Mit solch spektakulären Bildern wie im März 2021 möchte OVHcloud nicht mehr in die Schlagzeilen kommen: Damals vernichtete ein Großbrand das Rechenzentrum des europäischen Cloud-Anbieters in Straßburg komplett. Neben dem materiellen Schaden war der Image-Schaden immens: Viele Kunden hatten in blindem Vertrauen oder aus Unwissenheit über technische und organisatorische Rahmenbedingungen bei der Cloud-Nutzung die günstigsten Angebote genutzt und sich damit gegen die durchaus vorhandenen Backup-Möglichkeiten entschieden - suchten den Fehler aber natürlich beim Provider.
Der hat nach dem Schock seine Hausaufgaben gemacht: Das als SBG5 bezeichnete, neue Rechenzentrum, soll eine neue Ära einleiten. Im Rahmen eines "Hyper-Resilienz-Plans" stellt OVHcloud - das seine Rechenzentren und Server traditionell selber baut - nun Brandschutzmaßnahmen, Ausfallsicherheit und Nachhaltigkeit in den Vordergrund. Im Rahmen und unter den Vorgaben des Strategieplans will OVHcloud bis 2024 weitere 15 Standorte neu einrichten. In Deutschland hat OVHcloud kürzlich mit dem Bau seines zweiten Rechenzentrums in Limburg begonnen. Es soll im 3. Quartal 2023 eröffnet werden. Zudem soll 2024 ein neuer Remote-Standort eröffnet werden.
Grundsätzlich sollen mit dem "Hyper-Resilienz-Plan" sowohl bestehende Standorte erweitert, als auch neue Regionen erschlossen und "durch ein besonders widerstandsfähiges und nachhaltiges Modell" auch neue Anwendungsfälle bedient werden. SBG5 stehe "für die neueste Generation hyperresilienter und nachhaltiger Rechenzentren", teilt OVHcloud mit. Und Michel Paulin, CEO von OVHcloud, erklärt. "Die Eröffnung von SBG5 ist ein starkes Zeichen für diesen industriellen Ansatz, der es uns ermöglicht, die europäischen Werte einer offenen, vertrauenswürdigen und nachhaltigen Cloud zu unseren Kunden in aller Welt zu bringen.
Der Hyper-Resilienz-Plan von OVHcloud
Im Rahmen seines Hyper-Resilienz-Plans will OVHcloud 30 Millionen Euro investieren. Als erstes profitiert SBG5 davon. Die neu errichtete Rechenzentrumsfläche von 1.700 m2 ist in 19 isolierte Räume unterteilt, die wiederum durch Mauerwerk in einzelne Segmente unterteilt sind und eine Feuerbeständigkeit von bis zu zwei Stunden aufweisen. Das Gasfeuerlöschsystem ist nach APSAD R13 und die VESDA-Rauchmeldeanlage nach APSAD R7 eingestuft. Die sieben Stromräume und drei Batterieräume befinden sich außerhalb des Gebäudes - eine wichtige Änderung zu dem abgebrannten Straßburger Rechenzentrum.
Außerdem wird OVHcloud ein neues Rechenzentrum für die Sicherung von Rohdaten (Snapshots) einrichten, das einen relevanten Mindestabstand zum eigentlichen Rechenzentrum einhält. Dieser Service wird zunächst für französische Kunden angeboten. Er soll später "auf das gesamte Portfolio von Lösungen und Standorten" ausgeweitet werden.
Zusätzlich bietet OVHcloud Kunden eine Reihe von Diensten an, die es ihnen erleichtern sollen, Backup und Disaster Recovery durchzuführen Dazu gehören unter anderem Veeam Enterprise (für die Sicherung von VMWare, physischen Windows/Linux-Servern oder NAS) sowie Zerto für die Sicherung und Wiederherstellung von virtuellen Maschinen im Rahmen von Disaster-Recovery-Plänen auf Hosted Private Cloud-Infrastrukturen.
Für November kündigt OVHcloud zudem einen neuen Speicherdienst an. Er heißt Cold Archive und soll es Unternehmen ermöglichen, sogenannte "kalte Daten" (Cold Data) langfristig, sicher und zuverlässig zu speichern. Der Dienst basiert auf vier Mini-Rechenzentren, die über Frankreich verteilt sind. Sie haben untereinander einen Abstand von mindestens 200 Kilometern. "Da alle Standorte miteinander verbunden sind, ist eine permanente Datensicherung mit Redundanzmechanismen in jeder Situation gewährleistet", verspricht OVHcloud. Ergänzt wird das Angebot durch eine bandgestützte Archivlösung. Sie wurde zusammen mit IBM und Atempo entwickelt. Auch sie wird im November 2022.
Fokus auf Nachhaltigkeit
Wie bei Rechenzentren heute üblich, spielen auch beim neuen OVHcloud-Standort SBG5 Energieeffizienz und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Der Betreiber hebt besonders das Wasserkühlsystem für die Serverkomponenten hervor, das einen Wasserverbrauch (WUE) von weniger als 0,2 l/kWh aufweist. Das entspreche einem Glas Wasser für die Kühlung eines Servers während 10 Betriebsstunden.
Der durchschnittliche WUE-Wert liegt bei Cloud-Anbietern laut Zahlen des US Department of Energy bei 1,8 l/kWh. Den besseren Wert erreicht OVHcloud durch ein geschlossenes Kreislaufsystem, den Einsatz von Trockenkühlern und den Verzicht auf Klimaanlagen in den Serverräumen.
Das hilft auch bei der Energieeffizienz: Der PUE-Index (Power Usage Effectiveness) liegt zwischen 1,1 und 1,2. In seinen Schätzungen kam das Uptime Institute 2021 auf einen Branchendurchschnitt von 1,57. "Durch den Einsatz eines Modells, das zur Senkung des Energieverbrauchs von Kühlsystemen und Ventilatoren beiträgt, ist OVHcloud den Verpflichtungen der Branche gegenüber der Europäischen Kommission einen Schritt voraus. Zusammengenommen erfüllen diese Umweltmaßnahmen die höchsten Erwartungen des Marktes und werden den Weg für alle kommenden Installationen der Gruppe bestimmen", teilt das Unternehmen mit.
OVHcloud besitzt durch eigene Fabriken in Croix (Frankreich) und Beauharnois (Kanada) die Kontrolle über die Entwicklung und Produktion seiner Server. Die französische Regulierungsbehörde ARCEP und die französische Agentur für den ökologischen Wandel (ADEME) schätzen, dass 78 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Cloud auf die Herstellung der Hardware zurückzuführen sind. Hier kann OVHcloud eigener Aussage nach punkten, weil es 100 Prozent der Komponenten aufarbeiten oder recyceln könne.
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