Also, Ingram Micro und Tech Data vertreiben Business-Software - allerdings im unterschiedlichen Umfang. So sind beispielsweise die Enterprise-Midmarket-Lösungen von Oracle nur bei Tech Data erhältlich, wohingegen Lexware-Produkte bei allen drei Broadlinern bestellt werden können. Business-Software von Microsoft führen die drei großen Distributoren ebenfalls. Laut Thorsten Schwecke, Senior Manager Software bei der Ingram Micro Distribution GmbH, fragen Fachhändler derzeit vor allem Produkte der Microsoft-Office-Familie sehr stark nach. Mike Rakowski, Leiter Business Unit Technology bei Also, weist in diesem Zusammenhang auf den Anfang April 2014 beendeten Support von Windows XP hin. Offenbar haben immer noch viele Business-Kunden nicht auf Windows 7 beziehungsweise 8 gewechselt, sodass hier für den Fachhandel noch viel zu tun übrig bleibt.
Microsoft hätte es natürlich am liebsten, wenn die verbliebenen XP-Nutzer gleich auf Windows 8 migrieren würden; dies war dem Konzern sogar eine Key-Note auf der diesjährigen Also-Hausmesse "Channel Trends+Visions" wert. Wolfgang Brehm, Direktor Mittelstand und Distribution bei Microsoft, betonte in seiner Rede vor Fachhändlern in Bochum, dass der Kunde nur mit Windows 8.1 zukunftssicher bleibe, denn nur dann könne er mit den bald auf den Markt kommenden Windows-8.1-Business-Apps etwas anfangen.
Fragt man Stefan Bichler nach den meistnachgefragten Softwareprodukten im Channel, so kann der frischgebackene Leiter Business Unit Software & Solutions bei Tech Data noch keinen eindeutigen Trend ausmachen. Nur so viel: "Verstärkt werden Cloud-basierte Lösungen angefragt, Auswirkungen auf die Umsätze sind hier aber noch nicht spürbar."
Geringe Cloud-Umsätze
Ähnlich äußert sich Thorsten Schweck von Ingram Micro. Da seiner Meinung nach insbesondere bei der Business-Software viele Hersteller auf die Cloud als Vertriebskonzept setzen, müsste man in diesem Segment auch zu allererst bei der Distribution etwas merken: "Es wird sicher zu weiteren Veränderungen kommen. Inwieweit sich das Cloud-Modell durchsetzen wird, ist heute noch schwer abzuschätzen. Es ist davon auszugehen, dass es künftig hybride Szenarien geben wird, auch aufgrund einer gewissen Zurückhaltung der Unternehmen mit Blick auf die Sicherung unternehmenssensibler Daten." Hier zeigt sich der Ingram-Micro-Manager also sehr vorsichtig.
Doch wenn tatsächlich im ERP- und CRM-Umfeld Kunden eher auf die On-Premise-, also auf die bei ihnen im Haus installierte Software setzen, wo könnten Fachhändler und Systemhäuser dann ansetzen? Hier liefert Stefan Bichler eine sehr detaillierte Antwort. Seiner Erfahrung nach gilt es erst einmal festzustellen, ob der wechselwillige Kunde die neu zu erwerbenden ERP- und CRM-Systeme an seine eigenen Workflows anpassen will, also quasi Individualsoftware kaufen möchte, oder ob er unter Umständen bereit wäre, die Workflows in seinem Unternehmen an die Standardsoftware, zum Beispiel an die von SAP, anzugleichen.
"Diese Philosophiediskussion beschäftigt den Markt schon seit dem Entstehen von Business-Software. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Im Grunde kann man schon feststellen, dass die heutige Software Standard-Workflows und -Prozesse in Unternehmen sehr gut abbildet und sich so mancher Endkunde fragen sollte, ob es nicht sinnvoller ist, die Unternehmensprozesse an eine professionelle Software anzupassen", analysiert Bichler.
Individual- oder Standard-Software
Nach Ansicht des Tech-Data-Managers liegt genau darin die große Geschäftschance für Fachhändler und Systemhäuser, die ihre Kunden die eine (Standardsoftware) oder die andere Variante (Individualentwicklung) empfehlen können. Da gibt es nämlich große Unterschiede zwischen den Branchen, unabhängig von der Größe des Kunden. "In der Regel findet man vor Ort sehr viel alte, selbst programmierte Software. Hier gemeinsam mit dem Endkunden eine ROI- und Risikoanalyse zu fahren dürfte in sehr vielen Fällen sinnvoll sein", so Bichler weiter.
Rakowski von Also und Schwecke von Ingram Micro zielen eher auf die modernen Software-Abonnement-Konzepte. "Mit den neuen innovativen und nachhaltigen Subskriptionsmodellen können sich Reseller langfristig an ihre Kunden binden", meint etwa Rakowski. Ins gleiche Horn bläst Schwecke. Er plädiert für die sogenannten "Recurring"-Erlöse, also auf Softwarelizenzumsätze, die auf mehrere Jahre verteilt sind. Die bekanntesten Beispiele dafür sind derzeit Office 365 von Microsoft und das VIP-Programm (Value Incentive Plan) von Adobe. "Diese Modelle eignen sich sehr gut zur Kundenbindung und zur Steigerung der Kundenzufriedenheit", schließt Schwecke seine Ausführungen ab.
Angesichts der sinkenden Lizenzmargen sind aber diese wiederkehrenden Erlöse keine Allheilmittel gegen die abnehmende Profitabilität beim Softwareverkauf. Hier sind also Services gefragt, die diese Verluste kompensieren könnten. Aber mit welchen softwaregebundenen Dienstleistungen könnten nun hier Fachhändler und Systemhäuser punkten?