Viel diskutiert wird die Rolle der Führungskraft in einer agilen Organisation. Offen bleibt dabei jedoch, wie sollte sie sich während der Transformation verhalten. Aus dieser Fragestellung lässt sich schon erkennen, dass es unterschiedlicher Führungsstile während und nach der Transformation bedarf.
Die meisten Unternehmen sind stark hierarchisch aufgebaut. Dies ist per se nicht als gut oder schlecht. Gerade Familienunternehmen waren über Generationen durch den Stil von Weisung und Kontrolle erfolgreich und viele davon werden auch zukünftig in dieser Form erfolgreich bleiben. Denn in der Diskussion um Agilität dürfen wir nicht vergessen, dass Hierarchien klare Strukturen schaffen, ohne sagen zu wollen, dass Agilität keine Strukturen benötige.
Der Grund, weswegen sich Unternehmen mit agilen Arbeitsformen beschäftigen, liegt zumeist in der Notwendigkeit, schneller auf interne und externe Einflüsse reagieren zu müssen. Vielleicht auch in einigen Fällen in der Erkenntnis, dass die Mitarbeiter im Team die besseren Ideen entwickeln, als es sich ein kleiner Kreis an Managern ausdenken könnte.
Sollte dies der Fall sein, stellt sich nicht nur bei Unternehmen mit einer langjährigen Firmentradition die Frage, wie sieht der Weg hin zu agileren Arbeitsformen aus? Es bedarf zumindest mehr als eines Vorstandsbeschlusses.
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Führung während der Transformation ist anders als danach
Eines ist klar: Selbstorganisation kann nicht in einem Seminar erlernt werden. Wobei Sie vielleicht schmunzeln werden, ich hatte schon das Erlebnis, dass dies als Zielsetzung für einen Workshop gesehen wurde. Vielmehr braucht es eigene praktische Erfahrungen und einen geschützten Raum. Und diesen Rahmen kann und muss die Führungskraft schaffen.
Natürlich bedarf es auch weiterhin Regeln und Leitplanken. Denn so widersprüchlich es sich für viele noch anhören mag, Selbstorganisation benötigt Struktur. Und ich kann hier nur verweisen auf Boris Gloger, der in seinem Buch "Selbstorganisation braucht Führung" gute Gründe nennt, warum es klare Regeln braucht, um agil zu sein.
Fehlt diese Struktur, führt dies zu Chaos und Überforderung. Hermann Arnold beschreibt dies in "Wir sind Chef" sehr anschaulich. Um diesen Zustand, der Frustration zu vermeiden, rät Arnold allen Führungskräften, die Entwicklung ihrer Teams aktiv zu begleiten.
Schritt für Schritt zur Selbstorganisation
Der erste Schritt von einer Kultur der Weisung und Kontrolle hin zu agileren Arbeitsformen liegt in der Einbeziehung der Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung (einbeziehenden Weisung und Kontrolle). Hierbei trifft zwar noch der Vorgesetzte die Entscheidungen. Er oder sie zeigt jedoch eine Wertschätzung den Mitarbeitern gegenüber, indem er oder sie ihnen signalisiert, dass die Einschätzung jedes einzelnen wichtig und erwünscht ist.
Als nächsten Schritt sieht Arnold die sukzessive Delegation an die Mitarbeiter. Die Führungskraft unterstützt bei der Entscheidungsfindung, ist aber eher beratend tätig. Die Entscheidungen treffen zunehmend die Mitarbeiter. Erst mit den Erfahrungen der vorgenannten Stufen gelangen die Teams Schritt für Schritt in eine verantwortungsvolle Selbstorganisation.
An dieser Stelle ist Vorsicht geboten, die einzelnen Schritte zu schnell durchlaufen zu wollen. Es bedarf Zeit sich an die neugewonnene Verantwortung zu gewöhnen und aus Sicht des Vorgesetzten, diese abzugeben. Selbstorganisation ergibt sich nicht von heute auf morgen. Es ist ein Prozess, der aktiv und behutsam begleitet werden muss.
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