4. Unterschiedliche Einstiege und Wege bieten
Für gute Usability ist es wichtig, möglichst vielen Nutzern einen geeigneten Weg durch das Angebot aufzuzeigen, der ihrem Use-Case adäquat ist. Findet ein Nutzer keinen passenden Einstieg, wird er dadurch schlicht ausgeschlossen und ist als möglicher Kunde verloren. Wer möglichst wenig Nutzer ausschließen will, sollte bei allen interaktiven Elementen eine Entweder-oder- Strategie vermeiden.
Für den Link zur Startseite gibt es beispielsweise inzwischen mehrere gelernte Darstellungsformen: oben rechts in der Metanavigation, als erster Hauptnavigationspunkt, unterhalb des Logos und natürlich in Gestalt des Logos selbst. Die Annahme, es reiche zum Beispiel aus, einfach das Logo zu verlinken, da das "ja eh jeder kennt", führt unweigerlich zu einem Ausschluss der Nutzer, die diesen Link stattdessen etwa in der Metanavigation erwarten und suchen.
Bei einer Eye-Tracking-Studie hat eine Probandin über 30 Sekunden gebraucht, um auf Amazon einen Link zur Startseite zu finden. Für einen Internet-Nutzer fühlt sich das wie eine absolute Ewigkeit an. Man darf davon ausgehen: wäre die Probandin in einer echten Besuchssituation auf der Amazon-Site gewesen, hätte sie längst aufgegeben und ihren Besuch abgebrochen.
Bei den drei klassischen Haupteinstiegen Navigation, Suche und beim Einstieg über visuelle Teaser sind zwei Dinge besonders wichtig: dass es sie gibt und dass sie adäquat dargestellt sind. Findet ein Nutzer mit einer dieser Surf-Vorlieben sehr schnell "seinen" Einstieg, ist er damit zufriedengestellt - und es stört ihn auch nicht, dass noch andere, redundante Wege existieren.
Heine löst die adäquate Darstellung der unterschiedlichen Einstiege sehr gut: Die Navigation ist klassisch und erlernt, die Suche ist sehr prominent, und die Teaser sind besonders visuell.
Weniger gut macht dies die französische Seite 3suisses.fr. Hier ist die Suche wenig prominent gestaltet und platziert, und die Hauptnavigation wirkt nicht wirklich gebräuchlich und bekannt.
Im E-Commerce ist es sehr wichtig, die unterschiedlichen Use-Cases zu beachten. Die meisten Online-Shops bedienen in erster Linie den klassischen Use-Case: Der Nutzer weiß schon ziemlich genau, nämlich bis auf Ebene der Kategorie, was er sucht. Nicht immer sind die Nutzer jedoch auf der Suche nach Artikeln aus einer bestimmten Rubrik wie "Hose" oder "MP3-Player".
Da ist die Braut, die einfach etwas schönes Blaues sucht, der Mann, der seiner Frau etwas Elegantes schenken möchte, oder die Frau, die einfach mal sehen möchte, was es in einem Online-Shop in ihrer seltenen Größe alles für Oberteile gibt. In all diesen Fällen gilt: Durch eine interaktive Filtersuche, durch Produktfinder und Funktionsteaser gibt es inzwischen vielfältige Möglichkeiten, genau solche Einstiege auch tatsächlich anzubieten.
Filtersuchen, Produktfinder und Funktionsteaser sind auch probate Mittel, um die Nutzer intuitiv zu führen. Wenn es ein besonders breites und großes Angebot gibt oder wenn diverse Unterzielgruppen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen existieren, dann ist die Herausforderung, möglichst viele Nutzer abzuholen, besonders groß. Ein Mittel ist hier die klassische Portal-Strategie: für jede Untergruppe gibt es eine eigene Tür. Dies ist leider nicht sehr intuitiv, der Nutzer muss auch hier wieder viel lesen und selber entscheiden, in welche Schublade er passt.
Genau hier liegt der Kernpunkt: Wir lassen uns nicht gerne in Schubladen stecken, und oft gibt es auch keine, die für uns wirklich zutreffen würde. Besser ist es darum, die unterschiedlichen Nutzer intuitiv über spezifische Teaser abzuholen oder ihnen über Filtersuche oder Konfiguratoren einen Weg anzubieten, auf dem sie sich mit jedem einzelnen Klick das Angebot immer passgenauer zurechtkürzen können. Das heißt: der Shopbetreiber lässt die Nutzer selbst entscheiden - ohne sie in offensichtliche Schubladen zu stecken.