Offiziell gehört Red Hat bereits seit Sommer 2019 zu IBM, doch die Partnerlandschaften beider Hersteller bleiben auch 2024 weiterhin autark.
Und so hat das von Red Hat zu Beginn des Jahres verabschiedete neue Partnerprogramm keinerlei Auswirkungen auch die Channel-Beziehungen von IBM. Das betonte auch Dominic Schmitt, Director Ecosystem Central Europe bei Red Hat, im Gespräch mit ChannelPartner. Sein Verantwortungsbereich umfasst die DACH-Region, Benelux und Osteuropa und er berichtet an Dinko Eror, Vice President Zentraleuropa bei Red Hat.
"Das ist unser erstes globales Partnerprogramm", so der Manager weiter. Bisher hätte Red Hat seine Technologie- und Vertriebspartner immer nur als regional agierende Unternehmen betrachtet, das hat sich nun geändert. Außerdem wäre das alte Partnerprogramm ren auf die Transaktionen fixiert, das hätte sich nun geändert: "Uns ist der Impact (die Wirkung, Anm. d. Red.) des Partners auf den Kunden wichtig", sagt Schmitt. "Wer macht den Kunden wie glücklich?" wäre nun das entscheidende Kriterium für die Partnereinstufung. "An einem erfolgreichen Projekt sind meist mehrere Partner beteiligt: Einer führt die Transaktion durch, ein anderer implementiert die Software, unter Umständen betreibt noch ein weiterer Partner das System als Managed Service beim Kunden und dann gibt es noch die Berater", so umschreibt Schmitt Red Hats aktuelle Vorgehensweise beim Kunden.
Für die Einstufung der Partner auf die unterschiedlichen Levels sind mehrere Faktoren ausschlaggebend:
Umsatz
Skills und Zertifizierung
Neukunden-Akquise
Menge der PoC (Proof of Concepts, realisierbare Konzepte)
Dabei gelten natürlich andere Vorgaben in Österreich als in Deutschland.
Und es gibt unterschiedlich Partnertypen bei Red Hat:
Cloud-Anbieter (AWS, Microsoft, Google) und deren Vertriebspartner
ISVs (Independent Software Vendors, unabhängige Softwarehäuser und App-Entwickler)
Systemintegratoren wie Adfinis, Bechtle, Cancom und SVA
Infrastrukturpartner (Dell, HPE, IBM, Intel, Lenovo, Nvidia)
Vertikale Partner in Branchen wie Automobilbau, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen und Telekommunikation
Genau diesen unterschiedlichen Rollen und Aufgaben der Partner trägt nun Red Hats neues Partnerprogramm Rechnung: "Wir heißen auch Partner willkommen, die keine Transaktionen durchführen sondern Kunden nur helfen, die richtige Entscheidung zu treffen", so Dominic Schmitt weiter. Diese Partner findet der Manager immer öfter im Umfeld der Hyperscaler oder auch im Dunstkreis von VMware. Nun gelte es eben, auch diese Partner für die Technologien von Red Hat zu sensibilisieren und danach dementsprechend zu qualifizieren. Immer muss der Nutzen für den Kunden im Mittelpunkt stehen: "Customer first, Partner always", so lautet seine Devise.
In diesem Zusammenhang weist Schmitt auch auf den sogenannte "Partner Practice Accelerator" hin - einen neuen Bestandteil des Red Hat-Partnerprogramms hin: "Hierzu laden wir sich nur exzellent ausgebildete Partner ein, die ihre Kunden genauso gut wie wir betreuen können". Dies ist laut dem Channel-Chef dann der Fall, wenn diese Partner die auf Red Hats Technologien aufbauende IT-Infrastruktur ihrer Kunden bestens kennen.
Um den "Practice Accelerator" starten zu können, hat Red Hat nach Aussage von Schmitt die eigenen Systeme dementsprechend anpassen müssen: "Hierfür haben wir ein neues Partner-Management-System eingeführt." Ziel ist es, sich gemeinsam mit Partnern auf zwei Sachen konzentrieren zu können:
Co-Creation: Hier möchte Red Hat gemeinsam mit Partnerm für Kunden Lösungen "bauen", die sich von Kunde zu Kunde nicht so stark unterscheiden, daher hoch skalierbar und folglich für den Hersteller und seine Partner sehr lukrativ sind.
Skills: Mit Container-Technologien ("OpenShift") und KI-Kenntnissen ("Künstliche Intelligenz") sind Partner für die künftige Anforderungen ihrer Kunden bestens vorbereitet.
"Wir sind ein Produkt- und Plattform-Hersteller, und das werden wir auch bleiben", betont Red Hats Channel-Chef im weiteren Verlauf des Gesprächs mit ChannelPartner und er legt großen Wert auf die agnostische Vorgehensweise dabei. Red Hat offeriert beispielsweise die eigenentwickelte KI-Lösung "OpenShift AI" basierend auf der Infrastruktur von:
Intel ("OpenVino")
Nvidia
Vergleich zum Wettbewerb
Red Hats Multicloud-Container-Plattform "OpenShift" wiederum genießt nicht nur bei Kunden hohes Ansehen sondern auch bei Marktforschern: Forrester Research hat "OpenShift" deutlich vor den Wettbewerbsprodukten von Google, Suse und VMware ("Tanzu") platziert - sowohl was die Marktdurchdringung als auch die Funktionsvielfalt betrifft; Stand: viertes Quartal 2023.
Marktakzeptanz des neuen Partnerprogramms
Erster deutscher Red Hat-Partner, den der Anbieter in den erlauchten Kreis der "Accelerators" aufgenommen hat, ist SVA. Sarah Mueck, dort als Head of Business Line Agile IT & Software Development tätig, ist darüber höchst erfreut: "Das Partner 'Practice Accelerator'-Programm unterstützt uns bei der Realisierung unserer Service- und Software-basierter Projekte. Dabei spielen Standardisierung und Automatisierung - vor allem bei der Erstellung von Branchenlösungen - eine immer größere Rolle", so die Managerin weiter. Ihrer Erfahrung ist mit Standards eine höhere Qualität realisierbar und Automatisierung hilft, Zeit einzusparen, so werden Kunden deutlich schneller produktiver.
Das neue Partnerprogramms von Red Hat haben sich auch Marktforscher genauer angeschaut. Steve White, Program Vice President Channels and Alliances bei IDC, kann die "DNA von Red Hat" in der Entwicklung des neuen Partnerprogramms erkennen: "Die Änderungen am Partnerprogramm sind gut begründet. Es geht um einfachere und flexiblere Einbindung der Partner an den Hersteller. Das Channel-Ökosystem steht dabei im Mittelpunkt und die vertriebsunterstützenden Tools sind für gut aufeinander abgestimmt." Laut White möchte Red Hat noch weitere Verbesserungen am Partnerprogramm vornehmen.
Meinung des Redakteurs:
Trotz deutlicher Fortschritte in seinen Beziehungen zum Channel bleibt Red Hat hier ein Nischen-Player - übrigens genauso wie IBM. Beiden Marken tauchen nämlich nicht in dem Ranking der für den Channel bedeutendsten Anbieter im Bereich Software auf (Quelle: Context). Das dürfte sich erst dann ändern, wenn IBM die Red Hat deutlicher als bisher als eigene Marke führen wird. Derzeit sieht es aber nicht danach aus, als ob Big Blue vorhätte, die beiden Channel-Communitys unter einem gemeinsamem Partnerprogramm zusammenzufassen.
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