Axians Business Area Manager Olaf Niemeitz

„Unsere XaaS-Modelle sollen den tatsächlichen Geschäftserfolg der Kunden reflektieren“

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Wie sich Axians strategisch positionieren will, schildert Olaf Niemeitz, Business Area Manager Information Technology & Managed Services bei Axians Deutschland, im Interview.

In einer Panel-Diskussion von ChannelPartner haben Sie die künftige Rolle der MSPs etwa so beschrieben: "MSPs werden als Trusted Advisor ihre Kunden bei der Weiterentwicklung von Geschäftsmodelle und Optimierung von Prozessen unterstützen. Dazu bedarf es auch Branchen-Know-how. Technologisch wird der MSP für seine Kunden hybride IT-Architekturen und hybride Services zu einer Gesamtlösung zusammenzufügen und orchestrieren." Wie packen Sie bei Axians diese Herkulesaufgaben an? Beginnen wir beim Aspekt Branchen-Know-how: Wie bauen Sie das auf und aus?

Olaf Niemeitz: Axians hat als Teil der gesamtem Vinci Energies Gruppe ein starkes Netzwerk mit Know-how in zahlreichen Branchen. Dazu gehören insbesondere unsere Schwestermarken Actemium und Omexom, die in den Bereichen Elektro- und Automatisierungstechnik sowie im Bereich Energieinfrastrukturen über große Expertise verfügen.
Über unser internationales Axians Markennetzwerk können wir auch auf das Know-how anderer Länder zurückgreifen. Konkret tauschen wir uns dazu in übergreifenden, sogenannten Clubs aus, in denen u.a. spezifische ICT-Lösungen für Branchen entwickeln und weiteres Wissen austauschen.
Ein Ergebnis dieser Clubs ist beispielweise unsere internationale und bereichsübergreifende Private 5G Initiative für die Industrie. Hier sind wir in der Lage, für Kunden schlüsselfertige Lösungen wie Connected Worker, Predictive Maintenance & AI, autonome Logistik und autonome Inspektionsrobotik zu realisieren.

Inwiefern können Sie beim Auf- und Ausbau von Branchen-Know-how auch konkret vom Know-how des Mutterkonzerns Vinci Energies profitieren?

Olaf Niemeitz: Neben der täglichen Zusammenarbeit ist unter anderem die Digitalschmiede der Vinci Energies in Frankfurt die Schnittstelle zu unseren Schwestermarken, insbesondere zu Actemium und Omexom, und unserem externen Ökosystem für die Digitalisierung.
Sie ermöglicht den digitalen Wandel unserer Kunden. Im Netzwerk initiieren wir hier Innovations- und Transformationsprojekte in neuen und bestehenden Märkten. Dazu gehören beispielsweise 5G-Campus-Netze, IoT- und Industrie 4.0, Smart City, Smart Energy und viele weitere Digitalisierungsthemen.

Weshalb war Axians in den vergangenen zwei Jahren besonders im Healthcare-Segment so erfolgreich unterwegs?

Olaf Niemeitz: Wir haben verschiedene Branchen und deren Entwicklung unter die Lupe genommen. Bei der Digitalisierung im Healthcare-Bereich gibt es einigen Nachholbedarf und deshalb haben wir für uns großes Wachstums- und Entwicklungspotenzial gesehen.
Da wir bereits zahlreiche namhafte Healthcare-Unternehmen bei ihrer Digitalisierung unterstützen, war bereits großes Know-how vorhanden. Beispielsweise gibt es in verschiedenen Business Units Mitarbeiter:innen, die sich sehr gut in der Branche auskennen.

Olaf Niemeitz, Business Area Manager Information Technology & Managed Services bei Axians Deutschland
Olaf Niemeitz, Business Area Manager Information Technology & Managed Services bei Axians Deutschland
Foto: Axians


So managt das Deutsche Rote Kreuz Blutspenden mit der SAP Sales Cloud. Weiterhin unterstützen wir führende deutsche Kliniken bei Projekten im Bereich Managed Services für Cloud- und Data-Center-Infrastrukturen. Westfalen Medical nutzt die Software NEO Suite von Axians für die digitale Unterstützung von Wartung und Instandhaltung seiner Produkte, zum Beispiel was SAP betrifft. Dieses Wissen haben wir gebündelt und den Axians Healthcare Club gegründet, der eng an den Trends der Branche und an den relevanten Technologie-Trends agiert.

