Den großen Broadlinern sagt gerne eine gewisse Behäbigkeit nach, während kleinere Distributoren vermeintlich schneller und flexibler reagieren können. Ingram-Deutschlandchef Ernesto Schmutter hat es sich zur Aufgabe gemacht, sein Unternehmen trotz der Größe schneller und agiler zu gestalten.
Die unter Europachef Gerhard Schulz vorgenommenen europäischen Angleichungen und Zentralisierung von Geschäftsprozessen sollen nun dem deutschen Management den Rücken freihalten, um hierzulande sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. "Wir stellen den Partner in den Mittelpunkt", erklärt Schmutter. "Trusted Advisor" nennt der Deutschlandchef die Rolle, die man gegenüber den Kunden einnehmen will. Man wolle weg vom reinen, nur durch Verfügbarkeit und Preis bestimmten Transaktionsgeschäft.
Ganzheitliche Vertriebskonzepte und Beratung, in welchen Geschäftsfeldern sich die Fachhändler diversifizieren können, hat man sich in Dornach daher auf die Fahnen geschrieben. "Wir wollen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ der Marktführer sein", fordert Schmutter. Dabei helfe auch die neue europäische Struktur: Investitionen seien einfacher und Projekte lassen sich schneller umsetzen, erklärt der Ingram-Vize.
Dazu gehört auch das Engagement in neuen Geschäftsfeldern. Dies habe man bereits in der Vergangenheit erfolgreich gestaltet. "Wir haben in neue Geschäftsfelder investiert, wie kaum ein anderer", sagt Schmutter. Als Beispiel nennt er das Segment Data Capture. 2008 hatte Ingram den Spezialdistributor Intertrade übernommen. "Am Anfang hatten wir 6.000 Kunden, jetzt sind es 12.500 bis 13.000", freut sich Schmutter. Auch im Bereich "New Energy" habe man das Geschäft innerhalb kurzer Zeit verzehnfacht. "Das unterscheidet uns vom Wettbewerb und wird uns auch weiterhin unterscheiden", meint er selbstbewusst.
Ingram soll selbstbewusster werden
Allerdings war Ingram nicht immer in vorderster Front, wenn es darum ging, Trends aufzugreifen und in die Vertriebspraxis umzusetzen. So hat man beim Thema Cloud oder bei Managed Print Services das Feld zunächst anderen Playern überlassen. Immerhin soll nun die schon länger angekündigte Cloud-Plattform kommenden Monat an den Start gehen.
Schmutter macht kein Hehl daraus, dass er sich hier mehr Agilität wünscht: "Wir müssen mutiger sein, Dinge auszuprobieren", meint er. Bisher habe man mit den angepackten Themen immer Erfolg gehabt, doch auch ein Scheitern des einen oder anderen Versuch wäre zu verkraften. "Das bläst uns nicht um", ist sich Schmutter sicher. Man müsse da "selbstbewusster" sein. Als weitere interessante Geschäftsfelder hat der Ingram-Chef den Smart Home und Smart Office Markt ins Visier genommen. Zudem schaue man sich gerade das 3D-Druck-Segment genauer an.
Beim Dienstleistungsangebot will Schmutter den Pfad des Distributors nicht verlassen um auch für Endkunden Services anzubieten. "Das ist unsere DNA", bekräftigt der Manager. Man biete gewisse Dienstleistungen nur für den Handel an, der diese nicht selbst erbringen kann oder will.
- Gerhard Schulz
Executive Vice President Europe - Robert Beck
Vice President Purchasing Europe - Ernesto Schmutter
Vice President Germany - Alexander Maier
Executive Director Volume - Wolfgang Jung
Senior Director Purchasing - Klaus Donath
Senior Director Value Business DACHH - Günter Schiessl
Director Business Management
Euro-Schwäche führt zu Preiserhöhungen
Die gute Wirtschaftslage hierzulande gibt Ingram weiter Grund zum Optimismus. Allerdings erhöhen sich nun durch die Euro-Schwäche die Preise für die überwiegend in Dollar gehandelten Produkte. Alexander Maier, als Executive Director für das Volume-Geschäft verantwortlich, glaubt dennoch an die Investitionsbereitschaft der deutschen Wirtschaft, auch wenn sich manche Projekte etwas verzögern: "Mir ist es lieber, der Kunde überlegt sich, wann er kauft und nicht ob er überhaupt kauft", bringt es Maier auf den Nenner.
