2. Mit Farbe führen
Der Einsatz von Farbe spielt bei der Gestaltung von Webseiten seit jeher eine besonders große Rolle. Diese Rolle der Farbe ist inzwischen sogar noch tragender geworden. Der Grund dafür ist wieder unser verändertes Nutzungsverhalten im Web: Wir wollen immer schneller und visueller geführt werden und uns nicht nur lesend und arbeitend durch ein Angebot bewegen.
Farbe hilft uns dabei, weil wir die Farbe und ihre von uns gelernte oder emotionale Bedeutung blitzschnell erfassen können. Farbe teilt uns etwas mit - und das tut sie unschlagbar schnell. Ob es eine rote Fehlermeldung ist oder grüne Häkchen bei einer Vorteilskommunikation, in beiden Fällen unterstützt der adäquate Einsatz von Farbe visuell die Aussage und Funktion des entsprechenden Moduls. Hier ein kleines Beispiel, wie "falsch" eine grüne Fehlermeldung oder rote Häkchen einer Vorteilskommunikation auf uns wirken.
Farbe kann uns auch grundsätzlich kommunizieren: "Hier geht’s lang." Daher ist es unerlässlich, den wesentlichen Call-to-Action, wie zum Beispiel den "In den Warenkorb"-Button, schön auffällig und unbedingt farbig zu gestallten. Ein Button in Hellgrau - Designer sagen auch gern Silber dazu - wirkt eben leider wie ausgegraut, also wie inaktiv.
Gerade im E-Commerce orientieren wir uns ganz stark an der Farbe und lernen deren Funktion sehr schnell, vorausgesetzt, die Farbe wird stringent eingesetzt. Ein Beispiel dafür: alle klickbaren Elemente sind in einer einzigen Interaktionsfarbe gehalten.
Es ist sehr zu empfehlen, Farbe anhand ihrer Bedeutung und Funktion einzusetzen - und nicht wahllos, weil es zum Beispiel "einfach gut aussieht". Bei netz98 sind wir allerdings der Meinung, dass Farbe jahrelang auch dann regelmäßig falsch eingesetzt wurde, wenn es um das Thema Farbcode ging. Die Theorie "Wenn wir unsere Rubriken unterschiedlich einfärben, helfen wir dem Nutzer bei der Orientierung" ist zwar klar und erfrischend einfach, sie scheitert aber in der Praxis.
Ein Farbcode ist sicher nicht grundsätzlich schlecht oder störend. Allerdings macht er eine Seite vor allem bunt - und das ohne wirklichen Nutzen. Warum bleibt dieser Nutzen aus? Wie beschrieben haben unterschiedliche Farben eine unterschiedliche Wirkung und Bedeutung - eine, die wir alle intuitiv erleben. Blau steht zum Beispiel für Verlässlichkeit und Seriosität, aber nicht für Kindermoden; Gelb macht uns ganz automatisch auf ein tolles Sonderangebot aufmerksam und steht nicht für Möbel; Grün sagt uns "Alles bestens", aber nicht "Hier gibt’s Schuhe".
Wenn wir also die intuitive Grundbedeutung der Farbe bei ihrem Einsatz mit einbeziehen, helfen wir dem Nutzer wirklich. In allen anderen Fällen muss der Nutzer den neuen, willkürlich definierten Farbcode eines Shops erst lernen - und zwar auf jeder Seite, die einen spezifischen Farbcode beinhaltet, neu. Was das Problem verschärft: Farbcodes werden gerade dann sehr gerne integriert, wenn ein Angebot besonders umfangreich ist. Wenn jede Rubrik ihre eigene, willkürliche Farbe bekommt, wird der Nutzer von der Komplexität des Farbcodes schlicht erschlagen. Statt klarer Gliederung nehmen wir nur noch Buntheit wahr.
Der Otto-Farbcode beispielsweise beinhaltet gleich drei leicht unterschiedliche Blautöne. Ob das eine wirkliche Hilfe für den Nutzer ist, darf bezweifelt werden.