Die meisten Unternehmen haben mittlerweile die Notwendigkeit erkannt, ihre B2B-Prozesse zu digitalisieren und zu rationalisieren. Das Ziel einer umfassenden Transformation liegt allerdings gerade für kleine und mittlere Unternehmen noch in weiter Ferne. Die große Mehrheit arbeitet noch immer mit Papier. Dabei verweist dieses analoge "Problem" lediglich auf ein viel grundlegenderes Problem: die fehlende Konnektivität und Kollaboration an allen Teilen der Lieferkette. Für eine erfolgreiche globale Vernetzung sollten Unternehmen und deren Geschäftspartner die Möglichkeiten und Vorteile sozialer Netzwerke nutzen.
Der traurige Zustand der digitalen Lieferkette
Die Erfindung des Internet mit Browsern, die eine visuelle Benutzeroberfläche zum Surfen im Internet boten, verband Menschen weltweit miteinander und hat deren Nutzungsverhalten gravierend beeinflusst. Die Entstehung von Plattformen mit sozialen Technologien, wie Facebook und LinkedIn, die zum ersten Mal das Teilen von Identitäten und Interaktionen im öffentlichen Netz ermöglichten, hat der entstandenen digitalen Wirtschaft einen weiteren Schub verpasst. Mit dem Aufkommen von Plattformen für den mobilen Internetzugriff boten sich endlose neue Nutzungsmöglichkeiten. Entsprechende Netzabdeckung vorausgesetzt, ist man praktisch immer mit dem Internet verbunden. Fast zwei Milliarden Menschen nutzen inzwischen soziale Netzwerke, der Internetzugriff über mobile Geräte hat inzwischen den Zugriff via Desktop überholt, was auch durch die von sozialen Netzwerken veränderten Nutzungsmuster bedingt ist.
Obwohl diese technischen Entwicklungen den Finanz- und Sozialbereich für Konsumenten sowie das B2C-Umfeld revolutionierten, scheint dies für Unternehmen im B2B-Bereich interessanterweise nicht der Fall zu sein.
Betrachtet man die Rechnungsstellung als einen der am stärksten digitalisierten B2B-Prozesse, wird die Verwendung der vollständig elektronischen Rechnungsstellung mit rund 8 Prozent beziffert - in der EU liegt dieser Wert bei etwa 24 Prozent. Die Zahlen für Europa zeigen auch, dass bereits 2010 rund 70 Prozent der elektronischen Rechnungen in Form von Bildern, PDFs oder anderen halb- oder unstrukturierten Formate ausgeliefert wurden. Nur 7,2 Prozent des EU-Volumens sind echte, berührungslose elektronische Rechnungen. Global betrachtet, ergibt sich eine berührungslose, elektronische Rechnungsstellung von lediglich 2,4 Prozent. Angesichts des Gesamtvolumens von 170 Milliarden Rechnungen/Jahr ist der Anteil elektronischer Rechnungen eher gering, wie aus dem Billentis Market Report 2014 ersichtlich ist.
Vergleicht man die Konnektivität im B2B-Bereich mit sozialen Netzwerken, die normalerweise nicht national, sondern überregional verwendet werden, werden die Einschränkungen schnell deutlich. Zum Beispiel beträgt das gesamte grenzüberschreitende Rechnungsvolumen nur rund 1 bis 5 Prozent, obwohl der globale grenzüberschreitende Fluss von Services, Waren und Finanzen 36 Prozent überstieg. Während soziale Netzwerke auf Zwei-Wege-Systemen oder One-to-Many-Systeme beruhen, sind Geschäftsnetzwerke normalerweise Einwegsysteme - auch hier ist der Versand von Rechnungen ein gutes Beispiel.
Die elektronische Rechnungsstellung wird zum Großteil von großen Unternehmen und Regierungen vorangetrieben. Dabei sind weltweit über 99,9 Prozent aller Firmen kleine und mittelständische Unternehmen. Die heute existierende Konnektivität im B2B-Bereich umfasst nur einen winzigen Teil der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen. Anders ausgedrückt: Die digitale Lieferkette ist nur für eine kleine Elite umgesetzt - 0,1 Prozent der größten Unternehmen und Regierungsorganisationen der Welt stehen 99,9 Prozent der Unternehmen der Welt gegenüber, deren Geschäftsprozesse nicht sinnvoll mit anderen verbunden sind.
Die Möglichkeiten sozialer Technologien für B2B
Einmal verbunden, sind die Möglichkeiten für alle Mitglieder der Lieferkette enorm. Ein gutes Beispiel ist Alibaba, der chinesischen Gigant des Internethandels, der vor nicht allzu langer Zeit für einen der größten Börsengänge der Geschichte verantwortlich zeichnete. Das Unternehmen begann als B2B-Anzeigenservice, der Lieferanten in Asien mit Käufern im Westen verband und damit die Lieferkette verkürzte. Dadurch boten sich neue, kostengünstige Gelegenheiten für Lieferanten und Käufer - und das, obwohl das Geschäftsmodell extrem einfach ist: es handelt sich genau genommen um eine elektronische Version der "Gelben Seiten".
