Für viele sind Quantencomputer noch immer Zukunftsmusik. Dass dem nicht so ist, zeigt etwa das 2018 gegründete Startup IQM Quantum Computers. Das Unternehmen hat in München am Rande des Olympiaparks sein erstes Quanten-Rechenzentrum gebaut.
Skalierbar auf zwölf Quantencomputer
Derzeit betreibt IQM dort zwei Quantenrechner. In Zukunft soll die Kapazität auf bis zu zwölf Quantencomputer ausgebaut werden. Mit dem Data Center verfolgt IQM drei Ziele: Zum einen will man damit die Entwicklung quantenfähiger Industrie-Apps fördern, zum anderen soll das Rechenzentrum der Forschung dienen, um die Leistung und Fehlertoleranz der Quantenrechner zu verbessern. Wie Quantencomputer funktionieren können Sie hier lesen.
1.800 Euro pro Stunde Rechenzeit
Ferner will IQM mit dem Rechenzentrum in München Kunden in aller Welt mit Quanten-Rechenleistung aus der Cloud versorgen. Allerdings hat das Quanten-Computing in der Cloud seinen Preis. Für eine Stunde Rechenzeit berechnet IQM 1.800 Euro.
Als mögliche Anwendungsfelder nennt IQM unter anderem maschinelles Lernen, Cybersicherheit, Routenoptimierung, Quantensensor-Simulation, chemische Forschung und pharmazeutische Entwicklung. Denn anders als klassische Computer können Quantencomputer Algorithmen berechnen, die für heutige HPCs zu komplex, sprich unlösbar sind.
Quanten- vs. Supercomputer
Ein Lösungsansatz hierzu ist die Integration eines Quantencomputers in eine professionelle HPC-Umgebung. Eine Idee, die etwa im Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching bei München im Rahmen des Projekts Q-Exaumgesetzt wird. Hier wird ein IQM-Quantencomputer in das geplante Exascale-System des LRZ integriert.
"Unser Ziel ist es, geschäftliche Herausforderungen zu lösen, die über die klassischen Supercomputing-Fähigkeiten hinausgehen, und wir erforschen aktiv verschiedene Anwendungen mit Techniken zur Fehlervermeidung für eine optimale Hardwareleistung", so Jan Goetz, Co-CEO und Mitbegründer von IQM Quantum Computers.
IQM war 2023 weltweit der erste Anbieter, der einen industriell gefertigten Quantencomputer für unter einer Million Euro auf den Markt brachte. Dementsprechend gilt das deutsch-finnische Startup als Europas Hoffnungsträger im globalen Wettbewerb mit den großen Quanten-Playern aus den USA und China.
50 Qubits
Auf den ersten Blick wirkt das aber wie der Kampf von David gegen Goliath. Während die Konkurrenz wie IBM bereits Quantenprozessoren (QPUs) mit über 1.000 Qubits hat, rechnet IQM lediglich mit 50 Qubits. Dem hält allerdings Goetz entgegen, dass die Quantencomputer von IQM aufgrund der hauseigenen Sterntopologie genauer und mit weniger Fehlern als die Konkurrenz rechnen würden. Deshalb sei ein Vergleich, der sich lediglich auf die Qubits der QPUs beschränke, wenig aussagekräftig. Zudem entsprächen 50 Qubits bereits einer Datenmenge von rund fünf Petabytes mit der innerhalb des Systems gerechnet werde.
Auf ihrer Sommertour 2024 unterstrich Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, bei einem Besuch im IQM-Data-Center die Bedeutung einer europäischen Quantencomputer-Industrie für die Souveränität Europas auf diesem wichtigen Zukunftsfeld, "zumal die US-Player meist nur einen Cloud-Zugang zur Quantentechnologie offerieren". Darüber hinaus brauche Europa innovative Unternehmen, um wachsen zu können.
Airbus-Momentum für Quantenindustrie
Nicht umsonst fordert deshalb IQM Co-CEO Goetz seit längerem ein "Airbus-Momentum" für die europäische Quantenindustrie, um die Innovationskraft und das Potenzial der europäischen Player in einer schlagkräftigen Company zu bündeln. Sein Unternehmen, das sich auch als Quantenintegrator versteht, produziert derweil in Finnland die Wafer für die QPUs selbst und baut dann die Quantencomputer entweder in Finnland oder in München zusammen.