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Als Cloud-PBX-Anbieter steht Nfon nicht schlecht da: 665.000 Nutzer, eine Renewal-Rate der Verträge von über 99 Prozent, über 3.000 Vertriebspartner und rund 55.000 Kunden sowie ein Anteil der wiederkehrenden Einnahmen von 90 Prozent am Umsatz. Das sind sehr ordentliche Kennzahlen. Dennoch kam das Münchner Unternehmen in den vergangenen Jahren nicht mehr so richtig voran: Das Wachstum schwächte sich deutlich ab.
Nun hätte man es wie viele andere machen und die Schuld irgendwo bei der Politik und den Nachteilen des Standorts Deutschland suchen können. Bei Nfon war man aber schlauer, hielt sich selbst den Spiegel vor und änderte das, was einem dabei nicht gefiel. "Wir drücken den Reset-Button", versprach CEO Patrick Heider im Vorfeld des Nfon-Partnertags Ende November 2024. Jetzt stellte das Unternehmen vor, was nach dem Druck auf diesem Knopf bereits passierte und noch passieren soll.
Nfon fühlt sich bereit für die nächste Wachstumsphase
Sozusagen mit neuem Outfit und neuer Frisur ist das Unternehmen jetzt an die Öffentlichkeit getreten und hat seinen Anspruch erneuert, paneuropäischer Anbieter werden zu wollen. Erstmals geäußert wurde der 2019. "Da war es vielleicht etwas zu früh dafür", räumt CEO Patrik Heider heute ein. Denn zwar ist Nfon auch in den Nachbarländern aktiv - 80 Prozent des Umsatzes stammen aber immer noch aus Deutschland.
Ein Chance, das zu ändern, wurde in der Pandemie verpasst. Da war auf einmal Video und Chat gefragt. Hier war Nfon mit dem Fokus auf Voice nicht gut aufgestellt und konnte auch nicht so schnell nachziehen, wie wünschenswert gewesen wäre. Das gab anderen Anbietern die Möglichkeit, sich zu etablieren. Zwar konnte Nfon trotzdem weiter wachsen, aber die Wachstumsrate sank deutlich. Und es drohte auch, dass der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer (ARPU) zurückgeht. Das wäre weder für Nfon noch die Partner gut.
Dazu kam, dass Nfon ein Größe erreicht hatte, bei der die Strukturen aus der Startup-Zeit nicht mehr optimal waren. "Wir haben 2023 festgestellt, dass intern und extern etwas getan werden muss, um weiter zu wachsen", erklärt Heider. Nach umfassenden Analysen und Beratungen wurde dann auch einiges getan. Manches davon sehen Partner und Kunden nicht - werden es aber spüren: Das Backend und zahlreiche Prozesse wurden ebenso auf die neuen Gegebenheiten angepasst wie die Cloud-Plattform der Nfon-Angebote. Damit sein man nun, so Heider, für weiteres starkes Wachstum gerüstet.
KI-Strategie ruht auf vielen Säulen
Eine weitere Maßnahme war die Übernahme des Bremer KI-Spezialisten Botario im Sommer 2024. Bereits jetzt tragen dessen Angebote rund fünf Millionen Euro zum Umsatz bei. Viel wichtiger ist aber, dass sie Nfon schnell eine breite Palette an weiteren KI-Angeboten ermöglichen sollen. Damit das klappt, wurde auch Jana Richter als Head of AI & Innovation an Bord geholt. Sie hat nicht nur Technikerfahrung, sondern als ehemalige SAP-Managerin auch Konzernerfahrung. Bei den Walldorfern war sie zuletzt zuletzt Vice President Business AI Experiences, bei Nfon ist sie seit 1. Oktober 2024.
