Die Umfrage unter den IT-Entscheidern in Anwenderunternehmen fand vom 3. März bis 12. Juni 2020, also gleich zu Beginn der Corona-Krise und auch während des Lockdowns. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Urteil der IT-Entscheider über die sie betreuenden Systemhäuser hielten sich aber in Grenzen, sie haben ja nur bereits abgeschlossene IT-Projekte beurteilt, wovon die wenigsten mit der Corona-Krise im Zusammenhang standen.
Rahmendaten zur Befragung unter den Anwendern
Befragt wurden Insgesamt 2.027 IT-Verantwortliche und IT-Entscheider. Sie bewerteten die Leistungen der sie betreuenden Systemhäuser in insgesamt 4.731 IT-Projekten. Wer als IT-Dienstleister öfter als zehn Mal von den Anwenderunternehmen benotet wurde, gelangte in die Wertung. Insgesamt gelang das 2020 fast 60 Systemhäusern.
Um deren Leistungen untereinander möglichst gerecht vergleichen zu können, haben wir die bewerteten Systemhäuser insgesamt vier (im Vorjahr: drei) Umsatzklassen zugeordnet:
unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz
zwischen 50 und 250 Millionen Euro Jahresumsatz
zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro Jahresumsatz
über eine Milliarde Euro Jahresumsatz
Im vergangenen Jahr unterschieden wir nur drei Umsatzklassen, deren höchste bei einer Viertelmilliarde Euro Jahresumsatz begann.
Abgefragt wurden alle Projektphasen: angefangen bei der Erstellung des Angebots über die Beratungskompetenz im Vorfeld des Vorhabens bis hin zum eigentlichen Projektverlauf (Reaktionszeit, Kompetenz etc.). Explizit bewertet wurde auch die Termintreue, also die Einhaltung der mit dem Kunden vereinbarten Meilensteine für das Erreichen der einzelnen Projektetappen, ferner das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Qualität der Betreuung im Nachgang (Wartung, Schulung etc.).
Insgesamt betrachtet sind die Anwender mit den Leistungen der sie betreuenden Systemhauspartner sehr zufrieden. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Durchschnittsnote der bewerteten Systemhäuser von 1,66 auf 1,76 nur unwesentlich verschlechtert. Auch die Weiterempfehlungsrate (uneingeschränkt empfehlenswert: 100 Prozent, auf gar keinen Fall weiter zu empfehlen: 0 Prozent) blieb gegenüber 2019 fast unverändert (89 statt 90 Prozent).
Leicht verschlechtert (1,73 auf 1,87) hat sich hingegen die Bewertung der Systemhäuser hinsichtlich ihrer Leistungen bei der Digitalen Transformation ihrer Kunden. Da nicht davon auszugehen ist, dass die IT-Dienstleister sich objektiv verschlechtert haben, ist die Annahme zulässig, dass die Ansprüche der Kunden an ihre Systemhauspartner schneller gewachsen sind als deren Leistungsfähigkeit, was Digitalisierungsprojekte anbelangt.
Interessante Erkenntnisse ergeben sich, wenn man die Resultate in den einzelnen Projekt-Kategorien betrachtet (Vorjahreswerte in Klammern):
IT-Security: 1,73 (1,62)
Netzwerke: 1,76 (1,59)
PC- und Server-Infrastruktur: 1,65 (1,52)
Storage-Lösungen: 1,61 (1,49)
Drucklösungen: 1,89 (1,65)
Anwendungssoftware und Software-Entwicklung: 1,87 (1,91)
Software-Infrastruktur: 1,72 (1,69)
Modern Workplace: 1,82 (im Vorjahr nicht bewertet).
In den vergangenen Jahren haben Anwender die Hardware-nahen Projekte deutlich besser bewertet als die Software-lastigen. Das hat sich 2019 nun geändert, die reinen Software-Vorhaben sind die einzigen, die kaum schlechter oder sogar besser als im Vorjahr benotet wurden.
