Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Keine Pflicht zu Bewerbungen während der Freistellung

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Ordentlich gekündigte und trotz Beschäftigungsanspruch freigestellte Arbeitnehmer müssen sich nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist auf Stellen bewerben, die ihnen ihr ehemaliger Arbeitgeber als Alternativen zum gekündigten Job empfiehlt.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, muss der Arbeitnehmer in der Regel nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingehen.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, muss der Arbeitnehmer in der Regel nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingehen.
Foto: Zerbor - shutterstock.com

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Fall aus Baden-Württemberg eine wichtige und interessante Entscheidung dazu gefällt, ab wann sich gekündigte und freigestellte Arbeitnehmer aktiv bewerben müssen. Im verhandelten Fall war ein Mann seit November 2019 bei einem Unternehmen beschäftigt, zuletzt als Senior Consultant mit einer monatlichen Vergütung von 6.440 Euro brutto, bevor das Arbeitsverhältnis Ende März 2023 ordentlich zum 30. Juni 2023 gekündigt wurde. Der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmer unter Einbringung von Resturlaub unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.

Der Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht am 29. Juni 2023 statt. Die vom Arbeitgeber eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht am 11. Juni 2024 zurückgewiesen. Der Consultant hatte sich nach Zugang der Kündigung Anfang April 2023 arbeitssuchend gemeldet. Von der Agentur für Arbeit erhielt er erstmals Anfang Juli Vermittlungsvorschläge.

Ex-Arbeitgeber versucht sich als Stellenvermittler

Allerdings hatte ihm sein Ex-Arbeitgeber schon im Mai und Juni insgesamt 43 von Jobportalen oder Unternehmen online gestellte Stellenangebote weitergeleitet, die nach seiner Einschätzung in Betracht gekommen wären. Auf sieben davon bewarb sich der Gekündigte sogar - allerdings erst ab Ende Juni 2023.

Vor Gericht gestritten wurde nun um das Gehalt für Juni 2023. Das war nicht mehr ausbezahlt worden. Das Unternehmen argumentierte damit, dass der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen sei, sich während der Freistellung zeitnah auf die ihm überlassenen Stellenangebote zu bewerben. Weil er dies nicht getan habe, müsse er sich nach § 615 Satz 2 BGB den "fiktiven anderweitigen Verdienst" für Juni 2023 in Höhe des bisher bezogenen Gehalts anrechnen lassen.

Gehaltsanspruch bis zum Ende der Kündigungsfrist

Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber zunächst recht, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dagegen dann dem Arbeitnehmer. Die dagegen erhobene Revision des Arbeitgebers blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.

Das Unternehmen befand sich laut Bundesarbeitsgericht aufgrund der einseitig erklärten Freistellung "während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldet dem Kläger nach § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611a Abs. 2 BGB die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist. Nicht erzielten anderweitigen Verdienst muss sich der Kläger nicht nach § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen."

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