Strategie des VADs nach dem IBM-Deal

Avnet freut sich auf Kooperation mit Lenovo

freier Autor aus Waldenbuch
Nachdem IBM sein Geschäft mit x86-Servern an Lenovo abgegeben hat, ändern sich auch die Distributionsstrukuren. Avnet hat den Wandel bereits vollzogen.

Im Geschäft mit x86-Servern, das Lenovo von IBM übernimmt, setzt der Hersteller auf Kontinuität in allen Belangen, insbesondere in den Verträgen, Produkten und Mitarbeitern seiner Distributoren und Vertriebspartner. Der Value-Add-Distributor (VAD) Avnet sieht seinen USP vor allem im beratungsintensiven Projektgeschäft wie etwa bei Rollout und Systemintegration. Er erwartet erhebliche Vorteile von der Transition.

Am 1. Januar 2015 wechselt das deutschsprachige IBM-Team, das für die System-X-Server zuständig ist, komplett zu Lenovo. Die Mitarbeiter beziehen Gebäude in Stuttgart-Vaihingen, wo Lenovo auch sein European Briefing Center einrichten will. Nach Angaben von Dieter Stehle, IBM Director der System x Business Unit DACH, handelt es sich um rund 20 Server-Racks, auf denen Kunden komplexe Software wie SAP HANA, eine VDI-Infrastruktur und einen HPC-Cluster mit hundert Knoten testen können.

Dieter Stehle, IBM Director System x Business Unit bei IBM Deutschland, Austria, Swiss: "Tier-2-Partner können unverändert mit uns weiterarbeiten."
Dieter Stehle, IBM Director System x Business Unit bei IBM Deutschland, Austria, Swiss: "Tier-2-Partner können unverändert mit uns weiterarbeiten."
Foto: IBM

Dieser Aufwand verrät bereits ein wenig, wohin bei Lenovo die Reise geht. Der chinesische PC-Riese, der bislang vor allem Einzelkomponenten über den Channel verkaufte, begibt sich in das Geschäft mit Projekten und Lösungen. Genau hier sieht sich Avnet Deutschland zu Hause. Avnet ist nach den Worten von Kristian Behrens, Director IBM und Avnet Academy bei Avnet Technology Solutions Deutschland, der "größte Value-Add-Distributor für IBM System X in Deutschland". Damit Avnet dies bleiben kann, sind bereits die Weichen für die Channel-Strategie gestellt worden.

Kontinuität

"Unser Schwerpunkt liegt auf Kontinuität", sagt Dieter Stehle. "Die Tier-2-Partner können unverändert mit uns weiterarbeiten. Sie müssen nicht einmal neue Verträge für unser Portfolio unterschreiben. Zertifikate, Ausbildungsabschlüsse - alles wird eins zu eins übernommen." Es sei erklärte Absicht des Lenovo-Managements, mit substantiellen Investitionen "massiv und schnell" zu wachsen. Allerdings setzt dies voraus, dass die Zusammenarbeit mit einem Value-Add-Distributor reibungslos klappt.

Avnet-Director Kristian Behrens versichert, dass die IBM/Lenovo-Unit bei Avnet mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen unverändert weiterarbeiten werde, solange die gegenwärtigen Konfiguratoren, Vertriebs- und Preisfindungsprogramme unverändert weitergeführt werden. "Wir verfügen über hochqualifiziertes Personal, das am sinnvollsten im beratungsintensiven Projekt- und Lösungsgeschäft eingesetzt wird." Bekanntlich sind hier auch die Margen etwas höher als bei den Broadlinern.

Transition

Kristian Behrens, Director IBM und Avnet Academy bei Avnet Technology Solutions Deutschland: "Ich freue mich auf den Start mit Lenovo."
Kristian Behrens, Director IBM und Avnet Academy bei Avnet Technology Solutions Deutschland: "Ich freue mich auf den Start mit Lenovo."
Foto: Avnet

Die Vertriebspartner werden ja nach Position anders auf den Übergang reagieren, meint Behrens. "Für diejenigen Vertriebspartner, die eh schon im Rechenzentrumsgeschäft unterwegs sind, ist diese Transition eins zu eins übertragbar. Für jene, die ihr Portfolio - etwa im Lenovo-PC-Geschäft - erweitern wollen, bedeutet es, eine zweite Division aufzunehmen. Und für diejenigen, die bereits sowohl mit IBM als auch Lenovo zusammenarbeiten, ändert sich gar nichts." Zu diesem Vertrieb gehört indes nicht nur die Server-Linie und das Netzwerkgeschäft, sondern, wie Stehle hinweist, auch das OEM-Geschäft mit den Storage-Produktlinien IBMs.

