Multichannel-Strategie

Auch Conrad setzt auf virtuelle Warenpräsentation



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Von der stationären Elektronikkette entwickelt sich Conrad immer stärker zum Online-Händler. Dabei verspricht sich das Unternehmen Vorteile von der Verbindung von stationärer Beratung und riesigem Online-Sortiment. Wie EP setzt auch Conrad dabei auf die digitale Sortimentserweiterung.
Conrad-Chef Jörn Werner will den E-Commerce künftig priorisieren
Conrad-Chef Jörn Werner will den E-Commerce künftig priorisieren

Bereits Anfang des Jahres hatte Conrad-Chef Jörn Werner erklärt, dass künftig der E-Commerce die Richtung für die traditionsreiche Elektronikkette vorgeben soll (ChannelPartner berichtete). Wie das konkret aussehen soll, erläuterte Werner nun in einem Vortrag auf dem vom Versandhandelsverband bvh und dem Deutschen Fachverlag veranstalteten Handels-Event Etailment Summit.

So sei der E-Commerce innerhalb der Multichannel-Aufstellung von Conrad künftig der führende Kanal. Das drücke sich unter anderem dadurch aus, dass den Kunden das gesamte Online-Sortiment auch in den Filialen angeboten werde. „Wir wollen das, was wir im Internet haben, auf die Fläche bringen“, kündigte Werner an. Über eine digitale Warenpräsentation sollen die Kunden Zugang zum gesamten Warensortiment erhalten und nicht vor Ort vorhandene Artikel nach Hause bzw. zur Abholung bestellen können. Der Conrad-CEO zeigte sich überzeugt, mit dieser Verknüpfung von Online-Sortiment und stationären Service den Kunden einen attraktiven Mehrwert bieten zu können: „Auch wenn der Kunde in der Filiale ein Produkt nur digital sehen kann, spielt die Beratung eine entscheidende Rolle“, so Werner.

Das Konzept von Conrad erinnert dabei nicht von ungefähr an die bei Electronic Partner (EP) hoch im Kurs stehende digitale Warenpräsentation mittels „Virtual Shelf“: Beide Handelsketten sehen in der Einbindung von Online-Sortimenten in den stationären Handel eine Möglichkeit, um die dort vorhandene Beratungskompetenz mit einer größeren Sortimentsbreite und –Tiefe zu verbinden und somit letztlich eine höhere Flächenproduktivität zu erzielen. „E-Commerce und stationärer Handel werden zu einer Welt verschmelzen“, fasst Werner die Stoßrichtung seiner Vision zusammen.

Amazon Marketplace als Versuchslabor

Im Unterschied zu anderen stationären Händlern, die auf den praktischen Nutzen von Multichannel-Theorien setzen, scheint bei Conrad immerhin auch eine muntere Bereitschaft zu Experimenten Einzug gehalten zu haben. So bezeichnete Unternehmenschef Jörn Werner das Engagement der Elektronikkette auf dem Amazon Marketplace nur als vorübergehend: „Wir sehen das als Lernerfahrung und wollen die Erkenntnisse daraus für uns nutzen.“

Ein weiterer Testlauf ist das Angebot eines Expresslieferdiensts nach dem Same-Day-Delivery-Prinzip, den Conrad seit Mai 2013 in Zusammenarbeit mit dem Logistikdienst Tiramizoo anbietet. Hier zeigte sich Werner auf dem Etailment Summit allerdings recht kritisch: Same-Day-Delivery sei ein Modetrend, der als Premium-Service vom Empfänger entsprechend bezahlt werden müsse. Gefährlich werde es allerdings, wenn Wettbewerber versuchten, diesen Service kostenlos anzubieten: „Dann müssen es alle machen und es werden Werte zerstört", so Werner.

Offene Worte gab es von dem Conrad-Chef auch zur Zukunft des schon fast legendären, über Tausend Seiten dicken Jahreskatalogs der Elektronikkette: Kataloge werde es angesichts der heute üblichen dynamischen Preissetzung und der verkürzten Lebenszyklen von Produkten bald nicht mehr geben. „Das heißt jedoch nicht, dass es kein Print mehr gibt“, so Werner: „Print wird in Zukunft genutzt, um den E-Commerce zu befeuern.“ (mh)

Zur Startseite