Geht es um die schiere Größe, gehören IBM und Oracle zu den wichtigsten Playern im weltweiten Public-Cloud-Markt. Im Gartner "Magic Quadrant for Cloud Infrastructure as a Service, Worldwide" landen die beiden IT-Riesen dennoch nur im Bereich der Nischen-Player, noch hinter dem aufstrebenden chinesischen Herausforderer Alibaba Cloud.
Laut aktuellen Zahlen von Synergy Research für den weltweiten Public-Cloud-Markt hat Alibaba Cloud im ersten Quartal 2018 sogar IBM von Rang vier verdrängt und rangiert damit direkt hinter den Top-3-Anbietern AWS, Microsoft und Google. "Im globalen Public-Cloud-Markt zählt Größe", kommentiert John Dinsdale, Chief Analyst und Research Director bei Synergy. "Wer Marktführer sein will, muss permanent investieren, globale Präsenz zeigen und eine weltweite Marke etablieren."
Auf den ersten Blick erfüllen auch IBM und Oracle diese Kriterien. Doch Gartner identifiziert neben den unbestrittenen Vorzügen auch diverse Schwachstellen in deren Portfolios. Um das Gartner-Ranking zu verstehen, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Marktdefinition der Auguren sowie die Stärken und Schwächen der alteingesessenen IT-Giganten in Sachen Cloud IaaS.
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Wie Gartner Cloud IaaS definiert
Gartner definiert IaaS als standardisiertes und hochautomatisiertes Angebot, das Compute-Ressourcen mit Storage- und Networking-Services verbindet. Eigentümer dieser Ressourcen ist der Cloud-Service-Provider, der seine Dienste dem Kunden je nach individuellem Bedarf, sprich "on Demand", zur Verfügung stellt. Die IT-Dienste werden aus einer Single-, einer Multi-Tenant- oder auch einer gemischten Umgebung heraus zur Verfügung gestellt. Es kann sich also um dedizierte oder auch geteilte ("shared") Komponenten handeln. In der Gartner-Definition können diese entweder beim Service-Provider oder aber im Data Center des Kunden gehostet werden. Der Magic Quadrant für Cloud IaaS deckt deshalb sowohl Public als auch Private Cloud IaaS-Angebote ab.
In die Anbieterbewertung flossen zudem nicht nur die IaaS-Dienste selbst, sondern auch zugehörige Management-Tools ein, außerdem sogenannte Cloud-Software-Infrastruktur-Dienste. Dazu gehören etwa Middleware und Database as a Service. Mit neuen Abstraktionstechniken wie Serverless Computing verschwömmen die Grenzen zwischen IaaS und PaaS (Platform as a Service), erläutern die Gartner-Experten. In einigen Fällen könnten die verglichenen IaaS-Dienste deshalb auch in die Kategorie PaaS fallen.
IBM Cloud - Stärken und Schwächen
Mit der Übernahme von Softlayer im Juli 2013 verstärkte IBM sein Cloud-Portfolio. Nach der Migration von Bestandskunden auf Softlayer-Systeme stellte der Konzern im Januar 2014 das hauseigene SmartCloud Enterprise-IaaS-Angebot ein. Seither gab es diverse Veränderungen im Portfolio und im Branding der diversen Cloud-Produkte. Derzeit arbeitet der Konzern daran, die Marken "SoftLayer" und "Bluemix" zugunsten der übergreifenden Marke "IBM Cloud" aufzugeben. Bluemix stand eine Zeit lang nur für Services auf dem PaaS-Layer, später wurden auch IaaS-Dienste aus der Softlayer-Welt unter dem Namen vermarktet.
Zum Zeitpunkt der Gartner-Erhebung im Frühjahr 2018 unterhielt IBM zwei Portale für IaaS: das IBM Cloud Portal (vormals Bluemix-Portal) und das Softlayer Portal. Inzwischen sind alle Infrastruktur-Services über das IBM Cloud Portal verfügbar, das Softlayer-Pendant bedient nur noch einige Bestandskunden.