"Ich freue mich auf den Start mit Lenovo", sagt Behrens. Denn der PC-Riese, der bereits 30 Prozent des chinesischen PC-Marktes beherrscht und 39 Mrd. Dollar Jahresumsatz generiert, verfügt über die Marktmacht, um sowohl Skaleneffekte zu generieren als auch günstigere Preise bei Hardwareherstellern auszuhandeln. Folglich kann Avnet gegenüber anderen Server-Herstellern mit breiter Brust auftreten. Sein europäisches Zentrallager im belgischen Tongeren sorge zudem, so Behrens, für hohe Verfügbarkeit - neben dem Preis einer der USPs der Broadliner. Avnet eröffnet Ende November sein neues Competence Center und will darin große Server wie IBM Pure Data, IBM Flex und HP Storserv bereitstellen.

Stolpersteine

Es gilt allerdings noch ein paar Stolpersteine zu umkurven. Da wären zum einen Service und Support, der nicht nur für Server und Netzwerke IBM/Lenovos zu leisten ist, sondern auch für die IBM-Storage-Produkte. "Wir wollen und werden das gesamte Portfolio vertreiben", versichert Behrens. "Für das System-x-Geschäft werden die Verträge weitergeführt. Für das restliche Portfolio suchen wir gerade eine globale Lösung." Denn die Vereinbarungen zwischen Lenovo und Avnet sollen in über 60 Ländern gelten.

Und zu guter Letzt behält sich Lenovo das Recht vor, einige große Deals pro Jahr weiterhin direkt abzuwickeln. Als Beispiel führt Stehle den Hochleistungsrechner "SuperMUC" am Leibiniz-Rechenzentrum (LRZ) der Uni München an.

Ausblick

Behrens sieht für das Unternehmen Avnet die Entwicklung zum Solutions Distributor voraus. "Das ist nach dem Value-Add-Distributor die dritte Generation von Distributoren." Als Lösungsanbieter, der komplexe Landschaften und Anwendungen interoperabel macht, qualifiziert er sich auch gegenüber Systemintegratoren.

Dass sich Avnet auch künftig als ehrlicher Makler für die Vertriebspartner und Kunden versteht, zeugt von gesundem Selbstbewusstsein. So sieht Behrens seine Berater durchaus in der Lage, kaufmännische Belange wie Lizenzoptimierung mit technischem Know-how zu verknüpfen. "Durch die Optimierung von rasch wechselnden Lizenzmodellen sowie das Renewal-Management sind wir durchaus in der Lage, einen Kostenvorteil von 30 Prozent für unsere Kunden zu erzielen", sagt Behrens. Avnet verfüge über entsprechende eigene Tools und Managed Services.

Resümee

Der deutschsprachige IT-Markt steht davor, durch den Markteintritt von Lenovos Server-Geschäft einen kräftigen Impuls zu erhalten. "Lenovo liefert technologischen Mehrwert, der durch die Übernahme der gesamten R&D-Organisation von IBM kontinuierlich ausgebaut wird", sagt Dieter Stehle. Diese Techniküberlegenheit dürfte Lenovo Zutritt zu etlichen Rechenzentren verschaffen.

Avnet will wie Lenovo Kontinuität bieten, aber auch eigene Beratungskompetenz im Projektgeschäft gewürdigt wissen. An die Adresse der Vertriebspartner und Endkunden richtet sich Kristian Behrens: "Wer bis heute IBM-Projektgeschäfte gemacht hat, der soll auch morgen seine gewohnten Ansprechpartner haben - das gilt sowohl für Produkte wie auch Skills", verspricht er. (rw)

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