Händler auf Amazon, Ebay & Co.

Gesetz soll Umsatzsteuerbetrug eindämmen

14.08.2018
Von Zacharias-Alexis Schneider und  
Christian Kuss ist Rechtsanwalt der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Köln. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt auf IT- und Datenschutzrecht.
Jährlich entgehen dem deutschen Fiskus Steuereinnahmen in Millionenhöhe, weil ausländische Händler, die über große Online-Plattformen vertreiben, keine Umsatzsteuer abführen. Ein neues Gesetz soll das ändern.
Online-Händler liefern Waren aus aller Welt, nahezu in die ganze Welt. Aber wie sieht es mit ihren Steuerabgaben aus?
Online-Händler liefern Waren aus aller Welt, nahezu in die ganze Welt. Aber wie sieht es mit ihren Steuerabgaben aus?
Foto: George Sheldon - shutterstock.com

Ein neues Gesetz nimmt die Betreiber der Online-Marktplätze in die Pflicht. Diese sind danach verpflichtet, bestimmte Daten von den Händlern zu erfassen, die auf dem Online-Marktplatz tätig sind. Diese Daten sollen es den Steuerbehörden ermöglichen, die Händler zu überprüfen. Halten sich Amazon und eBay nicht an das Gesetz, haften Sie selbst für die fehlenden Steuermillionen aus dem Handel über ihre Plattform.

Was ist passiert?

Auf Online-Marktplätzen versammeln sich eine Vielzahl von Händlern aus den unterschiedlichsten Ländern und bieten ihre Waren an. Ein bekanntes Beispiel ist eBay, wo die Kunden Waren aus aller Welt erwerben können. Aber auch Amazon bietet mit dem Amazon Marketplace eine ähnliche Plattform an. Viele der Händler, die ihre Waren auf diesen Plattformen anbieten, stammen aus Fernost oder anderen Nicht-EU-Ländern. Viele Kunden bemerken häufig gar nicht, dass ihre Ware nicht unmittelbar von Amazon, sondern von einem Händler aus China verkauft wird. Wenn man nicht sehr genau darauf achtet und beispielsweise im Impressum des Händlers nachliest, entsteht für den Kunden der Eindruck, sein Produkt werde direkt durch Amazon oder jedenfalls durch einen Händler in Europa verkauft.

Lesetipp: Umsatzsteuerbetrug auf Online-Marktplätzen - Händler kritisieren "Ebay/Amazon-Gesetz"

Die Betreiber der Online-Marktplätze bieten zudem eine ganze Reihe von Dienstleistungen an, die es Händlern aus Drittländern ermöglichen, ihre Waren in Deutschland anzubieten. Den Händlern werden hierbei Lager- und Logistikdienstleistungen zur Verfügung gestellt. Die Händler aus Fernost müssen ihre Waren damit nicht um den halben Globus versenden, sondern der Betreiber des Online-Marktplatzes verschickt die Waren aus einem seiner eigenen europäischen Warenlager. Amazon nennt diesen Service "Fulfillment by Amazon". In diesen Fällen nimmt der Betreiber des Online-Marktplatzes die Bestellung entgegen, wickelt diese ab und beauftragt den Logistik-Dienstleister. Der Kunde überweist das Geld an den Betreiber des Online-Marktplatzes, der Betreiber zieht seine Auslagen und Provisionen ab und überweist den Restbetrag an den Händler in Fernost.

Werden die Waren in Deutschland verkauft, ist der Händler regelmäßig verpflichtet, 19 Prozent Umsatzsteuer an den Fiskus abzuführen. Händler aus Drittländern scheinen diese Pflicht aber nicht allzu ernst zu nehmen und führen die Umsatzsteuer nicht ab.

Als typische Folge der Digitalisierung des Handels kann der staatliche Steueranspruch nicht effektiv durchgesetzt werden, weil sich die Akteure in einem globalisierten Markt dem Zugriff der staatlichen Gewalt entziehen. Daher hat das Bundeskabinett am 1. August 2018 den vom Bundesministerium der Finanzen vorgelegten Gesetzesentwurf zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit Waren im Internet beschlossen. Ab Januar 2019 sollen die Betreiber der elektronischen Marktplätze verpflichtet werden, bestimmte Daten ihrer Händler zu erfassen.

Gesetzesentwurf

Der Gesetzesentwurf ist Bestandteil des Jahressteuergesetzes 2018 und sieht unter anderem die Änderung des Umsatzsteuergesetzes vor. Ausgeflaggtes Ziel des Änderungsgesetzes ist

  • die Sicherstellung von Umsatzsteuereinnahmen im Rahmen des Verkaufs von Waren über elektronische Marktplätze,

  • der Schutz von Umsatzsteuerausfällen sowie

  • der Schutz und die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit von steuerehrlichen Unternehmen.

