Was fasziniert Absolventen an Google? "Wir sind eine weltweit bekannte Marke mit Produkten, die viele nutzen und mögen", sagt Christina Svaerke, Personalerin im Münchner Entwicklungszentrum von Google. Weltweit erhält der Konzern, der mehr als 55.000 Mitarbeiter beschäftigt, über 2,5 Millionen Bewerbungen im Jahr. Während in Hamburg und Berlin die Vertriebsmitarbeiter angesiedelt sind, entstand im Jahr 2006 in München ein Büro für Entwickler. Einen Steinwurf vom Marienplatz entfernt residieren die Tüftler im Alten Hof, einer der exklusivsten Münchner Adressen. Mittlerweile arbeiten dort mehr als 200 Beschäftigte. Weitere 25 Positionen für Entwickler sollen noch besetzt werden.
Wie alle namhaften Unternehmen interessiert sich Google vor allem für die besten Absolventen. Einen Master und Berufserfahrung sollten alle Bewerber mitbringen, auch eine Promotion kann Türen öffnen. Bachelor-Absolventen werden nur selten eingestellt. Gelockt werden die Talente mit Zuwendungen, deren Spektrum von Massagen über Fitness-Angebote bis hin zu einer erstklassigen Kantine reichen, die auch um Mitternacht noch geöffnet ist und gerne Sonderwünsche erfüllt. In der Weiterbildung erwartet Google Eigeninitiative. Die Mitarbeiter besuchen regelmäßig Weiterbildungen, wenn es Projekt und Vorgesetzter erlauben. Allerdings halten sich die Mitarbeiter auch gegenseitig über neue Trends auf dem Laufenden. "Wir machen auch viel intern", sagt Svaerke.
Wer ein Praktikum bei Google absolvieren möchte, muss sich früh darum kümmern. Für dieses Jahr sind längst alle Plätze vergeben. Google akzeptiert nur Bewerbungen auf konkrete Stellenausschreibungen über seine Website. Auch wenn Algorithmen die Suche der Website bestimmen, versichert Svaerke, dass jede Bewerbung von einem Mitarbeiter gesichtet wird. Hoch sind die Hürden für Bewerber, die in der Google-Zentrale an der amerikanischen Westküste anheuern wollen, so die Personalerin: "Wer neu zu Google kommt und gleich in den USA arbeiten möchte, hat es schwer, ein Visum zu bekommen. Doch wer hier in Deutschland für uns arbeitet, kann leichter für einen Auslandsaufenthalt ins Headquarter wechseln."
Unternehmen müssen für sich werben
Das Ranking der begehrtesten IT-Arbeitgeber hält immer auch Überraschungen bereit. ZF Friedrichshafen eroberte Platz 38 und erzielte damit sein bislang bestes Ergebnis. Der Automobilzulieferer vom Bodensee feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag und beschäftigt weltweit 71.400 Mitarbeiter.
Genoss ZF bislang vor allem bei Ingenieuren einen guten Ruf, so haben jetzt auch IT-Profis das Unternehmen für sich entdeckt. "Wir haben in den vergangenen Jahren viele Informatiker eingestellt. Im IT-Sektor beschäftigen wir mehr als 1300 Mitarbeiter", sagt Martin Frick. Der studierte Wirtschaftsinformatiker begann seine Karriere dort vor knapp neun Jahren in der IT-Abteilung. Über ein Innovationsprojekt wechselte er ins Personal-Marketing und leitet dort heute ein achtköpfiges Team.
Viele Unternehmen haben verstanden, dass sie für sich werben müssen. Auch ZF investierte in das Personal-Marketing. Auf Hochschulmessen kommt der Konzern genauso mit Studenten ins Gespräch wie in Universitätsseminaren, Workshops und Firmenprojekten. "Die Kollegen aus den Fachbereichen erklären den Studenten, weshalb sie für ZF arbeiten und was sie begeistert. So lernen die Bewerber ihre künftigen Kollegen kennen", erklärt Frick. E-Books zu Programmiersprachen, den gewünschten Soft Skills oder zum Unternehmen selbst ergänzen als kostenlose Downloads das Angebot für Bewerber. Diese informieren sich über viele Kanäle. Auch kurze Filme über den Arbeitsalltag kommen gut an. "Die glänzenden Augen unserer Mitarbeiter, wenn sie über ihre Arbeit sprechen, sind die beste Werbung", sagt Frick - "so können wir unsere Unternehmenskultur gut vermitteln."
