Weshalb Cloud Computing bereits im Mittelstand Fuß fasst, erläutert Roland König, Geschäftsführer des Bechtle IT-Systemhauses München/Regensburg und Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung, im Exklusivinterview mit ChannelPartner.
Bechtle bietet Kunden bereits seit einigen Jahren
Cloud-basierte Lösungen
an und wurde dafür
mehrfach ausgezeichnet
. Erleben Sie manchmal, dass der Begriff "Cloud Computing" Endkunden eher abschreckt als Interesse weckt?
Roland König: Mittlerweile zeichnet sich eine Zweiteilung ab: Es gibt natürlich Kunden, die dieses Wort nicht mehr hören können. Dann sprechen wir einfach von "Service-orientierter IT". Cloud war lange Zeit eine Art Schreckgespenst: In den letzten zwei Jahren war jedes Produkt nur dann "hip", wenn in der Bezeichnung auch "Cloud" vorkam. Meistens hatte das mit einer echten Cloud-Technologie gar nichts zu tun. Im Gegensatz dazu steckt heute in dem Begriff Cloud wesentlich mehr Substanz als noch vor zwei Jahren, es gibt echte Lösungen.
Das Gros der Kunden jedoch interessiert sich heute sehr wohl für die Möglichkeiten des Cloud Computing für ihr Geschäft - legt man die Cloud-Definition der NIST (National Institut für Standardization & Technology) zugrunde, das die einzelnen Modelle der Bereitstellung sehr klar definiert.
Welche Cloud-Services bieten Sie Kunden bereits heute an?
König: Neben der Beratung zu IT-Architektur und Sicherheit integrieren wir dynamische IT-Infrastrukturen und machen Unternehmen mit der Schlüsseltechnologie Virtualisierung cloud-fähig. Unser Schwerpunkt liegt ganz klar auf Private- und Hybrid-Cloud-Lösungen. Zu unserem Portfolio gehören daher auch zentrale Bereitstellung von Backup in die Cloud, Backup-Rechenzentren, Bereitstellung dedizierter Ressourcen in der Infrastruktur bis hin zu Softwarelösungen aus der Cloud und Managed Cloud Services. Was der Kunde von uns erwartet sind Dienste, die den Betrieb, die Verfügbarkeit und die Flexibilität sicherstellen. Unser Vorteil dabei ist, dass wir als Generalunternehmer alle Technologien aus einer Hand anbieten.
Was sind typische Auslöser, sich mit Cloud-basierten Modellen auseinanderzusetzen?
König: Wir beobachten einen gravierenden Wandel: Es geht dem Kunden nicht mehr nur um Kosteneinsparungen. Die meisten erkennen in Cloud Computing eine echte Chance, mehr Flexibilität, mehr Dynamik und Effizienz in ihrem Geschäft zu erreichen, ihre Arbeitsabläufe zu unterstützen und voranzubringen. Denn Cloud ist immer ein Unterstützer von Geschäftsprozessen. Spätestens seit der Wirtschaftskrise 2009 haben viele erkannt, dass der Zwang zu mehr Dynamik und schnelle Reaktionsfähigkeit in vielen Branchen eine Frage des Überlebens ist. Und die Cloud ermöglicht eben diese Flexibilität, ein schnelleres Time-to-Market.
Immer wieder ist zu hören, dass Fachabteilungen an der IT-Abteilung vorbei Cloud-basierte Dienste und Applikationen beziehen. Wie akut ist Ihrer Erfahrung nach dieses Problem?
König (schmunzelt): Die Fachabteilungen nehmen verstärkt das Zepter in die Hand. Wir haben Cloud-Projekte umgesetzt, die zu 100 Prozent von der Fachabteilung getrieben wurden. In einem konkreten Fall hatte die IT-Abteilung die Cloud-Projekte zwei Mal abgelehnt, die Fachhabteilung ging daraufhin zum Management und hat sich durchgesetzt. Als Projektmanager wurde ein Mitarbeiter aus der Geschäftsleitung bestimmt, der über der IT-Abteilung saß. Das Projekt wurde gegen den Willen der IT-Abteilung eingeführt und war dennoch derart erfolgreich, dass es jetzt global ausgerollt wird. Bei IT-Leitern, die sich noch nicht eingehend mit dem Thema befasst haben, ist häufig Angst zu spüren. Dann fangen Fachabteilungen an, selbstständig zu agieren. Das Beispiel zeigt aber auch, dass die Fachabteilungen tatsächlich eine andere Dynamik und Flexibilität benötigen. Es wird langfristig aber nur ein Miteinander von Fachabteilung und IT geben - wie es sich auch bei der Einführung von iPads und iPhones in vielen Unternehmen zeigt.
Apropos iPads : Können Cloud-basierte Architekturen die Einbindung mobiler Endgeräte in die Unternehmens-IT erleichtern und deren Verwaltung vereinfachen?
König: Eine Cloud-basierte Architektur wird künftig die Basis dafür sein. Schon heute ist Mobile Device Management einer der Treiber, sich mit Cloud-Modellen auseinanderzusetzen. Anwender sind es inzwischen gewohnt, sich Dienste aus einem Portal selbst abzurufen - orientiert zum Beispiel am Apple-App-Modell. Diese Modelle sind aus dem Consumer-Umfeld in den Unternehmen bereits angekommen. Und das ist eine enorme Herausforderung für das IT-Management und ein wesentlicher Treiber für Client-Virtualisierung bzw. Client-Services und für die Umgestaltung der Rechenzentren.