Schelkle: Warum bleiben diese Kunden so lange ihrer Lösung treu? Weil sie bisher nicht gefunden haben, was ihre Branchenspezifika abdecken würde. Wir nehmen nun die Standard-ERP-Software her, erweitern sie um eine vertikale Lösung und bieten dem Kunden ein Komplettpaket an: von der Angebotserstellung über ein CRM-System bis zum Personalwesen - und das alles auf seine Branche angepasst. Den Umstieg macht man ihm mit der Bereinigung der Datenbanken schmackhaft.
Naunin: Ich finde diese Beratungsresistenz so gut wie gar nicht vor. Es ist eher die Ohnmacht der kleinen Firmen, mit eigenen Bordmitteln die richtige Entscheidung für ein ERP-Produkt zu treffen. Nicht nur die Anschaffungskosten schrecken sie ab, sondern auch die Projekt- und Folgekosten. Viele negative Erfahrungen spielen da eine Rolle, deswegen sind positive Referenzen und Mund-zu-Mund-Propaganda so wichtig. Die kleinen Firmen haben oft Angst, eine Entscheidung zu treffen, die unter Umständen sogar ihre Profitabilität gefährden könnte.
Henrich: Da stimme ich Ihnen zu! Wie kann der Mittelständler die richtige Software auswählen? Das ist ein echtes Problem. Da sind wir auch gefordert, Transparenz in den Markt zu bringen. Der Mittelstand tut sich generell sehr schwer, eine Entscheidung für ein ERP-Produkt zu treffen, weil er eben über das dazu notwendige Wissen nicht verfügt.
Bedeutet dies, dass dem Vertriebspartner das Branchen-Know-how allein nicht ausreicht? Muss er dem Kunden auch noch eine outgesourcte ERP-Lösung anbieten?
Leibrandt: So weit würde ich nicht gehen. Es kommt auf die Service und Beratungsqualität des Partners an. Er muss vor Ort beim Kunden sicherstellen, dass die Software einwandfrei funktioniert. Es geht um Updates, um qualifizierte Weiterberatung und um die Mehrwertsteuererhöhung, Welche Module biete ich hierfür an? Wie kontinuierlich halte ich den Wartungsvertrag aufrecht? Oder komme ich jedes Jahr nur vorbei, um den Vertrag zu verlängern? Wir legen Wert auf Kompetenzen unserer Partner. Es geht nicht nur um die ERP-Software, sondern um die Gesamtlösung. Isolierte Systeme stellen den Kunden nicht zufrieden.
Kirbis: Also, ich sehe mich nicht als SAP-Händler, sondern als Lösungspartner. Ich verkaufe keine Software, sondern Lösungen. Man kann dem Kunden nicht mehr einfach nur die Box hinstellen, er braucht ein komplettes Lösungspaket. Das beginnt bei der Implementieren und setzt sich über die gesamte Lebensdauer der Software fort. Mit Implementierungen allein könnten wir nicht überleben. Der kleine Mittelständler will fortlaufend betreut werden, sonst fühlt er sich ausgenommen. Andere Anbieter bitten den Kunden mit jedem neuen Release zur Kasse. Wir haben das vertraglich geregelt.