Cisco hat angekündigt, die hierzulande noch recht unbekannte US-Firma ThousandEyes zu übernehmen. Selbst nennt der Netzwerkausrüster keinen Kaufpreis, spricht aber von einer "bedeutenden Akquisition" und vergleicht sie mit der Übernahme von Sourcefire 2013. Dafür zahlte Cisco damals 2,7 Milliarden Dollar. Bloomberg will von Insidern erfahren haben, dass der Kaufpreis für ThousandEyes bei knapp einer Milliarde Dollar liegt.
Die Technologie von ThousandEyes richtet sich an Unternehmen, die für ihren Geschäftsbetrieb auf reibungslose Netzwerkverbindung zu ihren Benutzern zwingend angewiesen sind. Sie kann exakt bestimmen, wo die Ursachen für Fehler oder Qualitätsmängel liegen und aufzeigen, wie sich die beheben lassen. Dazu dienen - wie der Name ThousandEyes andeutet -, tausende von Agenten, die im Internet verteilt sind. "Damit verfügt die Plattform von ThousandEyes über ein beispielloses Verständnis des Internets und wird mit jeder Bereitstellung intelligenter", lobt Cisco den künftigen Neuzugang im Portfolio.
Cisco-Sparte AppDynamics wird aufgewertet
Der vielfach als Wettbewerber der Cisco-Sparte AppDynamics gesehene Anbieter komplettiert also die Technologie des 2017 von Cisco für 3,7 Milliarden Dollar erworbenen Spezialisten für Application Monitoring "durch proaktive Anwendungsmodellierung, um die Qualität der Anwendungserfahrung (QoE) zu verbessern", wie Cisco es formuliert.
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Die Funktionen von ThousandEyes sollen daher auch Teil des AppDynamics-Portfolios werden. Mit dem sollen dann "noch tiefere Einblicke in Anwendungen, gepaart mit echter Network Intelligence von ThousandEyes" möglich werden. Offenbar will Cisco damit vor allem im Cloud- und SaaS-Bereich nachrüsten, der immer wichtiger wird, in dem AppDynamics aber schlechter aufgestellt ist als ThousandEyes.
In Deutschland spielt ThousandEyes noch eine untergeordnete Rolle. Hierzulande hatte das Unternehmen seit Herbst 2019 mit Stefan Marmonti als Regional Sales Manager DACH damit begonnen, lokale Kunden zu gewinnen und Partner zu akquirieren. Als Wettbewerber von Cisco respektive AppDynamics wurden eher Dynatrace, New Relic, Riverbed Technology oder auch Kaseya und IBM gesehen. Auch Micro Focus ist mit Teilen der von HPE geerbten Software hier aktiv. Und natürlich erheben auch BMC Software und Oracle den Anspruch, in dem Bereich mitzumischen.
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Teilbereiche der von ThousandEyes gebotenen Funktionen in einem eher für den Mittelstand verdaulichen Format bieten zudem auch Solarwinds Pingdom und Solwarwinds NMP. Aber auch AppNeta, das sich auf die Analyse aus Sicht der Endanwender konzentriert, sowie Datadog und Zenoss, die zum Beispiel von Forrester als führend im Marktsegment "Intelligent Application and Service Monitoring" gesehen werden, sind hier zu nennen.
ThousandEyes in Deutschland erst gestartet
Mit Teilbereichen und Marktsegmenten wird sich Cisco allerdings bekanntlich nicht zufrieden geben. Das Unternehmen strebt selbstverständlich an, die Nummer eins in den beackerten Märkten zu sein. Investitionen von nun geschätzt knapp fünf Milliarden Dollar, wenn man kleinere Übernahmen wie die des Cloud-Optimierers Cmpute.io und des Machine-Learning-Spezialisten Perspica hinzurechnet, die auch in die AppDynamics-Sparte eingegliedert wurden, belegen dies eindrucksvoll.
Und offenbar war man sich nicht sicher, in dem als wichtig erachteten, aber sich sehr schnell und dynamischen Marktsegment der Anwendungsüberwachung- und Optimierung, aus eigener Kraft mithalten zu können. Also griff Cisco auf das bewährte Mittel einer gezielten Übernahme zurück. Das ThousandEyes deren Ziel wurde, erstaunt nicht. In Nordamerika zählte Deloitte das Unternehmen 2019 zu den am schnellsten wachsenden Firmen. Allerdings bewegte sich das Wachstum noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau: Für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2020 meldete das junge Unternehmen im März 2020 einen Auftragseingang in Höhe von 100 Millionen Dollar, allerdings einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 80 Prozent.
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Außerdem hatte man - auch dank 50 Millionen Dollar aus einer Serie-D-Finanzierungsrunde Anfang 2019 die Zahl der Angestellten weltweit auf fast 400 erhöht und im Zuge dessen auch einen neuen Standort in Deutschland eröffnet. Für die Expansion im deutschsprachigen Raum wurden Mathias Widler als VP Central EMEA, und Stefano Marmonti als Regional Sales Manager DACH, verpflichtet. "Unsere Erfolge im Geschäftsjahr 2020 und die riesige Nachfrage der Kunden im DACH-Markt zeigen, welch hohe Relevanz tiefgehende Einblicke in digitale Services für weltweit agierende Unternehmen haben", zeigte sich Widler Anfang 2020 bereits sehr zufrieden.