ERP und Mittelstand: Chancen des Fachhandels

13.10.2006

Dewald: Da sind wir uns einig: Qualifikation des Fachhandels ist notwendig. Das war nicht immer so akzeptiert. Wenn alle Hersteller das heute so handhaben, dann kommen wir wieder zurück zur Frage: Was kaufe ich jetzt bei welchem Fachhändler? Er muss autorisiert sein, und das geht nicht von heute auf morgen. Ich wundere mich immer, wenn ein Wettbewerber 400 neue Handelspartner einführt. Davon tragen wahrscheinlich nur 15 zum Umsatz bei, der Rest taugt nichts. Ein Handelspartner, der sich nicht anstrengt und sich nicht der regelmäßigen Qualifizierung unterzieht, wird auf Dauer keine Chance haben.

Henrich: Es geht hier nicht um den Verkauf von Software. Das ist das Todesurteil für unser Geschäftsmodell. Es geht nur über den Service und dessen Qualität, nur so kann ich den Kunden an mich binden. Ein Projekt zu gewinnen ist eine Sache, den Kunden zu halten und langfristig zufriedenzustellen eine andere. Das ERP-Geschäft funktioniert anders als das klassische Business eines Systemhauses, das regional Infrastruktursoftware, Hardware, Netzwerkzubehör, IT-Security-Produkte und Dienstleistungen anbietet. Die ERP-Lösung bildet letztlich das Rückgrat des Unternehmens, und als Vertriebspartner muss ich dafür geradestehen. Mein Kunde muss auch mit der neuen Software sein Geschäft aufrechterhalten und sogar effizienter damit arbeiten können. Davon hängt sein Leben als Unternehmen ab. Das ist etwas anderes als Kistenschieben.

Es kommt darauf an, dass der Vertriebspartner über Branchenkenntnisse verfügt, das Produkt von A bis Z kennt und dem Kunden vermitteln kann, dass er eine langfristige Beziehung zu ihm aufbauen will, dass er bereit ist, ihn über Jahre hinweg zu betreuen.

Leibrandt: Der Partner muss ein Vertrauensverhältnis zu seinem Kunden aufbauen. Auch der Hersteller muss eine langfristige Strategie vorweisen und sich auf den Mittelstand einlassen, aber bitte nicht nach der Devise: "Wir kopieren ein großes Produkt auf ein kleines runter, wird schon irgendwo gutgehen." Es geht um Kontinuität und Zukunftssicherheit, die der Partner seinem Kunden vermitteln muss.

Kirbis: Apropos langfristige Strategie, Herr Leibrandt, wie viele Ihrer 15.000 ERP-Installationen stammen aus ihrer Navision-Vergangenheit?

Henrich: Dazu kann ich als Partner ein Feedback geben. Wir waren einer der ganz frühen Navision-Partner in Deutschland Anfang der neunziger Jahre. Das Geschäft dort hat sich für uns sehr kontinuierlich entwickelt. Natürlich haben wir viele Kunden aus der Zeit vor der Navision-Übernahme durch Microsoft. Es wäre schlimm, wenn wir sie nicht mehr hätten. So funktioniert unser Geschäft auch heute ganz hervorragend. Das eine schließt das andere nicht aus. Microsoft hat vielleicht das ERP-Business nicht von Anfang an verstanden, aber sehr schnell dazugelernt - auch mit unserer Unterstützung. So zehrt Microsoft heute nicht aus der Vergangenheit.

Schelkle: Zum Thema Langfristigkeit: Unsere Firma existiert seit 30 Jahren; seit 16 Jahren verkaufen wir ERP-Systeme. Die ersten Kunden sind uns noch immer treu. Warum? Weil wir nicht nur isolierte ERP-Lösungen liefern, sondern Systeme zur Abdeckung des kompletten Dokumentenverarbeitungsprozesses.

Kirbis: Diesen Trend sehen wir auch: Ende der neunziger Jahre haben wir uns aus dem Infrastrukturgeschäft zurückgezogen, jetzt sind wir dabei, den Infrastrukturbereich wieder zu reanimieren. Die Kunden wollen verstärkt wieder alles aus einer Hand bekommen.

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