Kommentar

Der Distributionsmarkt in Deutschland bleibt schwierig

Andreas Raum ist Mitgründer und Geschäftsführer der freyraum marketing GmbH. Er beschäftigt sich bereits seit rund 20 Jahren mit dem IT- und TK-Channel in Deutschland und verfügt über ein gutes Netzwerk zu Systemhäusern, Herstellern und Distributoren.
Kein einfaches Pflaster ist Deutschland für auswärtige Distributoren. Erst vor kurzem hat wieder einer die Segel gestrichen.
Nur von Päckchen versenden kann heute kein Distributor mehr leben.
Nur von Päckchen versenden kann heute kein Distributor mehr leben.

Früher kamen die Großen aus USA und kauften sich in den deutschen Markt: Ingram Micro (House of Computers, J&W, Macrotron), Tech Data (Computer 2000) oder Merisel (DNS) und später dann CHS (Merisel, Frank&Walter, McDOS, Karma). Die Unternehmen waren börsennotiert, die Kriegskassen voll, der Erfolg keineswegs garantiert. Deutschland galt als schwieriges Pflaster.

Eigentlich galt der Markt als weitgehend konsolidiert, als mit ABC Data und Action Europe zwei polnische Distributoren voller Elan und Optimismus in den deutschen Markt expandierten.

Zwei Konzepte könnten unterschiedlicher nicht sein

ABC Data übernahm ein Team mit Distributionserfahrung und Know-how sowie Know-who im Druckergeschäft (Karl Tucholski - Konica Minolta, Samsung; Marcus Hammann - Konica Minolta, Samsung, Tech Data und Christian Seidl - Tech Data) und startete mit dem Spezialthema Managed Print Services (MPS).

Action Europe übernahm mit Devil einen Distributor (allerdings bereits in Schieflage) und einen Business Plan von Devil Gründer Karsten Hartmann. Dann tauschte die Firmenleitung das Management aus und begann mit klassischer Distribution an die übernommene wenn auch inzwischen geschrumpfte Kundenbasis.

Richtig ist, dass es sich bei MPS um ein interessantes Thema handelt und dass Marcus Hammann und Christian Seidl bei Tech Data mit dem Aufbau eines entsprechenden Bereichs befasst waren, bevor sie zu ABC Data stießen. Wer allerdings häufiger mit Systemhäusern, oder Druckerherstellern spricht, weiß, dass MPS alles andere als ein gesetztes Thema ist - selbst bei den Häusern ist, die sich auf Drucken spezialisiert haben.

Ganz vorne dran ist ALSO, die mit Heino Deubners Druckerfachmann allerdings eine gut funktionierende Organisation mit durchdachten Dienstleistungen übernommen haben. Inzwischen sind deren Angebote tief in den ALSO Online Shop integriert und werden von einer wachsenden Zahl an Systemhäusern genutzt. Ein Selbstläufer ist das MPS-Geschäft bei der ALSO allerdings nicht gewesen. Der Aufwand für Angebotsentwicklung, Vertrieb und Kommunikation ist sicherlich beträchtlich. Und ALSO profitiert von einer riesigen existierenden Kundenbasis in der Broadline-Distribution.

Alles Faktoren, die sich die ABC Data in Deutschland erst erarbeiten musste. Das war wohl nicht zu machen. Anfang Februar hat der Distributor die deutsche Niederlassung wieder geschlossen. Hintergrund sei ein Managementwechsel im Mutterkonzern in Polen gewesen betonte ein überraschter Karl Tucholski.

Anders gelagert der Fall in Braunschweig. Hier hat man inzwischen mehrfach das Management ausgetauscht und wohl eingesehen, dass man die Aufgabe zu optimistisch angegangen war beziehungsweise die Stellung der Devil im Markt überschätzt hatte. "Das Distributionsgeschäft alter Schule wie es die Devil früher betrieben hat, funktioniert in Deutschland längst nicht mehr", kommentierte ein bekannter Branchenbeobachter. Bei der Übernahme sei wohl nicht klar gewesen, dass es sich mehr um einen Neustart als um eine Fortführung des bestehenden Geschäfts handeln würde. Anders als ABC Data führt Action Europe seine deutsche Niederlassung weiter - ernüchtert, mit optimierter Kostenstruktur und vielleicht etwas mehr Geduld. (bw)

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