Zum IaaS-Portfolio gehören unter anderem virtualisierte Server auf Basis von Citrix XenServer, die im Single- oder im Multi-Tenant-Modus angeboten werden. Auch nicht-virtualisierte dedizierte Server (Bare Metal Server) sind verfügbar. Hinzu kommen Open-Stack-basierende Object-Storage-Dienste sowie S3-kompatible Cloud Object Storage-Services, die auf Technik der 2015 übernommen Firma Cleversafe aufsetzen. Eine CDN-Integration (Content Delivery Network) bietet IBM über seine Partnerschaft mit Akamai an.
Auf der PaaS-Ebene gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Dienste, die IBM einst zu seiner Bluemix-Familie zählte. Dazu gehören ein Docker-basierender Container-Service (IBM Cloud Container Service) und der Serverless-Computing-Dienst IBM Cloud Functions (vormals OpenWhisk). Für seine Application Platform as a Service (aPaaS) nutzt IBM Technologien der Open-Source-Plattform Cloud Foundry. Mit "IBM Cloud Private" gibt es zudem eine On-Premise-Variante für die Entwicklung und den Betrieb von Cloud-Anwendungen.
Stärken
Strategisch konzentriert sich IBM auf Kunden mit großen und gewachsenen IT-Umgebungen, darunter viele Mainframe-Nutzer. Ihnen will der Konzern helfen, schrittweise von Cloud-Services zu profitieren. Vor allem der mächtige Servicearm von "Big Blue" soll diese Kunden bei der Cloud-Transformation unterstützen. Die starke Marke und die weltweite Kundenbasis helfen dabei. IBM offeriert seine Services in diversen Sprachen mit jeweils angepassten Verträgen und einer Abrechnung in lokalen Währungen. Vor allem die große Zahl strategischer Outsourcing-Kunden eröffnet Chancen, wenn diese sich für eine graduelle Migration in Cloud-Data-Center entscheiden.
Mit Next Generation Infrastructure (NIG) hat IBM zudem ein breit angelegtes Engineering-Projekt aufgesetzt, aus dem auch neue IaaS-Dienste entstehen sollen. Nach Einschätzung von Gartner ist es damit bereits gelungen, Lücken im vorhandenen Softlayer-Angebot zu schließen, beispielsweise im Bereich Software-defined Networks (SDN). Profitieren könnten von den Entwicklungsarbeiten auch IBMs Dienste für Cloud-native-Anwendungen, insbesondere in Verbindung mit den ambitionierten Plänen im strategisch wichtigen Sektor Cognitive Computing.
Schwächen
Softlayer-Kunden mussten 2017 mit einigen Ausfällen von Infrastrukturdiensten leben, kritisiert Gartner. Auch 2018 habe es Unterbrechungen gegeben, die zum Teil auf Patches in Verbindung mit den Sicherheitslücken Meltdown und Spectre zurückzuführen waren. IBM arbeite an diesen Problemen. Insgesamt sei das einstige Softlayer-Portfolio noch zu sehr auf die Belange von kleinen und mittelgroßen Unternehmen zugeschnitten. Viele Cloud-IaaS-Funktionen, die etwa große Enterprise-Kunden benötigten, suche man vergebens.
IBMs Cloud-Portfolio erscheine zudem nicht gerade aus einem Guss, lautet ein weiterer Kritikpunkt. So sei zwar die Softlayer-Infrastruktur in 16 und der Container Service in 12 Ländern verfügbar. Der Rest der IBM Cloud, also vor allem die einstigen Bluemix-Services, werde derzeit aber lediglich in vier Ländern angeboten. Diese Einschränkung gelte auch für Infrastruktur-nahe Dienste wie IBM Cloud Functions.
Für die ehrgeizige NGI-Initiative gibt es bisher weder Release-Daten noch Betaversionen. Die Gartner-Auguren vermissen zudem Details zu den geplanten Services. Kunden müssten deshalb mit einer gewissen Unsicherheit bezüglich IBMs Roadmap zurechtkommen. Das Problem betreffe nicht nur die Nutzer, sondern auch IBMs Partner und damit im Grunde das gesamte Ökosystem.