In der Panel-Diskussion erwähnten Sie ein meines Erachtens außergewöhnliches Service-Modell, bei dem der Erfolg von Axians direkt abhängig ist vom Ergebnis beim Kunden. Wie muss man sich das genau vorstellen?

Olaf Niemeitz: Wir wollen unsere Service-Modelle immer so aufbauen, dass Kunden die Möglichkeit haben "zu atmen", also konsumierte Serviceleistung an den Geschäftsanforderungen anzupassen. Also mal mehr und mal weniger Leistung in Anspruch nehmen zu können.
Statt dabei nur die benötigte Kapazität zu berücksichtigen, arbeiten wir daran, unsere XaaS-Modelle so anpassen zu können, dass wir den tatsächlichen Geschäftserfolg der Kunden reflektieren.

"Automation und Multi-Clouds bleiben komplex"

Automatisierung von Standardprozessen - sowohl bei Kunden als auch bei MSPs selbst ist seit Jahren eines der Top-Themen unserer IT-Branche. Wie weit sind mittelständische Kunden Ihrer Erfahrung nach auf diesem Weg - und wo hapert es noch?

Olaf Niemeitz: Automatisierung ist ein komplexes Thema, und viele Unternehmen haben leider weder die Ressourcen noch die Zeit, sich gezielt darum zu kümmern. An erster Stelle steht eigentlich immer das Tagesgeschäft, während solche Projekte nebenher ablaufen.
Trotzdem sind sie sehr komplex und aufwendig, zumal mittelständische Unternehmen mit ihrer IT-Landschaft oft noch sehr heterogen aufgestellt sind. Das Thema ist deshalb meistens nicht einfacher als bei einem großen Konzern.

Wie weit ist Axians auf diesem Weg mit Blick auf die eigenen Prozesse?

Olaf Niemeitz: Wir machen gute Fortschritte. Dank unseres Know-hows können wir viel automatisieren und mit wenigen Ressourcen viele Prozesse steuern und überwachen - das ist sehr hilfreich.
Momentan sind wir dabei, über viele Bereiche ein einheitliches IT Service Management (ITSM) Tool einzuführen. Dieses hilft uns bei der Automatisierung, aber auch bei der weiteren Zusammenarbeit unser Business Units und dem Ausbau unser Axians Managed Services Factory.

Kommen wir zu den technologischen Aufgaben, die MSPs künftig erfüllen müssen: Das Management und die Orchestrierung bestehender On-Prem-Services-Lösungen kombiniert mit Services der Hyperscaler. Wie packen Sie diese Aufgaben technologisch und organisatorisch bei Axians an?

Olaf Niemeitz: Wir führen das technische Know-how aus beiden Bereichen in einem Team zusammen, das organisatorisch und technisch in engem Austausch steht. Die Services der großen Hyperscaler sind sehr komplex und man benötigt ein sehr breites Know-how und unterschiedliches Wissen für alle Anbieter. Außerdem haben wir Partnerschaften mit führenden Digital-Service-Anbietern wie Equinix, wo Axians Managed Services Kunden ihre Private Clouds sehr performant und schnell um Public Cloud Services aller Hyperscaler erweitern können.

Gerade bei der Verknüpfung von Legacy-Systemen mit den Standard Cloud Services der Hyperscaler ist immer wieder auch Software-Entwicklungs-Know-how gefragt. Wie lösen Sie dieses Thema bei Axians?

Olaf Niemeitz: Wir haben eigene Softwareentwickler:innen, die noch aus der Legacy-Welt kommen und ergänzen dieses Team um Entwickler:innen, die aus der reinen Hyperscaler-Welt kommen. Wenn Legacy-Expert:innen mit Docker-Entwickler:innen direkt zusammenarbeiten, bringt dies beide Welten einander näher.

In der Panel-Diskussion stellte sich heraus, dass Multi-Cloud-Modelle bei mittelständischen Kunden noch überhaupt kein Thema sind und sich eher Enterprise-Unternehmen damit befassen. Wird sich das künftig ändern?

