Work-Life-Integration

Wie Arbeit und Freizeit sich vermischen



Holger Reisinger schreibt als ICT-Experte über New Ways of Working, Mobile und Knowledge Worker, Collaboration, Concentration, Conversation und Communication. Als Senior Vice President Jabra Business Solutions, Product Management, Strategic Alliances and Global Accounts setzt er sich für mobile Arbeitsplatzgestaltung als wichtiges Instrument moderner weltweit agierender Unternehmen bei gleichzeitiger Optimierung der Mitarbeiterleistung durch Echtzeit-Konferenzen und Zusammenarbeit ein.
Die Zeiten sind längst vorbei, als auf acht Stunden Arbeit zuverlässig der Feierabend folgte. Statt "Work-Life-Balance" heißt es heute "Work-Life-Integration" - flexible Arbeitszeiten für ein erfüllteres Leben und weniger Stress.

Telefonkonferenzen am frühen Morgen, abendliche Dinner-Meetings und mehr als nur ein paar Samstagabendflüge nach Übersee bestimmen heute schon den Arbeitsalltag vieler Berufstätigen. Den klassischen Arbeitstag von 9.00-17.00 Uhr, wie er noch bei den Eltern und Großeltern üblich war, gibt es heute nicht mehr.

Arbeit und Pirvatleben wachsen immer mehr zusammen.
Arbeit und Pirvatleben wachsen immer mehr zusammen.
Foto: bernd.neeser-shutterstock.com

Verschwunden ist auch die damit verbundene Idee der "Work-Life-Balance", ein Begriff, der noch vor etwa zehn Jahren populär war. Damals trennte man Arbeit und Privatleben noch strikt voneinander. Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren hat dieses Konzept zu einem Relikt werden lassen: Das Arbeitsleben ist heute leistungsorientierter, schneller und globaler. Es fordert die Verfügbarkeit rund um die Uhr.

Flexible Wahl des Arbeitsplatzes

Moderne Technologien ermöglichen die ständige Erreichbarkeit und bieten eine flexible Wahl des Arbeitsplatzes. Zudem ist die Generation der Millennials, auch Generation Y genannt, neuen Arbeitsmodellen gegenüber aufgeschlossener und bringt frischen Wind in die Arbeitswelt.

Alle diese Faktoren haben die ehemals strikte Trennung von Arbeitszeit und Freizeit verwischt. Heute ist das Ende des Arbeitstages nicht mehr an eine bestimmte Uhrzeit gebunden. Regelmäßig schauen Berufstätige nach dem Abendessen Reports durch, lesen Texte und verschicken E-Mails. Umgekehrt verrichten sie Tätigkeiten während der Arbeitszeit, die bis vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wären: Sie erledigen Besorgungen, führen private Telefongespräche und pflegen sogar Facebook-Kontakte vom Büro aus.

Daraus lässt sich ableiten, dass die Work-Life-Balance durch ein neues Paradigma ersetzt worden ist: das der Work-Life-Integration. Es geht nicht mehr darum, wann oder wie viele Stunden Arbeitnehmer arbeiten. Wichtig ist heute nur noch, dass die Arbeit erledigt wird - unabhängig von Zeit und Ort.

Anregungen für die erfolgreiche Umsetzung

Wie lassen sich Arbeit und Familie aufeinander abstimmen, ohne einen der beiden Bereiche zu vernachlässigen? Hier sind einige Ideen, wie sich beide Lebensbereiche erfolgreich koordinieren lassen:

  • Den Wandel akzeptieren. Die Work-Life-Integration ist ein neues Arbeitsmodell, das wir akzeptieren sollten, da es sich über kurz oder lang etablieren wird. Ziel des Modells ist nicht, mehr zu arbeiten. Ziel ist es, dieselbe Stundenanzahl wie bisher zu arbeiten, dabei aber familiäre und persönliche Angelegenheiten flexibler in den Arbeitsalltag einzubinden. Indem beide Lebensbereiche besser ausbalanciert sind, lässt sich Stress reduzieren und die Sorge verschwindet, einem der beiden Bereiche zu viel oder zu wenig Aufmerksamkeit zu widmen.

  • Verantwortung übernehmen. Die Work-Life-Integration erfordert eine größere Eigenverantwortlichkeit. Arbeitnehmer müssen sich ihrer Verantwortung dem Arbeitgeber gegenüber bewusst sein - ohne einen Chef, der jeden Arbeitsschritt überwacht. Trotz geänderter Rahmenbedingungen gilt es, Arbeit nach wie vor verantwortungsvoll und im dafür vorgesehenen Zeitrahmen zu erledigen und auf Anfragen von Kollegen rechtzeitig zu antworten.

  • Zum Organisationstalent werden. Mit einem gut organisierten Arbeitsplan lassen sich Arbeit und Familie erfolgreich koordinieren. Sinnvollerweise sollten die Arbeitszeiten in die Phasen gelegt werden, in denen die persönliche Leistungsfähigkeit am höchsten ist. Die unproduktiveren Phasen dagegen könnten für ein nachmittägliches Workout oder andere persönliche Verpflichtungen genutzt werden.

  • Grenzen setzen. Es wird immer Zeiten geben, in denen Arbeits- und Privatleben miteinander kollidieren. Deshalb ist es wichtig, Grenzen zu setzen. Eine gesunde Work-Life-Integration bedeutet letzten Endes zu wissen, wann man "Nein" sagen muss. Steht zum Beispiel ein wichtiger Schultermin des eigenen Kindes an, kann, in Absprache mit den Kollegen, die Arbeit in dieser Zeit für ein paar Stunden ruhen, vorausgesetzt, die Kollegen können sich darauf verlassen, dass wichtige Anfragen zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden.

  • Technologien nutzen. Mitarbeiter können nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Videokonferenzen und andere Technologien können dabei helfen, Distanzen zu überbrücken. Eine Videoübertragung kann hilfreich sein das Gefühl von Anwesenheit herzustellen, wenn bei einem Meeting die persönliche Anwesenheit nicht entscheidend oder einfach nicht möglich ist.

  • Flexibel sein. Flexibilität ist das Wichtigste für eine gelungene Work-Life-Integration. Hier sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen gefragt. Niemand möchte um neun Uhr abends an einer Telefonkonferenz teilnehmen. Wenn Mitarbeiter dafür aber einen Montagnachmittag mit den Kindern verbringen können, ist es das wert. Es ist die Aufgabe der Unternehmen, ihren Beschäftigten diese Flexibilität und Autonomie zu garantieren. Nur so lässt sich die Work-Life-Integration erfolgreich umsetzen. Die moderne Arbeitswelt sollte sich vom Modell fester Arbeitszeiten verabschieden - es existiert nicht mehr und wird auch nie wieder existieren.

Fazit

Ein Blick in die Terminkalender vieler Arbeitnehmer zeigt: Work-Life-Integration ist längst Realität. Lassen sich Arbeits- und Freizeit erfolgreich aufeinander abstimmen, leben Menschen glücklicher, erfüllter und sind produktiver - in der Arbeit und zu Hause. (haf)

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