Wie Channel-tauglich ist die Public-Cloud?
Abgesehen von datenschutzrechtlichen Problemen ist die Weitervermarktung von Public-Cloud-Angeboten für Reseller auch aus anderen Gründen bislang eher uninteressant.
Denn in der Regel schließt hier der Endkunde den Vertrag direkt mit dem Hersteller. Dem Partner bleibt hier nur die Vermittlerrolle. "Davon kann ein Partner nicht leben, weil der Hersteller erstens die Preise, die Vermittlungsprovision und damit die Marge diktiert. Zweitens sind es überwiegend Standardprodukte oder -dienste. Somit fehlen Alleinstellungsmerkmale, die der Partner gegenüber dem Endkunden verargumentieren könnte", bemängelt Cema-Vorstand Rolf Braun.
Beispiel: Microsoft Office 365 vs. SPLA
Um Microsoft Office 365 zu nutzen, bucht sich der Endkunde direkt bei Microsoft ein. Der Partner liefert lediglich den Key für die Freischaltung. Den Endkundenpreis setzt Microsoft fest, ebenso wie die Höhe der Händlerprovision. Um diese Provision zu erhalten, muss der Reseller für alle Transaktionen, die seine Endkunden durchgeführt haben, eine Rechnung an Microsoft stellen. Microsoft rechnet dann direkt mit dem Endkunden ab.
Es könnte auch passieren, dass ein großes Systemhaus diese von Microsoft definierte Marge nicht in voller Höhe ausschöpfen will. Dann wird er Office 365 günstiger anbieten und damit die Gewinnspanne aller anderen Partner quasi unterwandern. Dieses Problem ist jedoch weder neu noch Cloud-spezifisch. Überhänge aus Projektgeschäften wurden und werden auch im klassischen Hardwarevertrieb häufig auf diese Weise verhökert. Gleiches gilt für Posten, die der Hersteller gerne am Quartalsende noch schnell über die Ladentheken bringen will, um die Umsatzziele zu erreichen.
Im Public-Cloud-Business kommt jedoch noch eine ganz andere Preisfrage zum Tragen: Ein Endkunde, der beispielsweise Office 365 direkt aus der Microsoft-Cloud bezieht, zahlt im Schnitt 50 bis 80 Prozent weniger, als es ein Reseller angesichts des Microsoft-Partner-Preismodells jemals anbieten könnte, berichten mehrere Partner. Für sie ist klar: "Wir bieten unseren Kunden kein Office 365 an, sondern betreiben ausschließlich SPLA-Lizenzen."
Im Gegensatz zu Office 365 schließt der Endkunde beim SPLA-Modell (Service Provider Licence Agreement) den Vertrag ausnahmslos mit dem Vertriebspartner. Vermieten lassen sich auf diesem Wege über 90 Prozent der Microsoft-Lizenzen, beispielsweise SharePoint, ERP- und Office-Pakete. Die SPLA-Lizenzen können Partner über den Distributor ADN beziehen.
Das Programm lässt sich außerdem mit dem Citrix-SPLA-Programm kombinieren, das ADN ebenfalls anbietet. Citrix-SPLA umfasst Lizenzen für Citrix Xen Server, Xen Desktop, Xen App sowie den Provisioning-Server. Abgerechnet wird bei beiden SPLA-Programmen monatlich pro Nutzungseinheit: Der Partner meldet die tatsächliche User-Nutzung der einzelnen Produkte an ADN. Der Hosting-Partner erhält dann für die monatliche Gesamtnutzung von ADN eine Rechnung. ADN meldet die Reports aller Service-Provider gebündelt an Citrix beziehungsweise Microsoft zur Abrechnung.
Voraussetzung für die Teilnahme an den Programmen ist eine bestehende Hosting-Infrastruktur, die der Partner auf seinem eigenen Rechenzentrum oder auf dem seines Endkunden betreibt.
Weiterer Vorteil der SPLA-Programme: Der Reseller kann dieses Angebot um eigene Services erweitern und bleibt in jedem Fall der zentrale Ansprechpartner für den Endkunden. Ähnlich funktioniert VMware Service Provider Program (VSPP).
Trouble-Shooter statt Lösungspartner
Ganz außen vor ist der Partner beim Modell Microsoft 365 allerdings nicht: Denn er übernimmt den Support für den Endkunden und kann damit Geld verdienen. Also doch eine Chance?
"Für uns als Reseller stellt das keinen Mehrwert dar. Denn die Uraufgabe eines Systemhauses ist es doch, den Kunden so zu beraten, dass es gar nicht erst zu Problemen kommt. Im Fall von Office 365 kommt er aber erst als "Trouble-Shooter" ins Spiel. Wenn er nur in dieser Funktion agieren kann, kann der Kunde ihm gegenüber kein großes Vertrauen aufbauen. Auch deshalb sind Public-Cloud-Angebote wie diese für uns nicht interessant", führt Cema-Vorstand Rolf Braun aus.