E-Commerce wächst erstmals seit zwei Jahren

Elektronikversender profitieren nicht von der Trendwende



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Der E-Commerce-Verband bevh meldet für das zweite Quartal 2024 erstmals seit zwei Jahren wieder ein zartes Umsatzwachstum. Doch während der Gesamtmarkt um 0,2 Prozent zulegt, hält der deutliche Negativtrend im Online-Elektronikhandel weiter an.
Der Online-Markt bekommt wieder positive Impulse, doch die Elektronikbranche steht weiter im Regen
Der Online-Markt bekommt wieder positive Impulse, doch die Elektronikbranche steht weiter im Regen
Foto: Lightspring - shutterstock.com

Der E-Commerce-Verband bevh sieht die ersten positiven Signale des Jahresanfangs bestätigt: Im Onlinehandel mit Waren schlug von einschließlich April bis Ende Juni (nicht inflationsbereinigt) ein kleines Umsatzplus von 0,2 Prozent im Vorjahresvergleich auf aktuell 19,215 Milliarden Euro zu Buche. Es ist das erste Marktwachstum seit zwei Jahren. Auf die gesamte erste Jahreshälfte gerechnet, liegen die Umsätze hingegen weiter um 1,2 Prozent unter dem Vorjahreswert bei aktuell 38,1 Milliarden Euro.

"Wir sehen die Anfänge einer Normalisierung am Markt. Die Einkommen haben die Teuerung der vergangenen Jahre - seit 2019 etwa 20 Prozent - nicht nur überkompensiert, sondern treffen nun auf eine deutlich geringere Inflationsquote", ordnet Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh, die Ergebnisse ein. "Für ein Ende der Konsumkrise ist es aber zu früh, da bereits die nächsten Unsicherheitsfaktoren warteten. Ob in Deutschland, Europa insgesamt oder den USA: Überall sehen wir politische Destabilisierung und geopolitische Konflikte, die eine Rückkehr zum Wachstum ausbremsen können. Dazu kommen nun Berichte über zahlreiche Insolvenzen, die die Menschen eher zum Sparen treiben." An den Aussichten vieler Unternehmen werde sich auch nach Rückkehr der Kunden wenig ändern: "Die massiven Umsatzeinbrüche der vergangenen zwei Jahre sind längst nicht eingeholt, gleichzeitig melden unsere Händler weiterhin deutlich steigende Kosten für Beschaffung, Compliance, Personal und Energie. Der aktuelle Umsatztrend müsste anhalten und noch stärker ausfallen, um die Unternehmen zu tragen", so Groß-Albenhausen.

Elektronik-Onlinehandel weiter im Minus

Die schwache Trendwende, die der bevh erkennt, betrifft allerdings nicht alle Online-Segmente. Vor allem die Erholung im Modehandel und der anhaltende Wachstumstrend mit Waren des täglichen Bedarfs (jeweils + 2,9 Prozent) haben im 2. Quartal starke Impulse gesetzt. Lebensmittelbestellungen legten mit + 6,2 Prozent (1,004 Milliarden Euro) von allen Segmenten das stärkste Umsatzwachstum vor. Einen besonders starken Turnaround legte auch das Cluster Einrichtung hin, worunter Möbel, Heimtextilien und Haushaltsgeräte fallen. Nach einem besonders schwachen Jahresauftakt (-4,3 Prozent in Q1) gab es im Folgequartal wieder ein leichtes Wachstum von 1,6 Prozent. Luxusausgaben für Uhren und Schmuck (+ 2,9 Prozent im Q2), die dem Sparverhalten der Deutschen besonders stark zum Opfer fielen, gewannen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum das erste Mal seit Ausbruch des Ukrainekriegs wieder hinzu.

In den Elektroniksegmenten sieht die Entwicklung dagegen weiterhin negativ aus: Die Online-Umsätze in den Warengruppen Computer/Zubehör/Spiele/Software gingen auch in den Monaten April bis Juni noch einmal um 2,7 Prozent zurück, im Bereich Elektronikartikel & Telekommunikation sogar um ganze 4,6 Prozent.

Markplätze dominante Spezies im E-Commerce

Auffällig ist, dass laut bevh aktuell die gesamte Erholung im E-Commerce von Marktplätzen getragen wird. Der Versendertyp konnte als einziger im 2. Quartal zulegen (+ 2,3 Prozent) und kommt im gesamten bisherigen Jahresverlauf auf einen Marktanteil von 55,0 Prozent. "Wir erleben eine Plattformisierung des E-Commerce: Onlineshops öffnen sich zunehmend für Hersteller oder andere Händler als Verkaufspartner und bilden sich zu Marktplätzen aus, deren Zahl und Vielfalt weiterwächst", erklärt Groß-Albenhausen. Diesen Zuwächsen stehen derzeit Rückgänge bei den Herstellerversendern (D2C-Handel) gegenüber, die im 2. Quartal 11,7 Prozent weniger über den eigenen Verkaufskanal absetzten. Multichannel-Händler generierten 1,6 Prozent weniger Umsätze über ihre eigenen Onlineshops. Hier wie auch bei den Herstellerversendern ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Anbieter vielfach auch über Plattformen verkaufen, so dass aus Unternehmensperspektive eine positivere Bilanz der E-Commerce-Entwicklung gezogen werden könnte. Die Umsätze von klassischen Onlineshops (- 0,6 Prozent) blieben nahezu unverändert.

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