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Mit Nia (Nfon Intelligent Assistant) hat Richter bereits ein KI-Angebot zeigen können. Gestartet ist der Chatbot auf der Nfon-Webseite, um deren Besuchern "schnelle, präzise Informationen zu liefern und ihnen bei ihren Anliegen sofort weiterzuhelfen. Nia sorgt dafür, dass Nutzer jederzeit eine direkte Unterstützung erhalten - rund um die Uhr und ohne lange Wartezeiten", teilt Nfon mit. Zu den Fähigkeiten gehört künftig neben der Beantwortung von Fragen auch die Transkription von Sprachnachrichten und deren Weiterleitung, die Zusammenfassung von Aufzeichnungen und Texten oder die Übersetzung in mehrere Sprachen.
Damit der KI-Zug richtig abgeht, baut Nfon auch neue Entwicklungskapazitäten auf. Ausgewählt wurde dazu ein Standort in der Republik Kosovo. Er soll die Entwicklungsstandorte in Deutschland und Portugal ergänzen.
Richter beschreibt das Ziel so: "Nia ist ein sachkundiger Assistent, der nicht nur rasch Antworten liefert, sondern den Nutzern auch das Vertrauen vermittelt, dass ihre Fragen kompetent und effizient beantwortet werden." Zudem sei Nia ab sofort auch für die Partnerlandschaft im Partnerportal verfügbar. Und eine Besonderheit: Nia kann künftig nicht nur in der Cloud, sondern auch On-Premises genutzt werden.
Dazu hat Nfon-Partner QL IT aus Bremen bereits erste Erfahrungen gesammelt. Wer das spannend findet, der kann nach Zugang zum KI-Partner-Komitee von Nfon fragen. Da sollen Partner gesammelt und vernetzt werden, die sich mit ihrer Expertise und passender Kundenbasis als KI-Partner positionieren und später auch qualifizieren und zertifizieren wollen.
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Großes Potenzial für KI-Ergänzungen sieht Nfon zum Beispiel bei Behörden und im Gesundheitswesen - beides Bereich, mit vielen Anfragen, knappen Ressourcen und hohem Digitalisierungsdruck. Da es dabei aber dann um einen Lösungsverkauf geht, sucht das Unternehmen auch neue Partner, die damit in diesen Bereichen bereits Erfahrung haben - oder die ihr bisheriges Geschäft weiterentwickeln wollen.
KI soll Nfon auch mehr Enterprise-Geschäft ermöglichen
Denn obwohl Nfon durchaus auch große Kunden hat und erfolgreich bedient und im Whitelabel-Geschäft mit Anbietern wie Telefónica, Versatel und der Telekom gut zusammenarbeitet, ist die durchschnittliche Nutzerzahl einer Nfon-Cloud-PBX heute immer noch bei 17 Personen. Den KMU-Bereich will man auch künftig keinesfalls vernachlässigen - man will aber eben die Möglichkeiten im Enterprise-Bereich (der bei Nfon bei 200 Seats beginnt" weitaus besser nutzen.
"Wir wollen allen Partnern helfen, KI zu verkaufen", betont Alexander Wettjen, Vice President Group Sales bei Nfon. Dau stehe man derzeit auch in Gesprächen mit den Nfon-Distributoren Also, Komsa, Michael AG, Tarox und 7Werk. Deen will der Hersteller künftig mehr Aufmerksamkeit schenken und sie sollen dann auch eine aktivere Rolle übernehmen.
Neues Partnerprogramm und mehr Aufmerksamekit für Distributoren
Genaueres folgt in den nächsten Wochen und Monaten - ebenos übrigens wie zum Partnerprogramm. Klar ist: Aus "Nfon Ngage" wird "Nfon Nexus". Neben dem Namenswechsel wird es aber auch das seit der DTS-Übernahme bisher zweigleisige Partnerbetreuung wie schon länger geplant endlich vereinheitlicht.
Zudem soll es für Partner wsentlich einfacher werden, mit Nfon ins Gespräch und ins Geschäft zu kommen und diese Geschäfte dann auch abzuwicklen. Auch da sollen die bereist erwähnten Optimierungen im Backend helfen. Starten wird "Nfon Nexis" zum 1. Juli. Vertriebschef Wettjen sichert aber eine ausreichende Übergangsphase für bestehende Partner zu.
Nfon will raus aus dem "Transformationsjahr"
Nfon übernimmt KI-Spezialisten Botario