Was verbindet Mainframe und Cloud? Im Prinzip nichts, aber um weiter zu wachsen, will Amazon Web Services (AWS) Enterprise-Kunden zur Migration weg vom Mainframe in die Cloud bewegen. 15 Jahre, nachdem AWS mit der Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) startete, braucht die Company weitere Services, um zu expandieren, um sich im globalen Wettbewerb mit Hyperscalern wie Google, Microsoft oder Alibaba zu behaupten.
AWS Mainframe Modernization
Einer dieser neuen Services ist AWS Mainframe Modernization. Mit dem Service sollen Anwender ihre Mainframe- und Legacy-Workloads schneller und einfacher in die Cloud migrieren können. Dazu bietet Mainframe Modernization laut AWS-CEO Adam Selipsky eine vollständige Entwicklungs- und Laufzeitumgebung, mit der Anwender ihre Workloads, die für Mainframes in älteren Programmiersprachen (etwa COBOL) geschrieben wurden, in moderne Java-basierte Cloud-Services umwandeln können. Ebenso hätten die Anwender aber auch die Möglichkeit, ihre Workloads so zu belassen, wie sie geschrieben wurden, und könnten sie so mit minimalen Code-Änderungen auf AWS transferieren.
Unabhängig davon, für welchen Ansatz die Anwender sich entschieden, stelle AWS Mainframe Modernization eine Laufzeitumgebung für die migrierten Anwendungen bereit, die einen fully-managed Service sowie ein automatisches Provisioning beinhalte. Weitere Features des Dienstes sind Security-Funktionen, Load-Balancing, Auto-Scaling sowie eine Überwachung des Anwendungsstatus. AWS Mainframe Modernization ist als Preview in den Regionen USA Ost (Nord-Virginia), USA West (Oregon), Asien-Pazifik (Sydney), EU (Frankfurt) und Südamerika (São Paulo) verfügbar. In den kommenden Monaten sollen weitere AWS-Regionen folgen.
AWS Private 5G
Keep it simple, verspricht AWS auch mit einem anderen neuen Service: Der Hyperscaler will künftig im Geschäft mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G mitmischen. Das Versprechen dabei: Per Maus können sich Unternehmen ein privates 5G-Netz zusammenklicken - den Rest übernimmt AWS. "Mit ein paar Klicks können Unternehmen das geografische Gebiet, das sie abdecken möchten, zusammen mit der Menge des Datenverkehrs, den das Netzwerk bewältigen soll, angeben, und wir erledigen den Rest - und liefern alles, was sie für den Betrieb des Netzwerks benötigen, sodass sie keine Hardware und Software von mehreren Anbietern kaufen, integrieren und warten müssen", so Selipsky auf der AWS-Hausmesse re:Invent 2021.
Per Mausklick zum 5G-Netz
Auf diese Weise könnten Unternehmen ihr eigenes privates 5G-Netzwerk innerhalb von Tagen statt Monaten erhalten und müssten sich zudem nicht mit der Beschaffung, Skalierung und Wartung von Geräten auseinandersetzen. AWS liefert und verwaltet nach eigenen Angaben die vorintegrierten Small-Cell-Funkeinheiten, Server, 5G-Core- und RAN-Software sowie SIM-Karten, die für den Betrieb des Netzwerks benötigt werden, so dass keine Hardware und Software von mehreren Drittanbietern beschafft, integriert und gewartet werden müsse. Nach Inbetriebnahme konfiguriere AWS Private 5G automatisch das mobile Netzwerk.
Dabei lässt sich AWS Private 5G in das AWS Identity and Access Management (IAM) integrieren, sodass Netzwerkadministratoren direkt steuern können, auf welche Ressourcen mobile Geräte in ihren privaten mobilen Netzwerken zugreifen können. Unternehmen können mit AWS Private 5G mit kleinen Netzwerken und wenigen Geräten beginnen und dann den Bedarf nach der Inbetriebnahme analysieren und falls erforderlich mehr Geräte hinzufügen und das Netz skalieren. Abgerechnet wird per Pay-as-you-go.
