Bechtle-Manager Roland König

"Fachabteilungen nehmen das Cloud-Zepter in die Hand"

12.04.2012

Spielt für die Frage "Cloud oder nicht" die Unternehmensgröße noch eine Rolle?

König: Ganz kleine Kunden mit bis zu 30 IT-Arbeitsplätzen nutzen eher standardisierte Cloud-Services. Mittelständische Unternehmen in Deutschland sind ebenso wie Großunternehmen an Cloud-Modellen interessiert. Nur die Motivation mag unterschiedlich sein. Großunternehmen sind dabei, ihre IT Service-orientiert aufzustellen, Betriebssysteme stärker zu konsolidieren und zu standardisieren, ebenso wie die Kapazitäten und Services ihrer Rechenzentren zu teilen. Hier steigt die Nachfrage enorm nach globalem, rollenbasiertem Management der Datacenter, nach Automatisierung und Standardisierung der Bereitstellungsmechanismen. Das geschieht im ersten Schritt in den eigenen Rechenzentren, in der Private Cloud - selbstverständlich mit einem wachsamen, begehrlichen Blick in die hybride Welt.

Und der Mittelstand?

König: Der Mittelstand sucht mit Cloud Computing nach Möglichkeiten, sehr schnell Dienste global bereitzustellen, wenn das Geschäft es erfordert. Gerade mittelständische Firmen haben oft Fertigungsstätten und Entwicklungen in China oder in den USA und müssen hier die IT bereitstellen ohne IT-Techniker vor Ort zu haben. Das ist heute über virtuelle Rechenzentren, also in einem hybriden Cloud-Modell, sehr schnell und zu günstigen Preisen abzubilden. Der Kunde behält die Kontrolle und managt alles aus Deutschland heraus. Das war vor zwei Jahren so noch nicht möglich und für die Firmen deshalb richtig teuer. Die Cloud verschafft ihnen nun eine Agilität, die früher nur Großunternehmen mit weltweiten Rechenzentren vorbehalten war. Deshalb wächst das Cloud-Geschäft bei Bechtle sehr stark und wir gehen davon aus, dass es auch in Zukunft unser Wachstum positiv beeinflussen wird.

Können Sie das am Beispiel der Infrastructure as a Service (IaaS) konkret skizzieren?

König: Mit IaaS ist der Kunde beispielsweise sehr schnell in der Lage - vorausgesetzt er hat seine Hausaufgaben im Rechenzentrum erledigt - sich dynamische Rechenzentrumskapazitäten global verfügbar zu machen. Unabhängig davon, ob das Unternehmen 300 oder 3.000 IT-Arbeitsplätze unterhält. Damit kann es zum Beispiel eine übernommene Firma schnell integrieren, eine Service-Niederlassung eröffnen, gewinnt so an Dynamik und kann virtuell sehr schnell Rechenzentrumskapazitäten bereitstellen, unter seiner Kontrolle, mit seinen Sicherheitsvorgaben. Das war vor zwei Jahren noch nicht machbar. Heute gibt es die Technologie dafür. Ein anderes Beispiel: Unternehmen wollen die Betriebskosten senken und ihren Anwendern ein Cloud-basiertes Self-Service-Portal zur Verfügung stellen. Auch wenn dies in der Private Cloud aufgesetzt wird, muss der Kunde vorher Standards und Automatisierungs-Prozesse festlegen - also definieren: Wer nutzt das Portal, wie stelle ich es bereit etc. Dazu braucht er ein zentrales Management.

Viele sagen, die Infrastruktur gab es schon immer als Cloud-Dienst, das ist nichts Neues...

König: Wenn ich die Kriterien des NIST-Modells zugrunde lege - also Cloud-fähigkeit, Self-Service-Portale, Verrechenbarkeit, dynamischer Bereitstellung, SLAs etc. - dann gibt es aktuell nur sehr wenige Unternehmen, die ihren Anwendern Service-orientierte Cloud-Dienste anbieten. Der Einzug dieser Dienste in die Abteilungen beginnt jetzt erst. Denn erst jetzt stehen dafür auch die Standardisierungs-, Automations- und Management-Tools zur Verfügung, basierend auf den Hypervisor-Plattformen. Erst damit kann der Kunde seinen Abteilungen echte IaaS-Dienste bereitstellen.

Auch SaaS gab es ja schon lange, siehe Salesforce…

König: Neu ist aber, dass es inzwischen wesentlich mehr Angebote dieser Art gibt. Schon heute sind 80 Prozent der neuen Software-Entwicklungen SaaS-basiert, Cloud- und Mandanten-fähig, mit einem nutzungs-orientierten Abrechnungsmodell. Wo die Daten liegen, ist eine andere Frage. Und wenn wir PaaS betrachten, dann lassen sich seit etwa zwei Jahren schon SharePoint-, SQL- und Entwicklungsdatenbanken als Cloud-Dienste beziehen. Und hier kommt die eben erwähnte Infrastruktur as a Service ins Spiel.

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