ERP und Mittelstand: Chancen des Fachhandels

13.10.2006

Dewald: Über 90 Prozent der Mittelständler sind ausschließlich lokal tätig. Und die legen Wert darauf, dass sie ihre Probleme vor Ort gelöst bekommen - heute und nicht irgendwann. Da haben wir uns über die Jahre extrem gut entwickelt und durchaus auch gezeigt, dass wir einen deutlichen Vorteil haben, was Geschwindigkeit der Erweiterung und Funktionalität im lokalen Ansatz betrifft. Internationalität spielt eine Rolle. Aber deswegen brauchen wir nicht unbedingt ein weltweites Produkt, wir können lokal kostengünstiger arbeiten. Unsere Produkte sind auf jedes Land spezifisch zugeschnitten.

Henrich: Da stimme ich Ihnen wiederum zu. Man darf natürlich nie davon ausgehen, dass in allen Ländern die Anforderungen gleich sind. Es gibt lokale Spezifika, die eine ERP-Lösung natürlich abbilden muss.

Naunin: Wenn es irgendeine ERP-Lösung gibt, die für den weltweiten Einsatz geeignet ist, dann denke ich an SAP. Nicht, weil ich für das Unternehmen arbeite, sondern weil wir weltweit 35.000 Kunden haben, die die Lösungen international einsetzen.

Dewald: Wir sollten uns vielleicht auf den Mittelstand beschränken.

Naunin: Wie viel Internationalität braucht der Mittelstand? Wenn ein Unternehmen nur ein ausländisches Fertigungswerk einbinden möchte, dann ist der Aufwand hierfür begrenzt. Der Kern der Lösung bleibt unangetastet. Oder man setzt in jedem Land eine andere Lösung ein und löst das Ganze über Schnittstellen. Kleine Unternehmen kommen mit diesen Schnittstellen aber nicht zurecht. Daher ist die Fähigkeit einer ERP-Software, Funktionalität international zur Verfügung zu stellen, per se die richtige Antwort auf die Mittelstandsanforderung. Dabei müssen derartige Funktionen leicht anpassbar sein, es gilt ,die Komplexität zu reduzieren und gering zu halten.

Leibrandt: Da stimme ich Ihnen zu, Herr Naunin. Ein ERP-Produkt muss skalierungsfähig sein: Wenn der Kunde ins Ausland expandiert, muss er auch das Produkt dorthin mitnehmen können.

Schelkle: Das war für uns nie ein Thema. Dennoch: In einem aktuellen Projekt binden wir auch ein Schweizer Vertriebsbüro an die deutsche Zentrale an. Das funktioniert problemlos mit der französischen Oberfläche. Diese Möglichkeiten haben wir, auch in Englisch, aber nicht in Chinesisch. Das ginge nur über die erwähnten Schnittstellen.

Kirbis: Bei mehreren getrennten Systemen wird das extrem teuer.

Dewald: In dem einen oder anderen Fall mag das durchaus der Fall sein, in der Regel nicht. Denn wie lange wartet der Kunde darauf, dass er die gewünschte Funktionalität bekommt, nur weil ein anderes Land höher in der Priorität und die Internationalität im Vordergrund stehen? Da sind wir schlicht und ergreifend anderer Meinung. Was Internationalität betrifft, generiert unser Haus mit Abstand weltweit das größte Geschäft aller im Markt vertretenen Anbieter, auch was die Anzahl der Kunden betrifft. Unser Modell funktioniert und ist ökonomisch extrem erfolgreich. Unsere Kunden sind zufrieden.

Dass manche Kunden Wert darauf legen, dass all ihre Töchter weltweit das gleiche Produkt einsetzen, ist wahr, aber das sind Unternehmen, die in der Lage sind, dafür viel Geld auf den Tisch zu legen. Wir reden hier aber über den Mittelstand, der kostengünstige, sinnvolle und an seine Bedürfnisse angepasste Lösungen sucht. Den Fokus legen wir bewusst auf den lokalen Markt - mit unserem starken internationalen Background.

Kirbis: Lokale Begebenheiten werden in SAP-Produkten über Add-ons abgebildet, so zum Beispiel bei der Anlagebuchhaltung, die dann in die Kern-ERP-Lösung integriert wird. Die Strategie, ein Produkt weltweit auszuliefern, ist langfristig besser, als dem Kunden mehrere Inseln zur Verfügung stellen. Denn auch der kleine Kunde, der nun in Tschechien produziert, will dort die gleiche Lösung einsetzen wie in Deutschland.

Zur Startseite