Zufrieden ist Maier mit der Kundenbasis: "Wir haben den größten Marktzugang mit 35.000 Kunden", berichtet er. Trotzdem schaut man bei den Dornachern auch rechts und links des Weges, um neue Kundengruppen zu erschließen. Gerade durch Produktangebote wie Licht- und Energielösungen oder dem Bereich der Physical Security mache Ingram auch als Einkaufsquelle für Elektroinstallateure interessant. Zudem will man bei Ingram mit einem neuen CRM-Tool Herstellern die Suche nach geeigneten Fachhändlern und Systemhäusern erleichtern.
Repräsentatativ: Der Eingangsbereich.
2008 wurde eine weitere Halle gebaut und die Kapazität verdoppelt.
Jeden Tag kommen noch rund 100 Händler, um ihre Pakete im Logistikzentrum persönlich abzuholen.
Die Arbeit im RDC ist nicht ganz ungefährlich, deshalb gibt es klare Sicherheitsanweisungen.
Der Fuhrpark in den Lagerhallen: Für die Roller gibt es sogar einen TÜV mit Prüfplakette.
Au 80.000 Quadratmetern lagert hier Ware.
Am Wareneingang stapeln sich nicht nur Neuware sondern auch Retouren.
Hier warten die Pakete und Paletten auf die Erfassung.
Manchmal ganz schön mühseelig: Jedes einzelne Päckchen wird eingescannt und erfasst.
Nicht alles passt auf eine Europalette: So müssen beispielsweise Smartboards aufrecht transportiert werden.
Eine besondere Herausforderung an die Logistik: Hier ein tonnenschwerer Produktionsdrucker von Hewlett-Packard...
... da eine Micro-SD-Karte von Verbatim, wie Operation & Service Director Richard Weinfurtner demonstriert.
Bei der Höhe der Hallen wird schon das auswechseln einer Glühbirne zur Herausforderung.
Rund 10 Tonnen Abfall fallen im RDC pro Tag an, da ist ein ausgefeiltes Recycling-Konzept wichtig.
Morgens gehen schon die ersten Pakete in der Kommissionierung auf die Reise.
Alleine die Gabelstapler verschlingen 600 Euro Stromkosten pro Tag.
Auch im RDC gelten klare Verkehrsregeln.
Ein kaputter Elektromotor an Toren und an der Fördertechnik kann schnell mal den Betrieb lahmlegen, dehalb werden jede Menge Ersatzmotoren vorgehalten.
Rund 60.000 Pakete verlassen täglich das RDC.
Die Ware wird nach einem ausgeklügelten System eingelagert.
Alles hat seinen Platz!
In der Kommissionierung wird die Ware dem Empfänger zugeordnet.
Hier warten schon die ersten Paletten am Warenausgang auf den LKW.
Die "Druckerfarm": Hier werden Strich-Code-Etiketten gedruckt.
Nur Befugte dürfen bei Ingram den Besen schwingen!
Das RDC bietet zusätzliche Services an: Hier werden auf Kundenwunsch Server konfiguriert.
Ingram hat im RDC Sonderflächen eingerichtet, um zusätzliche Dienstleistungen anbieten zu können: Hier wird demnächst eine hochmoderne Lasergravurmaschine stehen.
In der Kleinteilekommissionierung wird die Ware mit einem speziallen Scanner erfasst, der am Finger und am Handgelenk befestigt ist.
Die Versandkartons werden erst in der Halle gefaltet und verklebt und dann dem Versand zur Verfügung gestellt.
Die gefüllten Kartons werden dann gewogen. Weicht das Gewicht ab, muss der Inhalt überprüft werden. So kommt es kaum zu Fehllieferungen: Weit über 99 Prozent der Pakete sind korrekt bestückt.
Der Lieferschein wird automatisch beigelegt.
... Deckel und Versandetikett drauf - fertig!
Die schnelle Eingreiftruppe mit ihren Dienstfahrzeugen.
Bei 60.000 Paketen pro Tag braucht man jede Menge Versandetiketten.
Hier werden die neu gepackten Paletten noch mit Schutzfolie umwickelt.
Letzte Station vor dem LKW.
Hier werden die ausgehenden Pakete zu den richtigen Warenausgangsbereichen geleitet.
Die Förderbänder können bis in die LKWs ausgezogen werden, so kann der Fahrer sein Fahrzeug optimal beladen.