AWS IoT TwinMaker
Doch in Sachen Smart Factory, IoT und Industrie 4.0 ist ein privates 5G-Netz nur die halbe Miete, um Roboter, Produktionsanlagen zu vernetzen und zu steuern. Ebenso wichtig zur Steuerung sind heute digitale Zwillinge. Eine Domäne, in der bislang vor allem deutsche Maschinenbauer an vorderster Front mitmischten. Dieses Marksegment will Amazon nun mit dem AWS IoT TwinMaker adressieren. Glaubt man AWS-Chef Selipsky, so lassen sich mit dem TwinMaker digitale Zwillinge von Geräten, Anlagen und Prozessen schnell entwickeln, indem der Service Datenquellen wie Anlagensensoren, Video-Feeds und Geschäftsanwendungen miteinander verbindet. Der Prozess der mühsamen manuellen Verbindung verschiedener Arten von Daten aus unterschiedlichen Quellen entfalle damit.
Hierzu enthält der TwinMaker integrierte Konnektoren für AWS IoT SiteWise, Amazon Kinesis Video Streams und Amazon S3, um die Erfassung von Daten aus einer Vielzahl von Quellen zu erleichtern. Zudem können Anwender ihre eigenen Konnektoren für Datenquellen wie Amazon Timestream oder Snowflake hinzufügen. Aus diesen Daten erstellt TwinMaker automatisch einen Wissensgraphen, der die Beziehungen der angeschlossenen Datenquellen kombiniert und versteht, so dass er den digitalen Zwilling mit Echtzeitinformationen aus dem modellierten System aktualisieren kann.
Vorhandene 3D-Modelle (etwa CAD- und BIM-Dateien, Punktwolken-Scans etc.) lassen sich laut Amazon direkt importieren, um so3D-Visualisierungen der physischen Systeme (beispielsweise Gebäude, Fabriken, Anlagen, Produktionslinien usw.) zu erstellen und die Daten aus dem Wissensgraphen über die 3D-Visualisierungen zu legen. Sobald der digitale Zwilling erstellt ist, können Entwickler ein TwinMaker-Plugin für Amazon Managed Grafana verwenden, um eine webbasierte Anwendung zu erstellen, die den digitalen Zwilling auf den Geräten anzeigt, die Anlagenbetreiber und Wartungstechniker zur Überwachung und Inspektion von Anlagen und Industriesystemen verwenden.
Auch hier müssen sich Interessenten aus Deutschland noch etwas gedulden. Eine Preview des AWS IoT TwinMaker ist den AWS-Regionen USA Ost (Nord-Virginia), USA West (Oregon), Asien-Pazifik (Singapur) und Europa (Irland) verfügbar. Weitere Regionen sollen folgen.
AWS IoT FleetWise
Stärker adressieren will AWS künftig auch den Automotive-Bereich, um vom Ökosystem Auto zu profitieren. Im Gegensatz zu Google plant AWS dabei aber nicht, in den direkten Wettbewerb mit den OEMs zu treten und ihnen ihre Kundendaten, sprich die Daten der Autofahrer, streitig zu machen. Mit AWS IoT FleetWise agiert der Hyperscaler vielmehr als Technology-Enabling-Partner für die Autoindustrie. FleetWise soll den Autobauern dabei helfen, die wachsende Datenflut, die moderne Fahrzeuge generieren, zu bewältigen und zu transferieren. "Die Sensoren heutiger Autos können bis zu zwei Terabyte Daten pro Stunde und Fahrzeug erzeugen, was in etwa dem Datenvolumen von 1.000 Stunden Film entspricht", so Selipsky, "das treibt die Kosten für die Übertragung in die Cloud enorm in die Höhe." Weshalb es FleetWise als Managed Service den Herstellern ermöglichen soll, Daten von Fahrzeugen unabhängig von Marke oder Modell zu sammeln und zu organisieren und sie für die Analyse in der Cloud zu standardisieren.
Konkret soll AWS IoT FleetWise auf das eindeutige Datenformat eines Fahrzeugs zugreifen und dann die Daten strukturieren und standardisieren, so dass der Autobauer kein eigenes fahrzeugspezifisches Datenerfassungssystem entwickeln muss.
In der Vorstellung von Selipsky beginnen die Hersteller in der AWS Management Console künftig mit der Definition und Modellierung von Fahrzeugattributen (etwa ein zweitüriges Cabrio) und den Sensoren, die mit der Automarke, dem Modell und Optionen wie Motortemperatur, Frontalaufprallwarnung, Einparkhilfe etc. für einzelne Fahrzeugtypen oder mehrere Fahrzeugtypen in ihrer gesamten Flotte verbunden sind.
