"Was wir online machen, kann nicht so schlecht sein"
Ein Beispiel für einen Online-Händler auf den Weg in den stationären Handel ist Cyberport. Mit seinen 500 bis 900 Quadratmeter großen Multichannel-Stores setzt der Online-Händler im Prinzip auf das gleiche Konzept wie "Saturn Connect"…
Kirsch: Wir betrachten kleinere Läden nur als Ergänzung oder als Satellit zu unseren großen Geschäften. Was will ein Kunde denn in einem kleinen Laden anschauen? Dort kann er nur online bestellte Ware abholen. Wir positionieren einen kleineren Saturn dagegen als Spezialanbieter ergänzend zu den klassischen Saturn-Geschäften. Aber nur eine kleine Fläche und ein großer Onlineshop – das bringt nichts.
Stichwort Online: nach spätem Start kam Media-Saturn 2013 auf einen Online-Umsatz von 1,25 Milliarden Euro. Das klingt nach viel, beinhaltet aber sowohl Redcoon wie auch das europaweite E-Commerce-Geschäft von Media Markt und Saturn. Wie zufrieden sind Sie mit der Geschwindigkeit der Online-Entwicklung?
Kirsch: Das ist einerseits viel zu langsam, andererseits legt unser Online-Geschäft aber kräftig weiter zu. Online ist für uns auch ein Motor für Umsätze, die stationär abgewickelt werden. Deshalb ist es uns auch im Prinzip egal, ob Einnahmen online oder stationär erwirtschaftet werden, Hauptsache, der Umsatz bleibt bei Media-Saturn.
Wenn wir ein Startup an der Börse wären und über eine Milliarde Euro Online-Umsatz machen würden, wären wir auf dem Markt ein Megastar. Bei uns sagen dagegen alle: über eine Milliarde Euro sind nicht so viel. Aber wenn Sie sehen, wie stark sich Redcoon, Mediamarkt.de und Saturn.de entwickeln – und das in einer Zeit, in der das Online-Wachstum so gering ist, wie selten zuvor – dann kann das, was wir machen, nicht so schlecht sein. Wir werden sowohl unser Multichannel-Business als auch Online Pure Play kräftig weiterentwickeln und wollen hier auch künftig überproportional wachsen.
Vor einigen Jahren standen die Marktgeschäftsführer zentral geführten Media-Saturn-Onlineshops noch ablehnend gegenüber. Wie ist heute die Akzeptanz für Ihren Online-Kurs?
Kirsch: Seitdem ist viel in den Köpfen der Geschäftsführer passiert. Alle haben verstanden, dass Online nicht der Feind ist, sondern uns im Gegenteil hilft. Wir müssen weiter ausprobieren, was für unser Unternehmen richtig ist und welche Funktionalitäten wir haben wollen. Dabei stört uns unsere Dezentralität nicht, sie hilft uns vielmehr – gerade in dieser Zeit.
"Das stationäre Geschäft können wir sehr gut"
Media Markt und Saturn sind für aufmerksamkeitsstarke Werbekampagnen bekannt. Inwiefern hat sich ihre Werbestrategie in den letzten Jahren verändert?
Kirsch: Man muss sich immer verändern. Wir werden zwar die Tonalität unserer Werbung nicht ändern, doch stellen wir heute die Markenqualität verstärkt ins Zentrum. Wir haben weiterhin einen sensationellen Preis, doch bieten wir auch eine Reihe von Merkmalen, die es rechtfertigen, dass unsere Kunden im Vergleich zu irgendeinem Online-Garagenhändler ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen.
Redcoon steht heute für billig. Media Markt und Saturn dagegen müssen sich zum Beispiel mit einem sogenannten Multichannel-Händler wie Cyberport vergleichen lassen. Wenn Online-Händler heute sagen, sie gehen in den stationären Handel, dann ist uns das willkommen, denn Stationär können wir nun wirklich sehr gut. Und wenn Kunden einfach nur billig kaufen möchten, ohne zusätzliche Services, dann sind sie bei Redcoon sehr gut aufgehoben.
Viele Händler – von Mobilfunk-Ketten bis zu den Verbundgruppen – versuchen sich heute als primäre Anlaufstelle für vernetztes Wohnen und Smart Devices in Szene zu setzen. Welche Rolle spielt dieses Zukunftsthema für Media-Saturn?
Kirsch: Auch wir sehen uns prädestiniert dafür, dieses Thema in den Markt zu tragen. Denn wir haben die größten Flächen und können hier auch am besten die Produkte zeigen. Zudem braucht man spezifisch geschulte Fachberater, um diese Themen überhaupt richtig umsetzen zu können. Sicherlich ist bei uns die Präsentation vernetzter Produkte noch nicht optimal, aber wir probieren vieles aus. Vor allem an den großen Standorten haben wir reichlich Präsentationsflächen, um Szenarien für vernetztes Wohnen zu zeigen. Wenn wir sehen, dass bestimmte Beispiele hier besonders gut funktionieren, werden wir diese entsprechend weiterentwickeln.
Vernetze Produkte, aber auch der Boom bei Smartphones und Tablets führen zu einer immer größeren Konvergenz zwischen Elektronik- und TK-Handel. In Großbritannien kam es kürzlich sogar zur Fusion von Dixons und Carphone Warehouse. Media-Saturn arbeitet im Mobilfunkbereich schon seit einigen Jahren mit Mobilcom-Debitel – wäre auch hier ein Zusammengehen vorstellbar?
Kirsch: Wir haben das Thema Mobile in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und bieten inzwischen auch eigene Smartphone- und Datentarife an. Im Prinzip wäre es mir am liebsten, wenn wir für jedes Produkt, das eine SIM-Karte hat, auch den entsprechenden eigenen Tarif dazu hätten. Heute arbeiten wir hier mit verschiedenen Partnern zusammen, wie zum Beispiel Mobilcom-Debitel, aber auch Telefonica O2. Wir fühlen uns im Mobile-Bereich in Deutschland aber auf jeden Fall stark genug und müssen nicht jemand einkaufen, der uns zeigt, wie das Geschäft funktioniert. (mh)