Olaf Niemeitz: Mittelständische Kunden fokussieren sich meist noch auf einzelne Hyperscaler und verknüpfen ihre Legacy-Applikationen. Es ist noch zu komplex, mehrere verschiedene Cloud-Anbieter einzubeziehen.
Ich erwarte aber, dass sich dies in Zukunft ändern wird, wenn es eine Möglichkeit zum Austausch zwischen den verschiedenen Multi-Cloud-Modellen über einen standardisierten Layer gibt.
Zwar können MSPs schon jetzt die Verteilung auf verschiedene Clouds übernehmen, doch dafür müssen sie weiter Vertrauen in die komplexen Systeme aufbauen.
Die Bereitschaft, Cloud Services zu nutzen, ist unterdessen mittlerweile gegeben. Wir sehen viele Unternehmen, die Services in die Cloud auslagern, sich dies vor zwei bis drei Jahren aber noch nicht vorstellen konnten.

Das Brokern von Cloud-nativen Stacks funktioniere aktuell auch noch gar nicht, weil die Public Hyperscaler letztlich mit proprietären Modellen agieren, um ein einfaches Shiften von Workloads auf Plattformen von Wettbewerbern zu verhindern, so ein weiteres Ergebnis des Panels. Werden Ihrer Meinung nach künftig Layer-Lösungen diese "Drehkreuzfunktion" ermöglichen? Oder gibt es Ansätze bei Axians, diese Layer selbst zu entwickeln?

Olaf Niemeitz: Ein Layer mit so einer Drehkreuzfunktion ist erforderlich, damit Unternehmen Multi-Cloud nutzen können. Ich bin überzeugt davon, dass so eine Basisschicht kommen wird. Wer diese letztlich entwickeln wird, lässt sich heute noch nicht sagen.

"Nachhaltigkeit ist im Konzern ein außerordentlich wichtiges Thema"

Sie haben unter anderem in Kooperation mit Equinix die CO2-Bilanz massiv optimiert. Woher kam der Anstoß dazu und was haben Sie konkret gemacht?

Olaf Niemeitz: Nachhaltigkeit ist im gesamten Konzern ein außerordentlich wichtiges Thema. Wir haben das gemeinsame Ziel, 40 Prozent der CO2-Emissionen bis 2030 zu reduzieren. Deshalb sind alle Business Units bestrebt, die eigene CO2-Bilanz zu verbessern und befinden sich in einem stetigen Optimierungsprozess. In einigen Bereichen sind wir nach der Umweltmanagementnorm ISO 14001 zertifiziert. Da ist es für uns ein logischer Schritt, gemeinsam mit Equinix, auch beim Thema grünes Rechenzentrum voranzugehen.
Wir helfen Kunden dabei, Ressourcen zu schonen und den Energieverbrauch zu senken, beispielsweise über die Beratung bei Energiebilanzen und stromsparenden Infrastrukturen. Insbesondere bei Modernisierungen der IT-Infrastruktur bietet sich ein Wechsel auf extern betriebene Rechenzentren an, da diese deutlich effizienter arbeiten, Energie-Management-Systeme haben und fortschrittliche Abwärmekonzepte nutzen. Die Axians Rechenzentren bei Equinix verfügen über die relevanten Umweltmanagementsysteme und Zertifizierungen. Als Mitglied der RE100-Initiative wird Equinix bis 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien nutzen, Dieselgeneratoren reduzieren und Kältemittel optimieren.

Darüber hinaus bieten wir unseren Kunden nachhaltige Lösungen, die Ihnen helfen, C02-Emissionen zu senken, Prozesse zu digitalisieren und die Energieeffizienz zu optimieren. Unsere CO2 Footprint App ist eine ganzheitliche Lösung für das Umwelt-Reporting. In der Abfallwirtschaft, Schüttgut-Industrie und im Service Management helfen wir Unternehmen, ihre Prozesse in Richtung Nachhaltigkeit zu optimieren. So werden zum Beispiel Routen von Service-Technikern oder LKW-Routen CO2 neutral.

Bei vielen weiteren Handlungsfeldern schauen wir stets nach Partnern, die in unsere Vorstellung von Nachhaltigkeit passen.

Sie haben bei Axians außerdem das as-a-Service-Portfolio ausgebaut, insbesondere Network as a Services. Welche Rolle spielt dieses Segment in Ihrer Gesamtstrategie?

Olaf Niemeitz: Wir wollen das, worin für unsere Kunden das meiste Potenzial steckt, als attraktives Service-Modell anbieten. Deshalb liegt das As-a-Service-Portfolio im Kern unserer Strategie. Wir versuchen alle Services, die wir haben, als flexible Modelle für unsere Kunden anzubieten, damit sie die Möglichkeit haben zu wachsen, aber auch Leistungen zu reduzieren.
Das Netzwerk ist ein sehr variabler und wachsender Bereich, wo es den Kunden hilft, Investitionen nur genau dann zu tätigen, wenn sie benötigt werden. Deshalb ist Network as a Service eines dieser erfolgreichen Modelle, die wir bei vielen Kunden positioniert haben und auch weiter ausbauen. Dies tun wir aber auch in weiteren Bereichen. So wurden wir kürzlich für unsere Services von ISG in sieben Provider Lens Benchmarks in Deutschland und der Schweiz als Leader ausgezeichnet.

