Haken und Ösen

Cloud und Channel – Wo es hakt, was funktioniert

08.12.2011

Phantasiepreise in der Public Cloud

Inox-Tech-Geschäftsführer Michael Döderlein war zunächst erstaunt, dass Kunden in der Größe bis zu 200 Mitarbeitern gerade jene Bereiche nur selten auslagern wollten, für die er die größte Nachfrage erwartet hatte, nämlich Standardlösungen wie das Hosting von Exchange Servern.

Michael Döderlein, Geschäftsführer von Inox-Tech: "Viele der von Herstellern und Anbietern beworbenen Public-Cloud-Preise sind Augenwischerei."
Michael Döderlein, Geschäftsführer von Inox-Tech: "Viele der von Herstellern und Anbietern beworbenen Public-Cloud-Preise sind Augenwischerei."
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Er musste feststellen, dass viele Kunden vor den Kosten, vor allem im gesamten Microsoft-Produktbereich, zurückschrecken: "Sie lesen von sehr günstigen Angeboten, mit denen Microsoft beispielsweise für die Auslagerung von Exchange-Mailbox-Postfächern wirbt. Aber das umfasst nur die reinen SPLA-Lizenzkosten (Service Provider Licence Agreement)", so Döderlein. "Die Preise, die die Hersteller und viele Anbieter kursieren lassen, sind einfach Augenwischerei."

Active-Logistics-Chef Werner Habryka sagt zu diesem Thema: "Der Endkunde wird dazu verleitet, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Denn in den Herstellerpreisen sind in der Regel die Kosten für Support, Service und Betrieb, ganz zu schweigen für Hochverfügbarkeit, oft nicht eingepreist. Und viele sind dann überrascht, wenn wir ein komplettes Angebot unterbreiten, das diese wichtigen Themen mit abdeckt."

Werner Habryka, Geschäftsführer von Active Logistics: "Für Firmenkunden ist das Zusammenspiel von Hardware, Software und Applikationen wesentlich. Das kann nur ein Partner leisten."
Werner Habryka, Geschäftsführer von Active Logistics: "Für Firmenkunden ist das Zusammenspiel von Hardware, Software und Applikationen wesentlich. Das kann nur ein Partner leisten."
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Einen aussagekräftigen Vergleich mit den Kosten, die dem Endkunden entstehen, wenn er die Postfächer hausintern betreibt, ist kaum möglich. Denn die wenigsten haben einen Überblick über ihre "Eh-da-Kosten".

Auch im Serverbereich gibt es ähnliche Beispiele. So bietet IBM zwar extrem niedrige Einstiegspreise für Cloud-basierte Serversysteme an (IaaS). "Werden jedoch zusätzliche Prozessoren oder andere Zusatzkomponenten benötigt, dann wird es für den Kunden richtig teuer", moniert ein Partner.

Den Datenbankserver Informix bot IBM als kostenlose Version an - allerdings gab es hier weder die Möglichkeit, einen Support-Vertrag abzuschließen, noch SLAs zu vereinbaren. Im Problemfall konnte sich der Kunde nur an die Entwickler-Community wenden. "Die Kunden kamen letztlich zu uns zurück", berichtet der Geschäftsführer eines weiteren Systemhauses. Das Risiko, Hersteller könnten im Cloud-Zeitalter den Partner ausbooten, befürchtet dieser Manager insofern nicht.

Den Erfahrungen des Active-Logistics-Chefs Werner Habryka zufolge ist ohnehin "für Firmenkunden das Zusammenspiel zwischen Hardware, Software und Systemapplikationen wesentlich - und das kann kein Hersteller leisten, das kann nur ein Partner".

Hosting: selber machen oder mieten?

Wer Cloud-basierte Dienste vermarkten will, braucht eine Hosting-Infrastruktur, die höchsten Sicherheits- und Hochverfügbarkeitsansprüchen genügt und obendrein skalierbar ist. Mieten oder selbst aufbauen lautet für Partner hier die entscheidende Frage.

Die Kosten für den Aufbau und Betrieb eines eigenen Hosting-Rechenzentrums sind nicht zu unterschätzen, das berichten alle Systemhäuser, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben. "Eine eigene Hosting-Infrastruktur trägt sich erst ab einem gewissen "Füllstand", der zum Startzeitpunkt nicht gewährleistet ist. Daher ist neben einer genauen Kostenkalkulation auch das Konzept einer skalierbaren Plattform entscheidend", sagt Inox-Tech-Chef Michael Döderlein. Um Skaleneffekte zu nutzen, beschloss der Passauer Systemintegrator, die Leistungen seiner 2009 gegründeten Hosting-Tochter Extend-IT nicht nur dem eigenen Unternehmen, sondern auch anderen Resellern zur Verfügung zu stellen. Extend-IT agiert dabei ausschließlich als Hosting-Dienstleister für Wiederverkäufer und unterhält keinen eigenen Endkundenvertrieb.

Für Partner, die sich bislang nur auf Teilbereiche eines Datacenters spezialisiert haben und sich später zum Aufbau eines eigenen Rechenzentrums entschlossen, können die dabei gewonnenen Erfahrungen hilfreich für die spätere Kundenberatung sein, wie ein Kölner Systemhaus, das ursprünglich aus dem Netzwerklösungsgeschäft kam, berichtet: "Wir waren schon überrascht, wie viel Strom im Rechenzentrum verbraucht wird - und wie viel sich durch intelligentes Gebäudemanagement und Virtualisierung einsparen lässt. Diese Erfahrung war für uns neu, doch aufgrund dieser Erkenntnisse können wir unsere Kunden jetzt auch rund um Klimatisierung und USV viel intensiver beraten."

Für Neueinsteiger im Hosting-Geschäft entpuppte sich außerdem die strenge Mandantenfähigkeit, die extrem granular und durchgängig sein muss, als große Herausforderung. Und in manchen Regionen scheitert der Wunsch, ein eigenes Hosting zu betreiben, schlicht und ergreifend an der Netzinfrastruktur: Denn als Rechenzentrumsbetreiber muss der Partner seinem Kunden gewährleisten, dass auch dann alle Dienste zur Verfügung stehen, wenn es zum Beispiel keine DSL-Leitung gibt.

Sich die benötigte Hosting-Infrastruktur von einem bestehenden Rechenzentrumsbetreiber zu mieten ist die Alternative, für die sich unter anderem die Cema AG entschieden hat. "Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht", so Braun.

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