Viele Unternehmen werden immer noch nach dem Vorbild militärischer Einheiten geführt, denn das Militär hat seine Soldaten von jeher in hierarchische Ordnungen gepresst. Die dort angewandten Ideologien, Techniken und Praktiken haben sich schließlich auch unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen wie einem Krieg bewährt. Bekanntlich sind beim Militär einige oberste Befehlsgeber für die Definition der Ziele und die Entwicklung der Strategie zuständig, welche dann im weiteren Verlauf der Befehlskette taktisch und operativ umgesetzt werden.
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Und wie verhält es sich in so manchem Unternehmen? Auch dort existieren ein für Ziele und Strategie zuständiges Management sowie eine Befehlskette über diverse Abteilungen und (viele) hierarchische Ebenen in unterschiedlichen Organisationsformen. Je nach angewandten Führungsgrundsätzen sind die Steuerungs-, Incentivierungs- und Motivationsinstrumente unterschiedlich.
Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt
Während Soldaten früher zwangsrekrutiert wurden und Berufssoldaten einschlägige vertragliche Verpflichtungen eingehen, sind auch die Arbeitsverträge der Beteiligten in Unternehmen leicht erklärt: Der Arbeitnehmer verkauft dem Arbeitgeber einen Teil seiner Zeit, innerhalb derer er leistungsbereit und leistungsfähig die ihm zugewiesenen Arbeiten erledigt. Hierfür erhält er eine Vergütung, die er zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes benötigt. Fehlverhalten wird unter Berücksichtigung gesetzlicher Rahmenbedingungen entsprechend geahndet, sodass auch hier gezielt Druck aufgebaut und zur Leistungserbringung "motiviert" werden kann.
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Unsere Gesellschaft funktioniert seit Jahrhunderten auf diese Weise und jede Zeit stellte die Unternehmen vor jeweils eigene Herausforderungen. Die derzeitige Herausforderung besteht darin, dass viele Unternehmen kaum noch Bedarf an Arbeitern mit gewöhnlichen Fertig- und Fähigkeiten haben, denn Computer, Roboter und andere digitale Technologien eignen sich diese Fertig- und Fähigkeiten mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit an. Dies konstatierten die MIT-Ökonomen Andrew McAfee und Erik Brynjolfsson schon in ihrem Buch "The Second Machine Age". Umso dringender werden aber Mitarbeiter mit außergewöhnlichen Fertig- und Fähigkeiten gesucht. Diese allerdings von sehr vielen Unternehmen, sodass die Top-Fachkräfte in der günstigen Position sind, sich ihren Arbeitgeber aussuchen zu können.
Top 10 der Anforderungen an Arbeitgeber
Wenn ein Unternehmen im Wertschöpfungsprozess auf die Mitarbeit exzellenter Fachkräfte angewiesen ist, dann empfiehlt es sich, deren Präferenzen zumindest zu kennen, um eine Chance zu bekommen, sich hierauf einzustellen. Die Universität Bamberg stellte auf dem letzten Monster-Symposium im März 2015 hierzu interessante Untersuchungsergebnisse vor.
Auf die Frage, was sich die Kandidaten von einem "perfekten Arbeitgeber" wünschen, wurden Umfrageergebnisse aus dem Jahr 2004 mit aktuellen aus dem Jahr 2014 verglichen. Die befragte Gruppe bestand aus GenY, GenX sowie Baby Boomers und antwortete statistisch nahezu identisch.
2004 | 2014 | |
Platz 1 | Tätigkeit (Inhalt, Vielfalt) | Arbeitsklima |
Platz 2 | Gehalt | Flexible Arbeitszeiten |
Platz 3 | Arbeitsklima | Karrieremöglichkeiten |
Platz 4 | Sicherer Arbeitsplatz | Offen, Wissensweitergabe |
Platz 5 | Karrieremöglichkeiten | Work-Life-Balance (Wert) |
Platz 6 | Weiterbildung | Flache Hierarchien |
Platz 7 | Unternehmenswerte | Work-Life-Balance (Job) |
Platz 8 | Flache Hierarchien | Nachhaltigkeit |
Platz 9 | Flexible Arbeitszeiten | Home Office |
Platz 10 | Work-Life-Balance | CSR |
Auffällig ist, dass das Gehalt im Jahr 2014 bei den ersten 10 Punkten keine Rolle mehr spielt (Platz 12) und die Themen, die auf ein ausbalanciertes Leben einzahlen, an Bedeutung gewonnen haben. Dies führt dazu, dass die alte Formel "Ich gebe dir meine Zeit und du mir dafür Geld" nicht mehr so funktioniert wie früher. Die die Mitarbeiter haben ebenfalls den Wert von (Lebens-) Zeit erkannt und wollen sich nicht mehr einfach nur "verkaufen". Dies bringt alte Denkmodelle völlig ins Wanken.
Die Unterteilung in Arbeits- und Freizeit beispielsweise impliziert, dass man während der Arbeitszeit unfrei ist. Oder der vielgehörte Satz "erst die Arbeit, dann das Vergnügen" macht deutlich, dass der Nutzer dieser geflügelten Worte die Arbeit eben nicht als Vergnügen einstuft. Manager, die so denken, handeln auch entsprechend und schaffen ein Arbeitsumfeld, welches sich durch Zwänge und Unfreiheit auszeichnet.
Die Frage ist aber, ob dies tatsächlich so nötig oder gar sinnvoll ist? Verständlich, dass jemand, den man (gegen seinen Willen) in einen Krieg schicken möchte, ein enges Führungskorsett benötigt. Es ist auch nachvollziehbar, wenn sich solche Führungsmodelle in der Montanindustrie oder in anderen vergleichbaren Arbeitsumfeldern, in denen sich Mitarbeiter mit "gewöhnlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten" verdingten, ebenfalls bewährt haben. Aber wie sind denn die Rahmenbedingungen derzeit? Wir reden über Top-Fachkräfte in einem freien Umfeld, die ihr jeweiliges Leben genießen möchten und für die ihre Arbeit ein wichtiger Inhalt sein soll, aber kein Joch, von dem sie sich nicht befreien können.