OLAP - Die Entscheidungshilfe zu höherer Kundenzufriedenheit

10.01.1998

MÜNCHEN: Wer im Unternehmen vor lauter Daten die wertvollen Informationen nicht mehr sieht, dem versprechen OLAP-(Online Analytical Processing-)Tools Hilfe. Mit OLAP lassen sich Geschäftszahlen nach Wunsch zusammenführen und auswerten. Diese Analyse verdeutlicht die Geschäftsentwicklungen, deckt deren Ursachen auf und führt dadurch zu fundierten Entscheidungen. Eckhart Voigt* skizziert die neuesten Tendenzen auf diesem Gebiet.Information bedeutet Geld, denn an Informationen gebundene Dienstleistungen wie Marketing, Logistik und Versorgung entscheiden zunehmend über den Erfolg eines Unternehmens. Voraussetzung ist, daß die Verantwortlichen aussagekräftige Fakten ständig zur Hand haben - und zwar nicht nur auf der Geschäftsführungsebene, sondern in jedem Verantwortungsbereich.

"Idiotensichere" Bedienung erforderlich

Muß der Mitarbeiter bei der Formulierung einer Abfrage aus dem Datenbestand erst die EDV-Abteilung bemühen und zwei Wochen auf die Antwort warten, ist der Zug bereits abgefahren. Gefragt sind vielmehr "intelligente Analysewerkzeuge", die Rohdaten zu Informationen umformen. Diese Werkzeuge müssen über gängige Management-Informationssysteme wie EIS (Executive Information Systems), aber auch über Werkzeuge zur Entscheidungshilfe (Decision Support Systems) hinausgehen.

Das Warenhaus voller Daten - Dort liegen die Schätze

Um der Datenflut Herr zu werden, richten die meisten Unternehmen ein sogenanntes Data Warehouse ein. Hier werden die Daten aus den operativen Systemen gesammelt, geordnet, verdichtet und mit zusätzlichen Informationen (Metadaten) versehen. Dadurch entsteht ein Infolager für das gesamte Unternehmen. Der Nachteil dieses Data Warehouse: Ändern sich die Abfragebedürfnisse der Mitarbeiter oder werden darüber hinaus ergänzende Informationen aus den operativen Datenbanken benötigt, erzwingt dies zeit-, kosten- und personalintensive Änderungen. Die operativen Datenbanken bleiben davon unberührt. Denn ihr Datenbestand ändert sich schnell und spiegelt das Tagesgeschäft wider.

DerR Würfel als Modell

Will man den "Wissensdurst" im Unternehmen umfassend stillen, braucht es flexiblere Instrumente. Benötigt beispielsweise der Vertriebsleiter Informationen darüber, welches Produkt sich am besten bewährt hat, muß er die Faktoren Zeit, Verbreitungsgebiet und Produkt zueinander in Beziehung setzen. Bei genaueren Analysen zieht er auch noch die Dimensionen Kunde oder Filiale hinzu und untersucht die Absatzzahlen. Für die Gesamtübersicht braucht er Umsatzwerte des laufenden Geschäftsjahres, die er dann im Wochenrhythmus aufsplittern kann. Zur Datenansicht eignet sich hier eine relationale Tabelle kaum. Vielmehr braucht es eine multidimensionale Darstellung, bei der jede Dimension ein Unternehmensmerkmal repräsentiert.

OLAP liefert mehr als drei Dimensionen

Genau diese Geschäftsanalysen auf Grundlage multidimensionaler Datenmodelle ermöglichen die OLAP-Tools. Da aber ein Objekt mit mehr als drei Dimensionen die Vorstellungskraft der meisten Mitarbeiter übersteigt, hat sich der dreidimensionale Würfel als gängiges Erklärungsmodell für OLAP durchgesetzt. Jede Achse wird mit einer Abfragekategorie besetzt, und im Inneren des Würfels finden sich als Ergebnisse die Eigenschaftskombinationen. Am ehesten ist OLAP mit einer stark erweiterten Tabellenkalkulation vergleichbar - mit der Möglichkeit, intuitiv durch die Daten zu navigieren. Per Mausklick kann der Anwender die Ansicht seiner Daten leicht verändern: Das geschieht über die Menüs Dice (Rotation des Datenwürfels) oder Slice (Isolierung einzelner Schichten). Die Bezugsgrößen zu verändern ist ebenfalls ein Kinderspiel: entweder über Pivoting (Rotation einer zweidimensionalen Kreuztabellendarstellung durch Vertauschen von Zeilen- und Spaltendimensionen) oder durch Variation des Detailierungsgrades innerhalb einer Dimension mit Drill-Down beziehungsweise Aggregation der Daten auf höhere Hierarchieebenen mit Roll-Up.

