Versicherungsschutz auch ohne Chef

Unfall bei der Weihnachtsfeier

Arnd Westerdorf ist freier Journalist in Düsseldorf.
Ist ein Unfall auf einer Weihnachtsfeier ohne Chef als Arbeitsunfall zu werten? Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat hierzu ein wichtiges Urteil gesprochen.
Auch bei Weihnachtsfeiern kann zu Unfällen kommen - asber muss die Versicherung zahlen, wenn der Chef nicht dabei war?
Auch bei Weihnachtsfeiern kann zu Unfällen kommen - asber muss die Versicherung zahlen, wenn der Chef nicht dabei war?
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Die alljährliche Weihnachtsfeier ist in vielen Firmen ein Highlight des Jahres. Die Bedeutung spiegelt sich auch in der Rechtsprechung wider: Das Arbeitsrecht bei der Weihnachtsfeier und der Versicherungsschutz in Bezug auf Weihnachtsfeiern sind ein weites Feld. Diese Rechtsstreitigkeiten können sich hinziehen, wie ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2016 zeigt. Der Urteilsspruch von höchster Stelle resultierte aus einer persönlich missglückten Weihnachtsfeier aus dem Jahre 2010.

Damals hatte sich laut der BSG-Urteilsverkündung die spätere Klägerin, eine Sozialversicherungsangestellte bei der Deutschen Rentenversicherung in Hessen, auf dem Weg zu einer gemeinschaftlichen Wanderung einen Sturz zugezogen und im Zuges dessen eine Ellenbogenprellung sowie eine Verstauchung und Prellung des Handgelenks erlitten.

Arbeitsunfall auf dem Betriebsweg?

Diesen Unfall wollte die Frau als Arbeitsunfall anerkennen lassen, aber die zuständige Unfallkasse wollte dem Antrag nicht folgen. Danach reichte die Betroffene eine Klage beim Sozialgericht (SG) in Kassel ein und bekam zunächst recht. Gegen die Entscheidung, dass das Unfallereignis ein Arbeitsunfall war, legte die Unfallkasse Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (LSG) ein, die wiederum das Urteil des SG aufhob und die Klage abwies. Das LSG argumentierte in seinem Urteil vom 29.04.2014, dass die Weihnachtsfeier nicht von der Autorität der Dienststellenleitung gedeckt gewesen sei.

Die beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Revision der Klägerin hat letztlich ihre rechtliche Position bestätigt, die bei ihrem Unfall auf dem Weg zur gemeinschaftlichen Weihnachtsfeier-Wanderung § 8 Abs 1 SGB VII zitierte, der sich mit einem Arbeitsunfall auf dem Betriebsweg befasst.

Die Richter des BGS stellten in ihrem inzwischen veröffentlichten Urteil vom 05. Juli 2016 (B 2 U 19/14 R) fest, dass es sich bei dem Unfall auf der Weihnachtsfeier tatsächlich um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt hat.

Voraussetzungen für Versicherungsschutz

Erst einmal mussten die Richter aber klären, dass die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung wie zum Beispiel einer betrieblichen Weihnachtsfeier die Voraussetzungen erfüllt, die der Versicherungsschutz als Beschäftigte unter dem aufgeführten Paragrafen begründet. Demnach reicht es völlig aus, wenn die Veranstaltung im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung stattfindet, ohne dass diese selbst der Veranstalter ist.

Im vorliegenden Fall wurden schon in einer Besprechung im Jahr 2008 die Details zu künftigen Weihnachtsfeiern niedergeschrieben, die eigene Weihnachtsfeiern der jeweiligen Sachgebiete während der Kernarbeitszeit genau regelten. Um ein gutes Betriebsklima und den Zusammenhalt der Beschäftigten sowie die Verbundenheit der Unternehmensleitung mit der Belegschaft zu fördern, sollte die Unternehmensleitung unbedingt anwesend sein.

Im Prozessfall hatten zehn Teilnehmer aus dem Sachgebiet der Klägerin eine eigene Weihnachtsfeier mit Kaffeetrinken in der Dienststelle und anschließender Wanderung organisiert, die von der Sachgebietsleiterin und zwei weiteren Mitarbeitern geplant worden war.

Chef muss bei Feier nicht anwesend sein

Vor diesem Hintergrund hat das BGS seine bisherige Rechtsprechung dahingehend abgeändert, dass es bei versicherten betrieblichen Veranstaltungen nicht zwingend notwendig ist, dass die Unternehmensleitung an den Feierlichkeiten teilnimmt.

Außerdem stand die Frage im Fokus, inwieweit hier eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung und damit Einladung an alle Mitarbeiter vorlag: „Unschädlich sei, dass die Feier nur mit Angehörigen des Sachgebiets der Klägerin stattgefunden habe, denn betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen dürften auch im Rahmen organisatorisch abgegrenzter Abteilungen durchgeführt werden“, pflichten die BGS-Richter in ihrer Urteilsverkündung der Position der Klägerin bei. Da die Sachgebietsleiterin alle Angestellten ihres Bereichs zur Weihnachtsfeier eingeladen und die Veranstaltung auch selbst durchgeführt hatte, war die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer nicht mehr maßgeblich.

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