Bargeld-Zahlung immer unbeliebter

Immer mehr Deutsche fordern elektronische Bezahlmöglichkeiten

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Zwei Drittel der Bundesbürger ärgern sich, wenn sie nicht mit Karte oder Smartphone bargeldlos bezahlen können, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Bitkom. 62 Prozent sind sogar der Meinung, der Gesetzgeber sollte Geschäfte dazu verpflichten, mindestens eine elektronische Bezahlmöglichkeit anzubieten.

Bargeldlose Bezahlmethoden werden bei Deutschen immer beliebter. Zwei Drittel ärgern sich inzwischen sogar, wenn sie in Geschäften oder in Restaurants nicht bargeldlos mit Karte oder mit Smartphone bezahlen können, so das Ergebnis einer Umfrage des Bitkom unter 1.005 Bundesbürgern ab 16 Jahren. Vor einem Jahr lag der Anteil der Bargeldlos-Befürworter erst bei 53 Prozent.

Bezahlung über das Smartphone gewinnt in Deutschland - ebenso wie andere, bargeldlose Bezahlarten - immer mehr an Akzeptanz. Kritiker fürchten Einschnitte in die Privatsphäre, mögliche Ausgrenzung sozial Schwacher und zunehmende Cyberkriminalität mit Fokus auf Bezahlmethoden.
Bezahlung über das Smartphone gewinnt in Deutschland - ebenso wie andere, bargeldlose Bezahlarten - immer mehr an Akzeptanz. Kritiker fürchten Einschnitte in die Privatsphäre, mögliche Ausgrenzung sozial Schwacher und zunehmende Cyberkriminalität mit Fokus auf Bezahlmethoden.
Foto: Uber Images - shutterstock.com

Aktuell sind zudem 62 Prozent sind der Ansicht, dass Geschäfte gesetzlich verpflichtet werden sollten, mindestens eine elektronische Bezahlmöglichkeit anzubieten. Vor einem Jahr hatten dieser Forderung nur 50 Prozent der Befragten zugestimmt. Der Bitkom selber hat der Bundesregierung in einem im November 2018 veröffentlichten Positionspapier empfohlen, die Akzeptanz mindestens einer elektronischen Bezahloption an jedem Point-of-Sale verpflichtend vorzuschreiben.

"Es passt nicht in die digitale Zeit, dass Kunden zur Bargeld-Zahlung gezwungen werden. Bitkom setzt sich deshalb für eine Wahlfreiheit beim Bezahlen ein, die an jedem Point of Sale mindestens eine elektronische Bezahlart verpflichtend vorsieht", sagt dazu Julian Grigo, Bereichsleiter Digital Banking & Financial Services beim Bitkom.

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In der Altersgruppe zwischen 16 und 29 Jahre gaben 71 Prozent der Befragten an, dass sie sich "häufig über den Zwang zu Bargeld ärgern". Fast ebenso viele (70 Prozent) schließen sich der Bitkom-Forderung nach mindestens einer elektronischen Bezahlart in jedem Geschäft an. Bei den Befragten über 65 Jahren würden 62 Prozent bei Händlern und Gastronomen gerne öfter mit Karte oder Smartphone bezahlen. Immerhin 58 Prozent halten die Pflicht für mindesten eine bargeldlose Bezahlmöglichkeit für eine gute Idee.

Die vom Bitkom Befragten Deutschen sind 2019 wesentlich aufgeschlossener gegenüber elektronischen Bezahlarten als noch 2018. Inzwischen fordert sogar eine deutliche Merhheit vom Gesetzgeber, Händler auf mindestens ein elektronisches Bezahlverfahren zu verpflichten.
Die vom Bitkom Befragten Deutschen sind 2019 wesentlich aufgeschlossener gegenüber elektronischen Bezahlarten als noch 2018. Inzwischen fordert sogar eine deutliche Merhheit vom Gesetzgeber, Händler auf mindestens ein elektronisches Bezahlverfahren zu verpflichten.
Foto: Bitkom

"Von einer flächendeckenden Möglichkeit, elektronisch zu bezahlen, würden Kunden, Händler und der Staat profitieren. Elektronisches Bezahlen spart Zeit und Kosten und führt zu mehr Steuerehrlichkeit", wirbt Grigo für die Bitkom-Vorschläge. Es gehe dabei nicht um die Abschaffung des Bargelds, sondern "ein Mehr an Freiheit für alle Kunden". Vor einem "ideologischen Kampf Für und Wider das Bargeld" warnt Grigo daher.

Argumente gegen bargeldlose Bezahlvarianten

Datenschutzbeauftrage, Datenschützer, Digitalaktivisten und Verbraucherschützer sehen das anders. Während der Bitkom "Wahlfreiheit" als Verpflichtung des Handels zu mindestens einer elektronischen Bezahlart definiert, sehen sie "Wahlfreiheit" als Verpflichtung, Bargeld auch künftig zu akzeptieren. Die Diskussion wird spätestens seit Veröffentlichung einer Richtlinie der EU-Kommission zu "E-Money Services" 2012 geführt.