Work-Life-Balance überzeugt die Absolventen
Überzeugende Argumente sind für Bewerber auch ein sicherer Arbeitsplatz und ein mindestens tarifliches Gehalt. Eine 35- bis 40-Stunden-Woche kommen der Work-Life-Balance der Absolventen entgegen. Zwar firmiert ZF Friedrichshafen als Aktiengesellschaft, doch die Anteile halten keine renditebewussten Aktionäre, sondern zwei Stiftungen. Als sich Frick bei ZF bewarb, hatte ihn auch das Engagement des Unternehmens für "Mitarbeiter und Standorte sowie für soziale Projekte in der Region" begeistert.
Als Gründe, warum sich immer mehr Informatiker für den Konzern interessieren, nennt Frick Jobsicherheit, interessante Aufgaben und eine Unternehmenskultur, die den Menschen im Blick habe. 56 offene IT-Positionen gebe es momentan bei ZF Friedrichshafen. Bachelor-Absolventen seien hier genauso willkommen wie Master-Studenten, berufserfahrene Informatiker oder Promovierte. ZF bildet Fachinformatiker aus und kooperiert mit dualen Studienprogrammen.
- Die Traumarbeitgeber des IT-Nachwuchses...
...sind IT-Firmen, Forschungsinstitutionen, Autokonzerne oder Internet-Firmen. Die Berliner Marktforscher von Trendence haben mehr als 6.100 Informatikstudenten aus ganz Deutschland befragt, wo sie gern arbeiten möchten. Hier sind die Top 20 - Platz 20: Samsung
Das Flaggschiff des Mischkonzerns Samsung, Samsung Electronics, ist der größte Fernsehgeräte und Handyhersteller der Welt. Samsung schafft es dieses Jahr zum ersten Mal in das Ranking der Top-Arbeitgeber und steigt direkt auf Platz 20 ein. - Platz 19: Nvidia
Als einer der größten Entwickler für Grafikprozessoren und Chipsätzen für PCs und Spielekonsolen verbessert sich Nvidia im Vergleich zu letzten Jahr um 5 Plätze von Platz 24 auf Platz 19. Hier im Bild der Quad-Core-CPU Tegra 3 von Nvidia. - Platz 16: Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI)
Letztes Jahr landete das BSI noch auf Platz 22, dieses Jahr macht es sechs Plätze gut und belegt so Platz 16. - Platz 15: Volkswagen AG
Die deutschen Autohersteller sind unter den Informatikabsolventen besonders beliebt. Unter den Top 20 befinden sich gleich fünf davon. VW belegt Platz 15. Im Bild: VW Tiguan Cityscape. - Platz 14: Crytek
Das deutsche Spielentwicklungsunternehmen mit Hauptsitz in Frankfurt am Main verlor etwas an Boden und muss 2015 im Vergleich zum Vorjahr drei Plätze einbüßen. - Platz 12: Fraunhofer-Gesellschaft
Die Forschung ist für den IT-Nachwuchs eine durchaus interessante Perspektive. Daher ist die Fraunhofer-Gesellschaft als größte Organisation für Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen Europas auf Platz 12 der besonders attraktiven Arbeitgeber. - Platz 12: Daimler / Mercedes Benz
Als nächster Autohersteller in diesem Ranking hat sich Daimler im Vergleich zu letztem Jahr um zwei Plätze verbessert. Auf dem Bild sehen Sie den Mercedes-Benz F 015 Luxury in Motion. - Platz 10: Porsche AG
Die VW-Tochter Porsche arbeitet sich seit Jahren immer weiter an die Spitze des Absolventenbarometers und hat wieder drei Plätze gutgemacht. Prozentual entspricht das jedoch nur 0,1 Prozentpunkten mehr. Hier zu sehen: Porsche Panamera. - Platz 10: Bosch Gruppe
Unter die Top 10 der besonders attraktiven Arbeitgeber schafft es dieses Jahr die Bosch Gruppe. Im Jahr 2014 landete das Unternehmen noch auf Platz 15. Gut fünf Prozent der Absolventen halten die Bosch Gruppe für einen Top Arbeitgeber. - Platz 8: IBM
Vom Platz 2 im Jahr 2011 bis auf Platz 8 im Jahr 2015 rutscht das IT- Und Beratungsunternehmen aus dem USA immer weiter ab im Absolventenbarometer. - Platz 7: Microsoft
Auch der Software- und Hardwarehersteller Microsoft muss vier Plätze und knapp zwei Prozent der Befragten einbüßen. - Platz 5: Blizzard Entertainment
Der für die Entwicklung der Spieleserien Warcraft, StarCraft und Diablo bekannte Computerspielentwickler verbessert seine Position um zwei Plätze im Vergleich zum letzten Jahr. - Platz 4: Audi AG
Der vierte der fünf Automobilhersteller in diesem Ranking ist Audi auf Platz 4. Das Ingolstädter Unternehmen wird bei den Informatikabsolventen, aber auch in anderen Fachrichtungen immer beliebter. - Platz 3: BMW Group
Der am höchsten platzierte Autobauer im IT-Absolventenbarometer ist BMW. Mit einer Produktpalette, die BMW, Mini und Rolls-Royce umfasst, ist das Unternehmen einer der attraktivsten Arbeitgeber für Informatikstudenten. Hier zu sehen, der BMW M 3 F80. - Platz 2: SAP
Auch auf Platz 2 hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts verändert. Knapp zehn Prozent der Informatikstudenten würden sich am ehesten bei dem weltweit viertgrößten Softwarehersteller bewerben.