Für das Gesamtranking wurden aber die Ergebnisse aus allen Projektkategorien herangezogen, auch wenn dort das Quorum von zehn bewerteten Projekten nicht erreicht wurde. Und daraus ergaben sich folgende Rankings in den vier Umsatzklassen.
Neue Nummer 1 unter den ganz großen Systemhäusern
Unter dem Systemhäusern mit Jahresumsätzen jenseits der Euromilliarde hat SoftwareOne die Nase vorn. Der Large Account Reseller (LAR) ist zum ersten Mal überhaupt unter den drei bestbewerteten Systemhäusern platziert. Dabei darf aber nicht verheimlicht werden, dass dieser Erfolg zum großen Teil auch Comparex zu verdanken ist. Diesen IT-Dienstleister hat SoftwareOne bereits im Oktober 2018 übernommen und im April 2019 komplett "verdaut", sprich: auch die Marke Comparex aufgegeben. Nichtsdestotrotz ist dieser Brand vielen Entscheidern nach wie vor geläufig, und nicht zuletzt die daraus stammenden guten Bewertungen trugen zum Erfolg von SoftwareOne entscheidend bei.
Detailranking: Die kundenfreundlchsten Systemhäuser im Bereich IT-Security
Bei dem zweitplatzierten Systemhaus in derselben Umsatzklasse verhält sich die Situation ganz anders: Die Cancom SE agiert seit 1992 unter demselben Brand bereits. Und das ursprünglich schwäbische - seit 2013 in München beheimatete - Unternehmen hat schon des Öfteren bei von COMPUTERWOCHE durchgeführten Kundenumfrage sehr gut abgeschnitten, etwa 2019 mit einem hervorragenden dritten Rang. Allerdings waren im Vorjahr die Umsatzklassen etwas anderes zugeschnitten - 2019 haben wir alle Unternehmen mit Jahresumsätzen von über eine Viertelmilliarde miteinander verglichen.
Da die Anzahl der in diese Umsatzklasse fallenden Systemhäuser aber von Jahr zu Jahr zu gestiegen ist, litt deren Vergleichbarkeit untereinander zunehmend - zu groß gerieten die Unterschiede in der Kundenstruktur, Projekttyp und -größe. So haben wir uns 2020 dazu entschlossen, eine weitere Umsatzhürde von einer Milliarde Euro zu errichten und damit bisherige Umsatzklasse über 250 Millionen Euro zu splitten.
Und immerhin gelang es gleich sechs Systemhäusern, in diese neu errichtete "höhere" Umsatzklasse ("über eine Milliarde Euro") in der Kundengunst platziert zu werden. Und den dritten Platz in diesem Segment konnte 2020 die NTT Gruppe für sich verbuchen. Hier haben wir die Ergebnisse aller zur NTT Gruppe gehörenden Unternehmen (Arkadin, Dimension Data, e-shelter, itelligence, NTT DATA, NTT Europe, NTT Germany und NTT Security) zusammengefasst. Selbst wenn es einige dieser Brand offiziell gar nicht mehr gibt, vielen Kunden sind sie nach wie vor sehr geläufig und daher bewertungswert.
Systemhäuser des gehobenen Mittelstands - viel Bewegung im Markt
In der neu zugeschnittenen Umsatzklasse zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro Jahresumsatz hatte 2020 die SVA System Vertrieb Alexander GmbH die Nase vorn. Damit konnte das Systemhaus aus Wiesbaden seinen Erfolg wiederholen, wenn auch nach dem neuen Zuschnitt der Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen des Vorjahres nur bedingt möglich ist. Wächst aber SVA im weiteren Tempo wie bisher weiter, dann dürfte auch dieses Systemhaus 2020 die Umsatzmilliarde packen und sich 2021 wieder mit Größen wie Bechtle, Computacenter und Cancom messen lassen.
