Schutzgesetz
Hieraus könnte abgeleitet werden, dass es anders als bei § 93 AktG, § 43 GmbHG bei der Regelung des § 91 Abs. 2 AktG daher nicht lediglich um die gesellschaftsrechtliche Organisation geht, sondern zumindest auch um den Schutz der beteiligten Wirtschaftskreise. Dennoch überzeugt es nicht, § 91 Abs. 2 AktG als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Für § 91 Abs. 2 AktG kann nichts anderes gelten wie für§§ 76, 93 Abs. 2 AktG. Es ist bereits problematisch, den Kapitalmarkt als abgrenzbaren schützenswerten Personenkreis anzusehen, zumal der BGH in BGHZ 125, 366 gerade einer Ausuferung der Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB eine Absage erteilt hat. Auch hält § 91 Abs. 2 AktG dem Vergleich mit dem anerkannten Schutzgesetz § 92 Abs. 2 AktG nicht stand. Die Verzögerung des Insolvenzvertrages verringert die Aussichten der Gläubiger auf eine hinreichende Insolvenzmasse unmittelbar.
Bei den vorgeschalteten internen Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Entwicklungen steht die Verringerung der Vermögensmasse aber noch nicht konkret genug fest. Es sollen gerade erst die Risiken einer negativen Entwicklung festgelegt werden. Die Regelung des § 92 Abs. 2 AktG schützt die Gläubiger vor einer weiteren Verschlechterung der Befriedigungsaussichten, wenn "das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist". Bei § 91 Abs. 2 AktG handelt es sich daher nicht einmal um das gesellschaftsinterne Spiegelbild des § 92 Abs. 2 AktG, sondern lediglich um ein Frühwarnsystem zum Erhalt eines leistungsfähigen Unternehmers.
Haftung der Unternehmensleitung gegenüber Dritten
Für die Haftung der Unternehmensleitung gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Gläubigern bietet § 91 Abs. 2 AktG keine Grundlage. Die Haftung der Unternehmensleistung gegenüber der Gesellschaft gem. §§ 93 Abs. 2 und 3 AktG, 43 Abs. 2 GmbHG ist davon unberührt.
Für die Unternehmensleitung in AG und GmbH gewinnen derartige Haftungstatbestände noch zusätzliche Brisanz, als gerade in der jüngsten Vergangenheit die persönliche Verantwortlichkeit von Unternehmensführern in strafrechtlicher, aber auch in haftungsrechtlicher Hinsicht zunehmend in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses geraten ist, wobei allerdings die Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrates im Vordergrund steht.