Bei ZF Friedrichshafen weiß man natürlich, wie knapp IT-Talente sind. Trotzdem bleiben die Ansprüche hoch: "Natürlich suchen wir wie alle anderen auch die Besten. Bewerber brauchen Praxiserfahrung, denn wir wollen sehen, dass sie die Theorie auch in die tägliche Arbeit übersetzen können", erläutert Frick. Interdisziplinäres Denken, eine hohe Leistungsbereitschaft und fundierte Englischkenntnisse seien Pflicht. Frick und seine Kollegen erleben Bewerber als pragmatisch: "Die jungen Leute machen sich Gedanken über ihren beruflichen Weg und wollen viel lernen." Mit Google will sich ZF nicht vergleichen: "Wir haben eine andere Unternehmenskultur, andere Aufgaben. Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter bei uns wohlfühlen, und beraten Studenten auch, was sie bei uns erwartet." Eine hohe Jobzufriedenheit und niedrige Fluktuationsraten bestätigen, dass das Konzept aufgeht.
Industrie 4.0 zum Anfassen
Als das Tischtennis-As Timo Boll in einem Werbeclip gegen einen Kuka-Roboter spielte, sammelte das Video mehr als sechs Millionen Klicks auf Youtube und brachte die Themen Robotik und Industrie 4.0 auf die Bildschirme. Viele wollten wissen, wer hinter dem orangefarbenen Roboterarm steckt. "Wir beschäftigen uns mit der künftigen Arbeitswelt. Automatisierung ist ein Megatrend", sagt Oliver Kast, der das Thema Employer Branding für Kuka in Augsburg verantwortet. Software spielt in Forschung und Entwicklung des Unternehmens eine immer wichtigere Rolle.
In der Trendence-Studie der beliebtesten IT-Arbeitgeber zählen die bayerisch-schwäbischen Roboterbauer zu den Aufsteigern. In diesem Jahr belegt das Unternehmen, das weltweit 12.000 Mitarbeiter beschäftigt, Platz 53. Doppelt so viele IT-Absolventen wie vor einem Jahr wollen heute bei Kuka arbeiten.
In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung tüfteln 500 Mitarbeiter, 25 offene Positionen gibt es momentan für Informatiker mit einem Master-Abschluss und dem Studienschwerpunkt Softwareentwicklung. "Heute suchen wir weniger Maschinenbau-Ingenieure, dagegen steigt der Bedarf an Softwareentwicklern", erläutert Kast. "Seit mehreren Jahren beschäftigen wir uns intensiv mit dem demografischen Wandel, denn viele Mitarbeiter gehen in den kommenden Jahren in Rente. Heute gehen wir neue Wege, um Mitarbeiter zu gewinnen." Dazu zählen Kooperationen mit Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen. In der Region kennen alle das Unternehmen, doch Kuka möchte auch Absolventen außerhalb Bayerns nach Augsburg holen.
Innerhalb des Freistaats interessiert ihn vor allem der Großraum München. "Die Region ist attraktiv, es bewerben sich Kandidaten, die aus München raus wollen", schildert Kast. Auch in Augsburg warten ein Tarifvertrag sowie Sonderleistungen auf die Bewerber. "Wir bieten eine fundierte Einarbeitung sowie ein Patenprogramm. Bei uns sind eine Fach- und Führungslaufbahn möglich, die in beide Richtungen durchlässig sind. Wer nach einiger Zeit wechseln möchte, kann das tun."
"Trendence-Studie IT"
An 76 deutschen Hochschulen befragte das Trendence-Institut zwischen September 2014 und Februar 2015 exklusiv für die COMPUTERWOCHE mehr als 6600 Studierende aus IT-Studiengängen, die kurz vor dem Abschluss stehen. 72 Prozent der Teilnehmer streben einen Bachelor an, ein Viertel einen Master, und nur sehr wenige bereiten sich auf ein Diplom vor. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 24 Jahren.