Ein Fallbeispiel
Ein mittelständischer Hersteller von individuell anpassbaren Kalendern formulierte 2009 als Ziel, mehr Folgeaufträge von Kunden zu erhalten. Dieses Ziel wollte er durch eine höhere Kundenzufriedenheit erreichen. Und die Kundenzufriedenheit hing nach Auffassung der Unternehmensleitung außer vom Preis und der Qualität des Produkts auch stark von der Dauer der Angebotsbearbeitung sowie Auftragsabwicklung ab. Dabei ließ sich die Herstellung in die Vorproduktion der standardisierten Einzelteile und deren auftragsbezogenes Zusammenfügen zu fertigen Kalender unterteilen.
Zunächst erwog das Unternehmen, zum Steuern all dieser Prozesse eine Standardsoftware einzuführen, die dessen Hersteller an die Abläufe im Unternehmen anpasst und mit einigen Spezialmodulen versieht. Bei der Kulturanalyse zeigte sich aber: In dem Unternehmen wird aktuell viel Wert auf "individuelle Gestaltungsfreiheit" sowie "Flexibilität" gelegt. Und angestrebt werden seitens der Unternehmensleitung ein langfristig unternehmerisch-strategisches Denken und Verhalten, das mit kurzen Reaktionszeiten und einem "unbürokratischen" Eingehen auf individuelle Kundenwünsche einher geht. Vor diesem Hintergrund wurde der Unternehmensleitung allmählich klar. Eine Standardsoftware, die die Geschäftsprozesse und -abläufe sehr stark standardisiert, würde sowohl den heutigen als auch den angestrebten künftigen Werten zuwider laufen, da sie am ehesten zu solchen Werten wie Ordnung, Kontrolle und Disziplin passt. Akzeptanzprobleme wären folglich programmiert!
Aufgrund dieses Befunds entschied sich das Unternehmen für folgende organisatorische Strategie: Parallel zum IT-Projekt veränderte es seine Organisationsstruktur hin zu kleinen flexiblen Einheiten, die weitgehend selbstständig und eigenverantwortlich handeln, aber miteinander vernetzt und einem gemeinsamen Wertesystem verpflichtet sind. Und für das IT-System wurden unter anderem folgende Anforderungen formuliert:
- Es soll für mehr Transparenz über die relevanten unternehmerischen Kennzahlen (Bearbeitungszeiten für Angebote und Aufträge, Auftragsvolumen Neukunden und Bestandskunden, Bearbeitungsstatus, Prioritäten, etc.) sorgen, um das unternehmerische Denken zu fördern. Und:
- Es soll eine Pflegefunktionalität erhalten, um die für die Zielerreichung relevanten Arbeitsschritte und die Vorgaben für zeitliche Dauer zu erfassen - jedoch ohne detaillierte Prozessvorgaben. Vielmehr sollen die Anwender Übersichten über die jeweils nächsten Arbeitsschritte bei der Angebots- und Auftragsbearbeitung erhalten, mit deren Hilfe sie dann autonom über die Erledigung der Arbeitsschritte entscheiden und den Bearbeitungsstatus im System dokumentieren können.