Die Großen im weltweiten Cloud-Geschäft werden immer mächtiger, kleinere Anbieter verlieren an Boden. Diese Entwicklung lässt sich schon seit einigen Jahren beobachten. Zumindest im internationalen Maßstab gehört auch der Cloud-Arm der chinesischen Alibaba Group zu den ganz Großen. Glaubt man einschlägigen Marktprognosen, wird der Branchenprimus Amazon Web Services im Bereich Cloud Infrastructure as a Service (IaaS) und Platform as a Service (PaaS) zwar weiter wachsen. Doch die Verfolger Microsoft, Google und Alibaba legen deutlich schneller zu.
Das Marktforschungs- und Beratungshaus Gartner verweist insbesondere auf die hohen Wachstumsraten von Alibaba Cloud sowie deren dominierende Position im chinesischen Heimatmarkt. Die Auguren können sich sogar vorstellen, dass in zehn Jahren nur noch zwei Schlüssel-Player den globalen Markt dominieren: AWS und Alibaba.
Das mag nach einer gewagten Prognose klingen, doch die bisher vorliegenden Zahlen von Alibaba Cloud sind durchaus beeindruckend. Im Fiskaljahr 2018 gelang es dem erst 2009 gegründeten Cloud-Provider, den Umsatz gegenüber dem Vorjahr auf umgerechnet 2,135 Milliarden Dollar zu verdoppeln. Mehr als eine Million zahlende Kunden nutzen laut Unternehmensangaben bereits Services aus der Alibaba Cloud.
Seine internationale Präsenz hat der Anbieter in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut. Die mittlerweile 44 Availability Zones erstrecken sich nicht nur über China, Hong Kong oder Singapur, sondern decken Regionen weltweit ab: Europa und die USA gehören ebenso dazu wie Indien, Japan, Australien oder der Nahe Osten. Im November 2016 eröffnete Alibaba Cloud gemeinsam mit dem Partner Vodafone am Standort Frankfurt am Main das erste Data Center in Europa. Eine zweite Availability Zone ging dort im Februar 2018 an den Start.
Alibaba Cloud setzt auf den Heimvorteil
Wie ernst Alibaba seine Ambitionen im auch deutschen Cloud-Markt meint, macht Yeming Wang gegenüber der COMPUTERWOCHE deutlich. Der Deputy General Manager Alibaba Cloud Global spricht von "Killer-Waffen", mit denen man nicht nur den deutschen, sondern gleich den weltweiten Markt erobern wolle. Da sei zum einen die globale Präsenz von Alibaba Cloud, die eben auch den chinesischen Markt einschließe.
Dort könnten andere Cloud-"Hyperscaler" wie AWS oder Google nur sehr eingeschränkt tätig werden. Mit Unterstützung der chinesischen Regierung könne Alibaba zudem international tätigen Unternehmen helfen, nach China zu expandieren - ein Privileg, das US-amerikanischen Konkurrenten wohl auf Dauer versagt bleiben wird.
In technischer Hinsicht will Wang insbesondere mit dem breiten Portfolio an KI-Services (künstliche Intelligenz) punkten. Damit sei man in der Lage, auch deutsche Unternehmen in der digitalen Transformation zu unterstützen. Alibaba setzt vor allem auf branchenspezifische Ausprägungen seines KI-Programms "ET Brain". Erste Lösungen sollen potenzielle Kunden aus der Fertigungsindustrie, dem Handel und der Finanzbranche ansprechen. Für die Vermarktung der Cloud-Services in Deutschland zeichnet bislang nur der Partner Vodafone verantwortlich. Künftig will das Management weitere Vertriebspartner gewinnen, darunter auch Managed Service Provider (MSP).