Nach der Modellierung installieren die Automobilhersteller die AWS IoT FleetWise-Anwendung auf dem Fahrzeug-Gateway - also einem Kommunikationsknotenpunkt im Fahrzeug, der Daten überwacht und sammelt - damit Informationen gelesen, dekodiert und an AWS übertragen werden können.
Mittels intelligenter Filter können die Hersteller die Daten auswählen, die sie für ihre Anwendungsfälle benötigen. Damit sinkt die in die Cloud übertragene Datenmenge und auch die Übertragungskosten . Sobald die Daten mit AWS IoT FleetWise in die Cloud übertragen wurden, so der AWS-Boss weiter, können die Autobauer weitere AWS-Services nutzen, um aus den Fahrzeugdaten einen Mehrwert zu ziehen. Beispielsweise könnte ein Autohersteller mithilfe intelligenter Filter Kameradaten von Fahrzeugen erfassen, die auf neu gebauten Autobahnen unterwegs sind, wenn ein Fahrassistenzsystem den Text auf Straßenschildern mit weniger als 90prozentiger Sicherheit erkennt. In der Cloud könnten diese Daten dann auf Genauigkeit geprüft werden, um die Machine-Learning-Modelle der Fahrsysteme zu verbessern.
AWS IoT FleetWise mit standardmäßiger Fahrzeugdatenerfassung ist ab sofort in den USA Ost (Nord-Virginia) und Europa (Frankfurt) als Preview verfügbar. Weitere AWS-Regionen sollen in Kürze folgen.
Serverless Analytics
Für AWS-Kunden, die Analysedienste des Unternehmens nutzen, um datengesteuerte Entscheidungen zu treffen, gibt es jetzt auch Serverless-Versionen dieser Services. Konkret handelt es sich dabei um die Analyse-Services Amazon RedShift, Amazon MSK und Amazon EMR. Damit könnten die Anwender Daten in großem Umfang analysieren, ohne sich um die Einrichtung und Verwaltung der zugrunde liegenden Infrastruktur kümmern zu müssen. So fügen die serverlosen Versionen automatisch Ressourcen hinzu oder ziehen sie ab, um on demand die richtige Menge an Analysekapazität bereitzustellen.
Neue Chips und Instanzen für EC2
Vor rund 15 Jahren startete AWS mit der Amazon Cloud Elastic Compute Cloud (EC2), um Rechenleistung on demand aus der Cloud zu vermarkten. Daraus entwickelte sich ein Geschäft, das heute über 475 verschiedene Instanzen-Typen umfasst. Ein Business, das laut Selipsky heute noch immer floriert, weshalb der Konzern jetzt mit einer neuen selbst entwickelten Chip-Generation nachlegt. Im Detail handelt es sich dabei um AWS Graviton 3, AWS Trainium sowie AWS Nitro SSD.
C7g-Instanzen, die auf den neuen Graviton-3-Prozessoren laufen, sollen eine bis zu 25 Prozent bessere Leistung für rechenintensive Arbeitslasten im Vergleich zu C6g-Instanzen bieten. Zudem hätten die ARM-basierten CPUs eine bis zu zweimal höhere Gleitkommaleistung. Seine neuen Trn1-Instances, die von AWS Trainium-Chips befeuert werden, bewirbt Amazon mit einem verbesserten Preis-Leistungsverhältnis. So könnten die Kosten für die Schulung von Deep-Learning-Modellen im Vergleich zu den neuesten P4d-Instances um bis zu 40 Prozent niedriger ausfallen. Auf Basis von AWS Nitro SSD sind die Im4gn/Is4gen/I4i-Instanzen so konzipiert, dass die Speicherleistung von E/A-intensiven Workloads maximiert wird. So bieten die Im4gn/Is4gen/I4i-Instanzen bis zu 30 TB NVMe-Speicher AWS Nitro SSDs, die im Vergleich zu den I3-Instanzen der vorherigen Generation eine um bis zu 60 Prozent niedrigere E/A-Latenz und eine um 75 Prozent niedrigere Latenzvariabilität bieten.