Der Vergleich mit der Marktentwicklung und der "Peer Group" der direkten Wettbewerber ist ein beliebtes Ritual bei den Präsentationen der Elektronikverbundgruppen: Selbst wenn es momentan nicht so gut läuft, lassen sich doch wenigstens einige Segmente finden, in denen man gerade besser performt als die Konkurrenz. Umso mehr fiel ins Auge, was Vorstandssprecher Stefan Müller am Rande der Expert-Frühjahrstagung 2025, die einmal mehr im Rahmen der gemeinsam mit Euronics ausgerichteten Kooperationsmesse KOOP stattfand, präsentierte. Während sich der Markt im Kalenderjahr 2024 mit einem leichten Umsatzrückgang von 0,5 Prozent angesichts einer anhaltend schwachen Nachfrage recht stabil zeigte und die "Peer Group" sogar um 1,3 Prozent zulegen konnte, verzeichnete Expert ein Minus von 2,0 Prozent und konnte in keiner einzigen Warengruppe besser abschneiden als die Konkurrenz. Das schlägt sich auch in der bisherigen Umsatzentwicklung des noch bis 31. März laufenden Expert-Geschäftsjahres 2024/25 nieder, in dem bisher ein Rückgang von 3,4 Prozent im Handelsgeschäft zu verzeichnen ist - prognostiziert war dagegen ein Zuwachs von 2,4 Prozent.
"Das ist nicht das, was wir uns vorgenommen hatten und wir sind damit nicht zufrieden", stellte Expert-Chef Müller unmissverständlich klar. Für die schlechte Umsatzentwicklung verantwortlich sei die anhaltende Kaufzurückhaltung der Konsumenten und ein leichter Rückgang der Anzahl Expert-Fachmärkte. "Außerdem haben wir am Wachstum im Online-Bereich nicht so stark partizipiert wie einige Wettbewerber." Die schlechte Umsatzentwicklung macht die konsequente Umsetzung der Mitte 2024 eingeleiteten Restrukturierung für die Verbundgruppe nun umso wichtiger. Es sei gelungen, 90 Prozent der für 2024 geplanten Einsparungen umzusetzen und bei der Zentralisierung der Verwaltung der 65 Expert-eigenen Regiebetriebe gehe man nun sogar schneller voran als ursprünglich geplant. "Wir sind daran, Maßnahmen einzuleiten, um in Zukunft wieder aufzuholen", erklärte Expert-Chef Stefan Müller kämpferisch.
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Es mangelt an zündenden Ideen
Trotzdem - für gute Stimmung sorgt ein Restrukturierungsprogramm nie. Dazu passte es auch, dass Expert-Finanzvorstand Michael Grandin nur zwei Tage vor Beginn der Expert-Frühjahrstagung überraschend von seinem Amt zurücktrat. "Er hat mich gebeten, seinen Vertrag aus persönlichen Gründen vorzeitig aufzulösen", berichtete Stefan Müller. Immerhin konnte die Verbundgruppe mit der langjährigen Prokuristin und Abteilungsleiterin Debitorenmanagement Daniela Schreckling eine unverzügliche Nachfolgereglung präsentieren, die auch im Kreis der Expert-Gesellschafter positiv aufgenommen wird. Gemeinsam mit Stefan Müller (Logistik, IT, Personal, Marketing und E-Commerce), Christoph Komor (Regiebetriebe, Services und Dienstleistungen sowie Flächenmanagement) und Holger Pöppe (Einkauf und Vertrieb) soll Schreckling nun Expert wieder aus der Krise führen. "Mit dem Vorstandsumbau sind wir nun gut aufgestellt für eine herausfordernde Zeit, die sicher auch noch das nächste Jahr betreffen dürfte", erklärte Vorstandssprecher Stefan Müller.
Mit welchen Rezepten der Expert-Vorstand die Verbundgruppe wieder zum Wachstum führen will, blieb allerdings weitgehend unklar. Das meiste, was es dazu auf der Pressekonferenz zur Expert-Frühjahrstagung zu hören gab, wirkte altbekannt: Die Kundenzuführung über Online-Kanäle soll fortgeführt werden, ebenso die Mitarbeiterqualifizierung und die Modernisierung der Ladengeschäfte. Ein Erfolg sei die im Herbst 2024 gestartete neue Expert-App. Die Zahlen von bereits mehr als 70 Prozent teilnehmenden Expert-Händlern, gut 2.000 von diesen in der App bereitgestellten Inhalten und über 65.000 App-Downloads klangen für die Verbundgruppe zwar durchaus beachtlich, lassen sich im weiteren Handelskontext jedoch auch nicht als entscheidender Gamechanger betrachten.
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Hoffen auf eBay - und Rudi Völler
Als derzeit interessanteste Initiative von Expert blieb damit der Mitte 2024 vollzogene Einstieg ins Online-Marktplatzgeschäft übrig. Nach dem Start bei Kaufland ist Expert seit Beginn des Jahresendgeschäft auch bei eBay vertreten und berichtet über positive Erfahrungen. "Das Marktplatzgeschäft läuft besser als gedacht. Das gilt für eBay und auch für Kaufland, wo wir noch einmal ganz andere Kunden erreichen", erklärte Vorstand Christoph Komor. Mit einer in die mobile Fachberater-Tabletanwendung "Expert NEO" integrierten Lösung ermöglicht die Verbundgruppe nun auch Händlern die einfache Vermarktung von Ausstellungsstücken über eBay. "Wir werden sehen, ob wir noch weitere Marktplätze anschließen, die dafür nötige Technik ist nun vorhanden", sagte Komor und versuchte gleichzeitig den Eindruck zu zerstreuen, dass sich dahinter ein Strategiewandel von Expert verbergen könne. So sei Amazon "nicht primär" unter der weiteren Marktplatzkandidaten und wolle Expert auch überhaupt kein Marktplatzspezialist werden: "Unser Ziel ist es, einen einfachen Zugang für unsere Händlern zu schaffen, damit sie in der richtigen Proportion wertigen Online-Geschäften teilhaben können." Wie sich damit aber die von Expert-Chef Stefan Müller diagnostizierte unterdurchschnittliche Teilhabe der Verbundgruppe an den mittlerweile branchenüblichen E-Commerce-Umsätzen verbessern lässt, blieb offen.
Dafür präsentierte Expert ein bewährtes Erfolgszugpferd, das helfen soll, aus der gegenwärtigen Schwächephase herauszufinden: Fußball-Ikone Rudi Völler werde bis Ende 2026 - und damit auch zur nächsten Fußball-WM - wieder als Expert-Markenbotschafter auftreten. "Mit Bodenständigkeit, Teamgeist und Erfolgsstreben verkörpert Rudi Völler genau das, worauf es bei Expert ankommt - Menschen zu begeistern und 'Kunden zu Fans zu machen'", so die optimistische Sprachregelung der Verbundgruppe zu der Werbekooperation.