Hinter SVA konnte sich 2020 ebenfalls ein hessisches Systemhaus - die Controlware GmbH - platzieren. Die Netzwerk- und Security-Spezialisten konnten sich in der Kundengunst erheblich steigern, ihre durchschnittliche Bewertung bei den durchgeführten Projekten stieg innerhalb eines Jahres von um eine halbe Note (von 2,04 auf 1,54). Die Bewertung wäre hoch besser ausgefallen, wenn nur Security- (1,47) und Netzwerkprojekte (1,50) berücksichtigt worden wären. Da aber auch die etwas schwächer bewerteten Projekte in den Segmenten Anwendungssoftware (1,55); Server (1,70) und Software-Infrastruktur (1,96) ins Gewicht fielen, hat Controlware die Note "Sehr gut" knapp verpasst.
Immerhin gelang es den Dietzenbachern aber Konica Minolta Business Solutions mit einer Gesamtbewertung von 1,56 um zwei Hundertstel hinter sich zu lassen. Die Dienstleistungstochter des japanischen Druckerherstellers kann dennoch zufrieden sein, immerhin konnte sie sich so soweit verbessern, dass es für einen Platz auf dem Treppchen reichte.
Im Vorjahr landete Konica Minolta Business Solutions mit einer Note von 1,75 nur auf dem 13ten, und damit dem vorletzten Rang - allerdings in einer anderem Umsatzklasse, nämlich der zwischen 50 und 250 Millionen Euro. Durch den Aufstieg in die nächsthöhere Umsatzklasse verbunden mit der Tatsache, dass größere Systemhäuser von ihren Kunde immer kritischer bewertet werden, gelang Konica Minolta Business Solutions der Aufstieg unter die Top-3.
Im Vergleich zu 2019 wurden die Systemhäuser mit Jahresumsätzen jenseits der Umsatzviertelmilliarde 2020 im Schnitt etwas besser beurteilt, nämlich mit 2,1 (Vorjahr: 2,2).
Mittelständische Systemhäuser - das Führungstrio fast gleichauf
Der Kampf um die Gunst der Kunden unter den Systemhäusern mit Jahresumsätzen zwischen 50 und 250 Millionen Euro war so erbittert wie in keiner anderen Umsatzklassen: Nur jeweils zwei Hundertstel Noten trennen die drei kundenfreundlichsten Systemhäuser voneinander. Insoweit gebührt allen drei - die übrigens alle aus dem Südwesten Deutschlands ihr erfolgreiches Werk verrichten- der gleiche Respekt für ihre hervorragenden Leistungen.
Der Sieger unter den mittelständischen Systemhäusern 2020 ist der gleich wie 2019: Es ist die Medialine EuroTrade AG. Das von den Brüdern Stefan und Martin Hörhammer 1999 gegründete Unternehmen ist insbesondere in den vergangenen zwei Jahren stark gewachsen - auch anorganisch durch die Übernahme der Dresdner Interface Systems GmbH und zwei weiterer Systemhäuser in Österreich - so dass der IT-Dienstleister mittlerweile mit 16 Filialen in ganz Deutschland und Österreich vertreten ist. Hinzu kommt noch der Entwicklungsstandort in Bukarest/Rumänien.
Seit Juli 2020 bietet Medialine "Workplace as a Service" (WaaS) an. Neu- und Bestandskunden können sich in dem dazugehörigen WaaS-Konfigurator das benötigte Equipment (Hard- und Software) selbst zusammenstellen und ein Angebot von der Medialine AG einholen lassen. In der anschließenden Beratung kann der Kunde herausfinden, ob e sich für ihn lohnt, den IT-Arbeitsplatz inklusive Telefonie zu mieten - für einen festen monatlichen Betrag pro Mitarbeiter.
Bisher war Medialine in der Projektkategorie "Modern Workplace" von Kunden noch nicht als bevorzugter IT-Betreuer gelistet, das könnte sich aber noch 2020 ändern. Denn in den Bereichen "Software und PC-/Server-Infrastruktur" findet man Medialine bereits unter den Top-3-platzierten Systemhäusern. Darüber hinaus hat das Systemhaus 2019 auch bei IT-Security- und Netzwerkprojekten sehr gut abgeschnitten (Platz 2 beziehungsweise 5).
