Anders, so der Arbeitsrechtler, sei der Fall allerdings, wenn das Weihnachtsgeld als "Gratifikation" gezahlt werde. Diese werde in der Regel für vergangene und zukünftige Dienste gezahlt. Hier kommt es in erster Linie auf die Bedingungen des Arbeitsvertrages, eine etwa bestehende Betriebsvereinbarung oder den geltenden Tarifvertrag an. Gesetzlich sei die Rückzahlungsverpflichtung nicht geregelt. Habe der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld freiwillig gezahlt, könne sich eine Rückzahlungsverpflichtung auch aus der Bekanntmachung über die Zahlung des Weihnachtsgeldes ergeben.
Eine Rückzahlungsverpflichtung für eine bezogene Gratifikation bestehe nur, so Henn, wenn diese ausdrücklich vereinbart wurde und die entsprechende Rückzahlungsklausel auch die Voraussetzungen für die Rückzahlung und den "Bindungszeitraum" regele. Andernfalls, so der Arbeitsrechtsexperte, sei die Klausel unwirksam und könne auch nicht im Wege der "ergänzenden Vertragsauslegung" wirksam werden. Weiterhin dürfe nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes auch kein übermäßig langer Bindungszeitraum vereinbart sein. Bei Zahlung von geringfügigen Gratifikationen bis zu 100 Euro sei die Vereinbarung einer Bindungsfrist gar nicht zulässig. Bei darüber hinausgehenden Gratifikationen, die jedoch ein Monatsgehalt nicht übersteigen, sei eine Bindungsfrist bis zum 31.03. des Folgejahres zulässig, bei bis zu zwei Monatsgehältern bis zum 30.06. des Folgejahres. Dies, so Henn, bedeute allerdings nicht, dass derjenige, der vor Ablauf der Bindefrist sein Arbeitsverhältnis kündige, sein Weihnachtsgeld in diesem Fall grundsätzlich zurückzahlen müsse. Entscheidend sei das Datum des tatsächlichen Ausscheidens aus dem Unternehmen, nicht das Datum der Kündigung. Wer also z. B. am 15.02. zum 31.03. kündige, könne auch bei einer Bindungsfrist bis zum 31.03. sein Weihnachtsgeld behalten, da er erst mit Ablauf der Bindefrist aus dem Unternehmen ausscheide. Gerade diese Besonderheit werde oft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verkannt. (RA Michael Henn/mf)