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Befürworter elektronischer Bezahlverfahren führen seitdem für die Abschaffung des Bargelds Argumente wie höheren Zahlungskomfort, Behinderung von Korruption durch Nachverfolgbarkeit von Zahlungen sowie die Überlegung ins Feld, dass dadurch Bank-, Laden oder Tankstellenüberfälle unattraktiv würden.

Bargeld-Befürworter fürchten dagegen den Verlust der Anonymität beim Einkauf, erhebliche Probleme für Menschen, die als kreditunwürdig eingestuft werden sowie die Gefahr, dass Menschen vollkommen aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben verdrängt werden, wenn ihnen technische Zahlungsmöglichkeiten verwehrt werden. "Zudem ist die Gefahr, dass alle gesammelten Informationen einander zugeordnet und auf ihrer Grundlage Personenprofile erstellt werden können, ein durchaus denkbares Szenario", heißt es zudem von Datenschutzexperten.

Euro-Bargeld ist nach wie vor das einzige Zahlungsmittel, das niemand ohne rechtliche Nachteile ablehnen kann.
Euro-Bargeld ist nach wie vor das einzige Zahlungsmittel, das niemand ohne rechtliche Nachteile ablehnen kann.

Außerdem rechnen Kritiker mit einem deutlichen Anstieg der Cyberkriminalität. Die sieht grundsätzlich auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) so. In einer FAQ-Liste weist sie ausdrücklich darauf hin, dass bei Online-basierten Bezahlverfahren grundsätzlich verschiedene IT-Risiken zu beachten sind. Beispielsweise könnten persönliche Daten und Kontoinformationen gestohlen und anschließend missbräuchlich verwendet werden. Auch im stationären Handel sei das Risiko eines Datendiebstahls nicht vollständig ausgeschlossen.

So sei "es theoretisch möglich, Daten von NFC-fähigen Karten oder Smartphones via Funk oder entsprechender Schadsoftware auszuspähen. Eine weitere Gefahr besteht bei Verlust oder Diebstahl des NFC-Geräts, indem Fremde - wenn auch nur für kleinere Beträge, die noch keine PIN-Eingabe erfordern - bis zur Sperrung einkaufen gehen können." In einem weiteren Beitrag erläutert das Amt die umfangreichen aufsichtsrechtlichen Vorschriften für Zahlungsdienste und das E-Geld-Geschäft.

Argumente für den Erhalt von Bargeld

In einem gemeinsamen offenen Brief an den damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprachen sich schon 2016 Verbraucherschützer, Datenschützer, Informatiker sowie die Vereine Digitalcourage und Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung (AKV) für die Beibehaltung von Bargeld aus. Anlass war das damals geplante Verbot von Bargeldtransaktionen über 5.000 Euro. Neben den bereits genannten Argumenten aus Datenschutzsicht betonten sie, dass Euro-Bargeld nach wie vor das einzige Zahlungsmittel sei, das niemand ohne rechtliche Nachteile ablehnen könne. Auch die erhofften Effekte bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit und Kriminalität seien Experten zufolge nur sehr gering.

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Ebenfalls sei Bargeld beim privaten Kauf und Verkauf von Gebrauchtwaren, auf Märkten sowie zum Beispiel bei der Bezahlung von Musikern bei kleineren Veranstaltungen üblich und unersetzlich, von Geldgeschenken z. Bsp. an Umzugshelfer mal abgesehen. Der damalige Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele sowie Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatten sich im Rahmen der Diskussion ebenfalls für die Beibehaltung von Bargeld ausgesprochen.

Bei einer im April 2017 durchgeführten Umfrage der EU-Kommission zur Einschränkung von Barzahlungen sprach sich eine deutliche Mehrheit der über 30.000 Teilnehmer dagegen aus. Über 94 Prozent lehnten Einschränkungen von Barzahlungen in der EU ab. Für fast 87 Prozent ist Barzahlen "eine essenzielle persönliche Freiheit". Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer finden Barzahlen schlichtweg praktisch.

Das Netzwerk Datenschutzexpertise hatte bereits im Dezember 2016 ein Gutachten von Thilo Weichert zum Recht auf Anonymität finanzieller Transaktionen vorgelegt. Weichert war von 2004 bis 2015 Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein und Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) in Kiel. Demnach verstößt die damals im Zuge der Neuregelung der Geldwäscherichtlinie vorgesehene Senkung des Schwellenwertes zulässiger Prepaidverfahren und das Ende der Anonymität bei Online-Zahlungen mittels E-Geld gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des deutschen Grundgesetzes und der Europäischen Grundrechte-Charta.

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