Soziale Metzwerke wie Facebook oder Twitter sind eigentlich dafür gedacht, Menschen näher zusammen zu bringen. Dass das Pendel hier auch in die andere Richtung ausschlagen kann, zeigt eine aktuelle Statistik aus den USA. Dort hat die American Academy of Matrimonial Lawyers (AAML) festgestellt, dass mittlerweile vier von fünf Scheidungsanwälten Online-Communitys als "primäre Quelle" zur Beweisfindung in Scheidungsprozessen nutzen. Spitzenreiter in dieser Hinsicht ist Facebook, das von rund zwei Drittel der Rechtsanwälte herangezogen wird, um belastendes Material über untreue Ehepartner aufzuspüren.
"Wenn man eine Scheidung durchmacht, führt das immer auch automatisch zu einer sehr genauen persönlichen Überprüfung", erklärt AAML-Präsidentin Marlene Eskind Moses. Da mittlerweile viele Menschen dazu übergegangen seien, mehr und mehr Aspekte ihres Lebens im Web mit anderen zu teilen, habe sich auch die Beweisfindung dorthin verlagert. "Auf diese Weise ist eine Kontrolle sowohl des öffentlichen als auch des sehr intimen privaten Lebens der Betroffenen viel leichter möglich. Wer im Internet Dinge veröffentlicht, die in einem eindeutigen Widerspruch zu vorher getätigten Aussagen stehen, muss damit rechnen, dass ein zerstrittener Ehepartner sich das zu Nutze macht", so Eskind Moses.
Worklife balance
"Soziale Netzwerke sind inzwischen bei Scheidungsprozessen ein absolut bedeutender Faktor", bestätigt Scheidungsspezialist Christoph Naske, Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Naske. Das Ausmaß, in dem derartige Internetportale zur Beweisfindung herangezogen werden, falle hierzulande aber noch deutlich geringer aus als in den USA. "Die Zahl der Fälle, wo so etwas vorkommt, liegt derzeit noch klar unter zehn Prozent. In Zukunft wird dieser Anteil sicher noch um einiges nach oben klettern", meint Naske.
Wer tatsächlich an einer Scheidung interessiert sei, könne über Facebook und Co ganz einfach an Beweise herankommen, die ihm unter Umständen vor Gericht dienlich sind. "Am häufigsten geht es hierbei um einen Nachweis für Ehebruch. Es reicht aber auch schon, wenn ein Wunsch nach einer ehebrecherischen Beziehung geäußert wird. In seltenen Fällen lassen sich auch Anhaltspunkte finden, dass zum Beispiel der Ehemann nicht der leibliche Vater des angeblich gemeinsamen Kindes ist", schildert Naske. (pte)