Das Internet als rechtsfreier Raum? Dieses Gerücht scheint sich hartnäckig zu halten. Nachdem einige clevere Kaufleute meinten, die Reservierung von Domain-Namen sei ein Gewinn bringendes Geschäftsfeld, lehrte uns die Realität mittlerweile etwas anderes. Bei der Vergabe von Domain-Namen gelten die ansonsten ebenfalls zu beachtenden Regeln des Marken- und Namensrechts. Auch beim Versand von unerwünschter E-Mail-Werbung musste mancher Gewerbetreibende feststellen, dass er sehr schnell Kontakt mit Rechtsanwälten bekommt, die diese Art der unerwünschten Werbung kostenpflichtig abmahnen. Insoweit gelten die Regeln des Wettbewerbsrechts, nach denen bereits vor Jahren unerwünschte Telefaxwerbung untersagt worden war.
Ähnliche Verhaltensmuster findet man im Umgang mit dem Urheberrechtsschutz im Internet. Das Internet macht es kinderleicht, Daten, Informationen und Bilder abzurufen, zu verändern oder miteinander zu verknüpfen. Leicht besteht die Gefahr, dass die Urheberrechte missachtet werden. Dass dies mit erheblichen Risiken verbunden ist, zeigen die gesetzlichen Vorschriften im Urhebergesetz. Neben Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen bei Urheberrechtsverletzungen drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, wenn Urheberrechte in strafrechtlich relevanter Weise mit Füßen getreten werden.
Anwendbares Recht
Bei der Frage, welches nationale Recht anzuwenden ist, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine Verletzung vertraglich eingeräumter Befugnisse oder um die Verletzung urheberrechtlicher Positionen außerhalb bestehender Verträge handelt. Hat der Urheber einem anderen bestimmte Nutzungsrechte eingeräumt, so bestimmt sich die Reichweite dieser Rechte nach dem Recht desjenigen Staates, für den die Rechte eingeräumt wurden ("Schutzlandprinzip"). Wer für Frankreich und Deutschland Lizenzen zur Verbreitung von Software im Internet erteilt hat, ist bei der Verbreitung in Deutschland an deutsches, bei der Verbreitung in Frankreich an französisches Recht gebunden.
Die Frage, welches Recht außerhalb bestehender Verträge anzuwenden ist, regeln das Welturheberrechtsabkommen sowie die revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst. Die internationalen Übereinkommen legen fest, unter welchen Voraussetzungen Urheber aus fremden Ländern im Inland geschützt werden. Beide Übereinkommen kennen das Prinzip der Inländerbehandlung. Das bedeutet, dass ein Ausländer im Schutzland ebenso behandelt wird, als wäre er Inländer. Auf diese Weise wird deutschen Urhebern in den Ländern, in denen die Abkommen gelten, die gleiche Rechtsstellung zuerkannt wie den inländischen Autoren und Urhebern.
Werden in unerlaubter Weise Urheberrechte verletzt, so gilt das Recht des Begehungsortes. Es kommt dann entscheidend darauf an, wo der Verletzer gehandelt hat. In vielen Fällen kann darauf abgestellt werden, wo der Server steht, auf dem beispielsweise die unerlaubt hergestellten Kopien abgelegt wurden.
Gegenstand des Urheberrechtsschutzes
Gemäß § 2 Urhebergesetz sind nur Werke urheberrechtsschutzfähig, die eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Die Rechtsprechung verlangt, dass in irgendeiner Form eine eigentümliche Gedankenentwicklung zum Ausdruck kommt. Dies gilt für Sprachwerke, Computerprogramme, Werke der Musik oder der bildenden Künste. Auch Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen und Tabellen, müssen individuell-gestalterische Züge aufweisen, damit ein Urheberrechtsschutz entsteht. Ohne Einfluss auf den Urheberrechtsschutz ist der Umstand, dass die im Internet verbreiteten Informationen zugleich in digitalisierter Form vorliegen. Webseiten sind unter gleichen Voraussetzungen wie sonstige Werke urheberrechtlich schutzfähig. Das gilt für Webeinstiegsseiten und ebenso für die angehängten, durch Links verbundenen weiteren Webseiten. Auch Teile einer Webseite können urheberrechtlich schutzfähig sein.
Rechte des Urhebers
Der Urheber eines schutzfähigen Werkes kann die Anerkennung seines Urheberrechts beanspruchen und eine Urheberbezeichnung festlegen. Der Vermerk Copyright ist nicht erforderlich, da auch ohne diesen ausdrücklichen Vermerk nach dem deutschen Recht die Urheberrechte entstehen. Allein wer im amerikanischen Rechtsraum tätig ist, sollte den Copyright-Hinweis anbringen. Nach US-Recht kann sich ein Verletzer bei einem Copyright-Vermerk später nicht darauf berufen, geglaubt zu haben, es habe sich bei dem kopierten Dokument um ein schutzfreies Werk gehandelt. Insoweit ist der Copyright-Vermerk von Nutzen.
Das Urhebergesetz gewährt dem Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk zu vervielfältigen. Die Entscheidungsfreiheit betrifft auch das Verfahren und die Zahl der Vervielfältigungen. Anderen ist es ohne vorherige Vereinbarung mit dem Urheber verboten, beispielsweise ein Werk im Internet zu übertragen.
Bereits die Kopie einer Datei auf eine Festplatte ist eine Vervielfältigung im Sinne des Urhebergesetzes. Zulässig ist aber in engen Grenzen die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Auch das Verbreitungsrecht ist nach dem Urhebergesetz dem Urheber vorbehalten. Der Urheber kann die Original- und Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anbieten oder in Verkehr bringen.
Der Tipp
Jede Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken auch für das Internet sollte vorab mit dem Urheber abgeklärt werden. Andernfalls läuft der Internetmutzer Gefahr, mit Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen konfrontiert zu werden.
Steckbrief
Thomas Feil
Thomas Feil arbeitet seit 1994 als Jurist und ist in Hannover mit den Schwerpunkten EDV-Recht, Internet-Recht und gewerblicher Rechtsschutz tätig. Er berät unter anderem das Bundesinnenministerium und die Akcent AG.
Kontakt: www.recht-freundlich.de