Dicht auf Medialine folgt in der Kundengunst bei den mittelständischen Systemhäusern die Advanced UnitByte GmbH (im Vorjahr noch Dritter in dieser Umsatzklasse). Gleich dahinter hat sich die IT-Haus GmbH behaupten können (im Vorjahr noch Zweite in dieser Umsatzklasse). Der IT-Dienstleister aus Trier konnte sich bereits zum weiderholten Mal unter den Top-3 der kundenfreundlichsten Systemhäuser Deutschlands behaupten.
Verantwortlich dafür ist einerseits eine kluge Personalpolitik - viele Mitarbeiter können schon seit Jahren jeweils aus ihrem Homeoffice heraus ihr Tageswerk verrichten, andererseits geht IT-Haus auch ganz neue Wege bei der Fachkräfte-Akquise ein - etwa mit ganz besonderen "Bewerbungsgesprächen", die schon mal einen Tag in Anspruch nehmen können, und bei denen die Kandidaten das Unternehmen, das um sie wirbt, etwas genauer kennenlernen können.
Kleinere Systemhäuser überzeugen mit sehr guten Kundenbewertungen
Bei der Bewertung der Systemhäuser durch Kunden gilt eine Faustregel: "Je kleiner das Systemhaus, umso besser fallen die Kundenbewertungen aus". Und dies schlägt sich auch in den Bewertungen der Systemhäuser mit Jahresumsätzen unter 50 Millionen Euro. Die Durchschnittsnote beträgt hier 1,60, im Vorjahr: 1,41. Das liegt zum Teil wohl daran, dass kleinere Systemhäuser vorwiegend kleinere Kunden betreuen, die - zumindest was IT-Projekte betrifft - nicht ganz so kritisch sind, wie größere Anwenderunternehmen. Andererseits gibt es auch eine Vielzahl kleinerer Systemhäuser, die als absolute Spezialisten in einer Branche oder in einem Marktsegment, etwa UCC, gelten, und daher auch bei größeren Kunden gute Leistungen abliefern.
In der Umsatzklasse unter 50 Millionen Euro hatte 2020 das Systemhaus Erdmann die Nase vorn - vor Mahr EDV und Microcat. Während das Systemhaus Erdmann hauptsächlich im Rheinland tätig ist, verfügt Microcat über Standorte in ganz Deutschland und Mahr EDV agiert von Berlin auch in Nordrhein-Westfalen. Alle drei gelten als Allrounder, das heißt, sie statten ihre Kunden mit Hard- und Software aus, sind auch bei Störungen zur Stelle und bieten all die dazu nötigen Services an.
Mehr EDV ist darüber hinaus als Managed Service Provider (MSP) tätig und das auch noch recht erfolgreich, was etwa mit Platz Eins in der Rangliste der kundenfreundlichsten MSPs 2020 in der Umsatzklasse unter 50 Millionen Euro dokumentiert ist. Grundlage für diese Auszeichnung bildete ebenfalls eine COMPUTERWOCHE-Umfrage unter Anwenderunternehmen.
Aufsteiger des Jahres
Aus der Systemhaus-Umfrage resultieren noch drei weitere Awards:
für das Systemhaus mit der höchsten Weiterempfehlungsrate
für den Aufsteiger des Jahres
und für den besten "Digital Transformation Enabler"
Letztere Auszeichnung erhält den IT-Dienstleister, der aus Sicht seiner Kunden am meisten dazu beigetragen hat, Prozesse zu verbessern oder mit Hilfe neuer Digitalisierungslösungen neue Geschäftsfelder zu erschließen- und das war laut Kundenurteil das Systemhaus Erdmann, das sich gleich noch einen weiteren Award sichern konnte - den, für den IT-Dienstleister mit der höchsten Weiterempfehlungsrate.
Diese wird ermittelt, indem wir Anwenderunternehmen bitten uns zu sagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 100 Prozent sie das sie betreuende Systemhaus anderen Unternehmen weiterempfehlen würden.
Aufsteiger des Jahres wird der IT-Dienstleister, dessen Bewertung sich im Vergleich zum Vorjahr absolut am meisten verbessert hat. Diesen Award hat sich Atos mit einer beachtlichen Verbesserung des Kundenurteils von 3,53 auf 2,65 redlich verdient.