Für mich überraschend war, dass Axians inzwischen 50 bis 60 Prozent des Umsatzes in Deutschland mit Telekommunikationsleistungen, inklusive Funknetz-Services, erwirtschaftet. Wie kam es dazu?

Olaf Niemeitz: Das Axians-Netzwerk ist europaweit bereits seit Jahren so aufgestellt, dass es immer einen Telekommunikationsbereich gibt. Der Festnetz- und Funknetzbereich ist sehr stark, da er die Grundlage für die gesamte Digitalisierung darstellt.
Axians hat in Deutschland jahrelange starke Kundenbeziehungen zu regionalen Funknetzbetreibern. Deshalb ist es für uns ein Wachstumsbereich, in dem wir schon heute etwa 1.100 Mitarbeiter:innen beschäftigen und weiteres Potenzial sehen. Deshalb verstärken wir uns weiter gezielt, zum Beispiel durch die kürzliche Übernahme der Rhön-Montage Gruppe im Bereich Breitbandausbau.

"Kunden lagern zunehmend ihre Standard-IT-Infrastruktur aus"

Inwiefern wirken sich die momentan häufig unterbrochenen Lieferketten Ihrer Kunden auf Ihr eigenes Geschäft aus?

Olaf Niemeitz: Unternehmen reagieren auf die Situation, indem sie verstärkt nach Service-Modellen suchen, um auf die neuen Anforderungen zu reagieren. Aber auch das Bestellverhalten hat sich dabei geändert. Aufgrund der Wartezeiten werden Waren früher bestellt, die zum Teil erst im nächsten oder übernächsten Jahr benötigt werden.

Was macht Ihnen bei Axians - und generell in der IT-Branche - aktuell am meisten zu schaffen?

Olaf Niemeitz: Lieferverzögerungen aufgrund von unterbrochenen Lieferketten und die langen Lieferzeiten sind für alle Seiten eine Herausforderung. Darüber hinaus ist der Fachkräftemangel ein Thema, das uns alle betrifft, aber auch eine Chance bietet.
Wir stellen fest, dass Kunden vermehrt dazu bereit sind, ihre Standard-IT-Infrastruktur auszulagern und sich mit ihren eigenen Fachleuten auf die Themen konzentrieren, die ihr Business direkt beeinflussen. Das befeuert auch Automatisierungs- und Skalierungsthemen.

Worauf werden Sie bei Axians in den nächsten 12 Monaten Ihre strategischen Schwerpunkte setzen?

Olaf Niemeitz: Wir setzen konsequent weiter auf den Ausbau unseres Managed Services-Portfolios. Unser Ziel ist es, dass sich unsere Kunden voll auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und wir alles dafür Nötige managen. Dazu gehört es auch, in ausgesuchten Branchen weiteres Know-how aufzubauen. Außerdem werden wir uns auf die Integration von akquirierten Gesellschaften konzentrieren, damit wir im Sinne unserer Kunden das Maximum an Servicequalität, Innovationskraft und Kapazität bereitstellen können.

Olaf Niemeitz blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in der IKT-Branche zurück und war seit 2004 in unterschiedlichen leitenden Positionen bei Axians in Deutschland im Bereich Vertrieb tätig. 2016 übernahm er die Geschäftsführung der Axians IT Security GmbH. In dieser Funktion steuerte er die Eingliederung des Security-Anbieters, ehemals Crocodial IT Security GmbH, in das Axians-Netzwerk und übernahm die operative Leitung des herstellerunabhängigen IT-Sicherheit-Anbieters.Heute verantwortet der Hamburger die Business Area Information Technology & Managed Services bei Axians in Deutschland. In seiner Rolle begleitet er auf Management-Ebene zusammen mit seinem Team Projekte aus den Bereichen IT-Betriebsverantwortung, Automatisierung von IT-Prozessen, Unternehmensnetzwerke und Cybersecurity.

Olaf Niemeitz
Olaf Niemeitz
Foto: Tobias Tschepe
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