MOLAP oder ROLAP ist hier die Frage

Wie die ideale Grundlage von OLAP aussieht, daran scheiden sich die Geister. Je nach Struktur des Data Warehouse wird zwischen multidimensionalem und relationalem OLAP (MOLAP beziehungsweise ROLAP) unterschieden. MOLAP-Werkzeuge legen die Daten physikalisch in der beschriebenen multidimensionalen Weise ab, sie arbeiten mit einem mehrdimensionalen Datenbanksystem. ROLAP-Tools hingegen setzen auf einer beim Anwender bereits vorhandenen klassischen relationalen Datenbank auf und simulieren erst im nachhinein die Mehrdimensionalität. Der "Datenwürfel" wird nicht in der Datenbank gespeichert und aktualisiert, sondern nur bei Bedarf in der gewünschten Ausprägung erstellt. Eine sogenannte OLAP-Engine bereitet dann die angeforderten Daten auf.

Die MOLAP-Verfechter betonen, daß ihre Produkte das multidimensionale Datenmodell optimal unterstützen. Die relationale Fraktion führt als Gegenargument an, MOLAP-Systeme würden ausschließlich herstellerspezifische Standards verfolgen und für heterogene Strukturen ungeeignet sein. ROLAP dagegen unterstütze Standardschnittstellen wie SQL (Structured Query Language oder ODBC (Open Database Connectivity).

OLAP Meets WWW

Inzwischen forcieren einige OLAP-Anbieter den Zugang über das Web. Der Vorteil einer Internet-/Intranet-Schnittstelle besteht darin, mehr Anwender kostengünstiger mit geschäftsrelevanten Lösungen versorgen zu können. Natürlich immer vorausgesetzt, autorisierte Nutzer könnten nicht nur statisch vorbereitete Seiten abrufen, sondern das System stelle die Daten wie gewünscht zusammen.

Das heißt, das übliche Data Warehouse wird durch eine Reihe von anderen Informationsquellen ergänzt. Diese können dann neben Texten auch Bilder, Tabellen, Videos und andere Formate enthalten. Sie lassen sich mit OLAP-Werkzeugen zu einer Gesamtanalyse verknüpfen.

Das entspricht auch einem strategischen Trend in den Unternehmen. Der Informationshunger ist dort von den Chefetagen auf untere Ebenen übergeschwappt. Flache Hierarchien brauchen informierte Mitarbeiter: OLAP für alle ist gefragt.

OLAP ist heute noch kaum verbreitet

Viele heutige Systeme stehen diesem Bedürfnis noch entgegen. Sie stammen aus der Hoch-Zeit der Client/ Server-Ära. Das heißt die Clients - bis hin zum Endanwendergerät - sind mit umfangreichen Softwarekomponenten "gefüttert". So entsteht der sogenannte "Fat Client", der große Ansprüche an Hardwareausstattung und Wartung stellt. Eine Möglichkeit, diese Hindernisse zu umschiffen, bietet die Integration von OLAP-Tools in die Internet-Architektur. Kernpunkte sind dabei der Benutzerzugriff über einen beliebigen Web-Browser und die vereinfachte Administration beim reduzierten Installations- und Wartungsaufwand. Hier sind der "Thin Client" und Software, die in Java programmiert ist, auf dem Vormarsch. Damit geht ein weiterer Trend einher: die Reduzierung von OLAP-Tools auf wesentliche Funktionen und ihre Wandlung vom Expertensystem zur gängigen Anwendung für alle Mitarbeiter.

Auch für diejenigen, die bereits in die Implementierung von Data Warehouse-Systemen investiert haben, muß dies kein Problem sein. Denn der funktionale Nutzen dieser Datenlager steht für Spezialisten außer Frage. Web-basierte Lösungen können hier eine sinnvolle Ergänzung sein. Sie integrieren Mitarbeiter, die bislang bei der Datenanalyse draußen bleiben mußten - gemäß dem Motto: "OLAP für alle!"

*Eckhart Voigt ist Geschäftsführer der Sqribe Technologies GmbH

in München.

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