Hierdurch soll neben der Steuergerechtigkeit ein fairer Wettbewerb von Verkäufern aus dem In- und Ausland gewährleistet werden.

Zu Erreichung der Ziele müssen die Betreiber der elektronischen Marktplätze nach dem neuen Gesetzesentwurf künftig folgende Daten vom Betreiber erfassen:

• Name und Anschrift des liefernden Unternehmens

• Steuernummer und, soweit vorhanden, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

• Versand- und Lieferadresse

• Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes

Darüber hinaus haben ausländische Unternehmer einen Empfangsbevollmächtigten im Inland zu benennen und eine auf maximal 3 Jahre befristete Bescheinigung über ihre steuerliche Erfassung des zuständigen Finanzamtes zu beantragen und zu führen. Die Bescheinigungspflicht besteht jedoch nicht nur für Händler aus dem Drittland, sondern auch für deutsche Händler, die ihre Ware auf den entsprechenden Plattformen anbieten.

Soweit Privatpersonen Waren auf den elektronischen Marktplätzen verkaufen, müssen die Betreiber neben dem vollständigen Namen und der Anschrift zukünftig auch das Geburtsdatum zur eindeutigen Identifizierbarkeit durch das Finanzamt vorhalten.
Soweit Privatpersonen Waren auf den elektronischen Marktplätzen verkaufen, müssen die Betreiber neben dem vollständigen Namen und der Anschrift zukünftig auch das Geburtsdatum zur eindeutigen Identifizierbarkeit durch das Finanzamt vorhalten.
Foto: Denys Prykhodov - shutterstock.com

Der Gesetzgeber geht in der Gesetzesbegründung davon aus, dass der Betreiber des Online Marktplatzes dazu verpflichtet werden kann, unterschiedslos die Daten der Händler zu erfassen, weil dieser es den Nutzern seines Marktplatzes ermögliche, steuerpflichtige Umsätze zu erzielen. Er kann ohne nennenswerten Aufwand die erforderlichen Informationen über die Händler beschaffen. Durch die Notwendigkeit eines Empfangsbevollmächtigen soll zudem sichergestellt werden, dass Bescheide gegenüber dem ausländischen Händler wirksam im Inland zugestellt werden können.

Die sicherlich bedeutendste Neuerung liegt aber nicht in den erhöhten Administrationspflichten der Händler, sondern der zukünftigen Haftung des Betreibers von elektronischen Marktplätzen. Diese haften zukünftig für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung eines Unternehmers, wenn das Rechtsverhältnis - in der Regel ein Kaufvertrag - auf dem jeweiligen Marktplatz begründet worden ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Betreiber selbst einen Fehler gemacht hat. Diese verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung wird mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Umsatzbesteuerung aller auf den Plattformen getätigten Rechtsgeschäfte begründet. Die Betreiber der Marktplätze sollen angehalten werden, nicht nur ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen, sondern auch Verantwortung für die Aktivitäten von Dritten auf den von ihnen zur Verfügung gestellten Medien zu übernehmen.

Der Betreiber kann der Haftung entgehen, wenn dieser die nach dem neuen Gesetzesentwurf geforderte Bescheinigung vorlegt. Dies gilt jedoch nicht bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Betreibers von einer nicht entrichteten Umsatzsteuer.
Des Weiteren soll der Betreiber nicht für Unternehmer haften müssen, die sich widerrechtlich als Privatperson ausgeben, aber tatsächlich unternehmerisch tätig sind. Falls Art, Menge und Höhe der erzielten Umsätze jedoch Zweifel an der vermeintlich privaten Tätigkeit aufkommen lassen und der Betreiber das Auftreten als Privatperson des Händlers nicht weiter hinterfragt, haftet er gleichwohl für die nicht entrichtete Umsatzsteuer.

Fazit

Der vorliegende Gesetzesentwurf darf zwar als Reaktion auf die Digitalisierung und somit die Verlagerung des Handels vom Einzelhandel auf digitale Plattformen verstanden werden. Gleichwohl dürfte die Finanzverwaltung nur eingeschränkt in der Lage sein, den deutlich erhöhten Administrationsaufwand digital zu verarbeiten. Hieran und die unterschiedslos - sowohl bereits in Deutschland registrierte (EU-)Inländer als auch EU-Ausländer sind betroffen - wirkenden Maßnahmen dürften Anlass für eine kontrovers geführte Diskussion um den Gesetzesentwurf geben. Ungeachtet dessen ist insbesondere die Haftung der Online-Marktbetreiber geeignet, diese bei der Mitwirkung zur Verwirklichung des staatlichen Steueranspruchs zu bewegen.

Der Gesetzesentwurf hat aber ohne weiteres das Potenzial den Steuerbetrug im Bereich des Online-Handels einzudämmen. Mit Spannung wird die praktische Umsetzung des Gesetzesentwurfs zu verfolgen sein.

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