungen der Banken zurückgreife, sei man letztlich genauso sicher, wie das zugrundeliegende Online-Banking. Und auch die vor dem Hintergrund des NSA-Skandals erneut gewachsenen Datenschutzbedenken machen Seidel keine Sorgen: „Als Technologie-Dienstleister haben wir eine minimale Datenhaltung zur Transaktionsdurchführung, was uns zu einem der datenärmsten Payment-Systeme überhaupt macht.“