B. Inhaltliche Tragweite der Verpflichtung zur Risikoüberwachung
Es ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei der Einfügung der Verpflichtung von dem Ziel hat leiten lassen, die allgemeinen Pflichten des Vorstandes zu konkretisieren. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass kein klarer Rahmen vorgegeben wurde, in dem sich das Risikoüberwachungssystem bewegen soll und die inhaltliche Bedeutung des § 91 Abs. 2 AktG weitgehend unbestimmt bleibt.
Aufgrund der praktischen Relevanz auf der einen und der Unsicherheit bezüglich der Anforderungen an das Risikoüberwachungssystem auf der anderen Seite verwundert es kaum, dass die Verpflichtung des § 91 Abs. 2 AktG zu den am lebhaftesten diskutierten Gesetzesänderungen des KonTraG zählt und bereits Gegenstand zahlreicher Tagungen war. Zudem finden sich Veröffentlichungen, in denen die Anforderungen an das Risikoüberwachungssystem gem. §91 Abs. 2 AktG skizziert werden. Dabei stehen jedoch zumeist betriebswirtschaftliche oder versicherungstechnische Aspekte im Vordergrund.
In praxi richtet sich das Augenmerk daher auch regelmäßig auf Berichts- und Controllingsysteme. Hierbei wiederum werden etwa der leistungswirtschaftlichen Steuerung, dem Beteiligungscontrolling, dem strategischen (Konzern-) Controlling, dem Treasury Controlling und/oder der so genannten internen Revision unterschiedliche Aufgaben zugewiesen. Die beabsichtigte Änderung des § 171 AktG aufgrund des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes legt dem Abschlussprüfer die Pflicht auf, über "wesentliche Schwächen des internen Risikomanagementsystems bezogen auf den Rechnungslegungsprozess" zu berichten. Spätestens damit wird der der Unternehmensleitung bislang eingeräumte Ermessens Spielraum hinsichtlich der Ausgestaltung des Risikoüberwachungssystems drastisch eingeschränkt. Dem wirtschaftsberatenden Rechtsanwalt drängt sich die Frage auf, inwieweit die Überwachung sich auch auf rechtliche Gesichtspunkte bzw. Risiken zu erstrecken hat und wie ein solches rechtliches Risikomanagement in bestehende Überwachungssysteme integriert werden kann.