Allgemeiner gesprochen: In der digitalen Lieferkette profitieren Käufer und Lieferanten von stromlinienförmigen Prozessen, weniger Ausnahmen, erhöhter Transparenz und der Möglichkeit, günstige Finanzierungsoptionen in Form von Finanzservices anbieten zu können. Gerade die KMU, deren Wachstum häufig durch einen fehlenden Finanzierungs- und Marktzugang gebremst wird, können in einer digitalen Lieferkette von dem Austausch und Teilen ihrer Identität profitieren und neue Kunden, Investoren und Kreditoptionen finden.
Darüber hinaus kann Digitalisierung der Schlüssel sein, um die Kreislaufwirtschaft und das Lieferantennetzwerk zu realisieren. Dabei handelt es sich um aufstrebende ökonomische Konzepte, die zu einer nachhaltigeren globalen Produktion führen werden. Unternehmen sollten also anstelle der Kostenoptimierung die Agilität der gesamten Lieferkette in den Fokus ihrer Strategie rücken.
Wie sieht die B2B-Kollaboration der Zukunft aus?
Untereinander verbundene, digitale Lieferketten sind die Grundlage dieser neuen Möglichkeiten für Lieferanten, Käufer und die Gesellschaft als Ganzes. Innerhalb der bestehenden Lieferketten ist eine drastischeReduktion technischer Barrieren notwendig und sämtliche Informationen sollten jederzeit verfügbar sein. Die eingesetzten Systeme sollten eine datengesteuerte Risikobeurteilung, einen Informationsaustausch über Produktionsparameter und Angebots-und Nachfragesignale erlauben.
Außerdem sollten sie Entscheider dabei unterstützen, neue Chancen und Märkte zu suchen und zielgerichtet zu finden. Dazu müssen die Daten bestehender ERP-Systeme entsperrt und im Rahmen der Compliance-Richtlinien liquide verfügbar werden, anstatt in so genannten Datensilos zu "lagern". Alleine in Europa führt getrennte Datenhaltung zu Stammdaten aus rund 10.000 verschiedenen, isolierten Buchhaltungspaketen. Diese werden per Papier, PDF, E-Mail,Telefon und andere unstrukturierte oder halbstrukturierte Kommunikationswege übermittelt.
Um von den Vorteilen vernetzter Lieferketten profitieren zu können und eine verbesserte Wettbewerbsposition zu erreichen, müssen diese Silos zunächst auf breiter Ebene durchbrochen werden. Dies setzt voraus, dass Unternehmen beispielsweise Stamm- und Adressdaten gemeinsam mit ihren Geschäftspartnern aktuell halten. Die Realität sieht allerdings anders aus: Nach 30 Jahren elektronischen Datenaustausches wurde bisher eine Durchdringungsrate von lediglich 2 bis 4 Prozent erreicht.
Soziale Netzwerke als Vorbild für B2B-Plattformen
In kürzester Zeit haben sich soziale Netzwerke weltweit durchgesetzt. Die besonders erfolgreichen unter ihnen, wie beispielsweise Facebook, stellen Verkäufern von Drittsoftware Benutzeroberflächen und Protokolle zur Verfügung, die Datenströme, Identitäten, Beziehungen und Interaktionen nutzen und diese in Chancen und wirtschaftliche Werte umwandeln können.
Ein Beispiel dafür ist das Softwareunternehmen Zynga. Der Entwickler für Online-Spiele mit Sitz in San Francisco veröffentlichte im Jahr 2009 "Farmville" für Facebook und sorgte für eine Sensation, indem innerhalb von nur 6 Wochen 10 Millionen aktive Benutzer erreicht wurden - und zwar pro Tag. Nur ein Jahr später wurde der Wert von Zynga mit 850 Millionen Dollar beziffert.
- Social CRM
Wenn kleine und Mittelständische Betriebe auf Social CRM setzen, können sie ihre Reputation verbessern und die Kundenkommunikation optimieren. - Social CRM
Unternehmen, die ein Monitoring-Tool in ihr CRM integrieren verpassen keine relevanten Beiträge mehr. - Social CRM
Über das verknüpfte CRM lassen sich dann Schritte zur Geschäftsanbahnung und Projektplanung umsetzen.
Obwohl inzwischen andere Anwendungen die App-Listen von Facebook dominieren, hatten sowohl die Vision als auch die Technologie der Plattform weitreichende Auswirkungen auch auf den B2B-Bereich und seine digitalen Geschäftsprozesse. Soziale Interaktionen werden liquide und tragen entscheidend zum Wertefluss innerhalb eines Netzwerks bei. Sie kehren in Form von Anwendungen zurück, die die strukturierten Daten und Beziehungen nutzen. Das Netzwerk selbst wird zum Verbreitungsmechanismus der Apps und damit zu echter Benutzerakquise, die sich in messbare Umsätze verwandeln lässt.
Fazit
Eine gemeinsame "Sprache" schafft Vertrauen und neue Handlungsspielräume. Idealerweise ermöglicht es die beschriebene Entwicklung zukünftig jedem Unternehmen, sich unabhängig von seiner Größe, seinen Geldmitteln oder seiner Geografie über eine kollaborative B2B-Plattform mit anderen zu verbinden. Die Kombination aus sozialen Technologien und echten Transaktionen kann dabei die Lieferkette transformieren und Geschäftsprozesse sinnvoll reformieren. (bw)